Auch im Sicherheitsdienst übernehmen digitale Tools bereits eine Vielzahl von Aufgaben und erhöhen aufgrund ihrer Genauigkeit das Sicherheitsniveau.
Text: Erika Hofbauer
Professionelle Sicherheitsdienstleister nutzen mittlerweile eine Vielzahl digitaler Tools, die einerseits die Kommunikation zwischen Sicherheitsunternehmen und Mitarbeitern erleichtern und andererseits die Leistungsdokumentation perfektionieren. „Die Elektronische Rundgangdokumentation inklusive GPS Location, das Elektronische Wachbuch zur Hinterlegung der Dienstanweisungen oder zur Dokumentation der Schichtpläne gehören ebenso dazu wie eine Kundenplattform als Interface zwischen Elektronischem Wachbuch und Kunden, damit dieser laufend Einblick in Leistungserbringung und Rechnungen erhält“, erläutert Martin Wiesinger, Geschäftsführer der Securitas Sicherheitsdienstleistungen GmbH.
Die Digitalisierung unterstützt auch bei SIM.GUARD, einem Bereich der Simacek Facility Management Group, alle Prozesse. Bereichsleiter Helmuth Hochegger: „Von den Security Guard Checklisten zu den vereinbarten Leistungen bis zu den voll automatisierten Betreuungsprotokollen werden diese Daten elektronisch mit Kunden-Signatur übermittelt.“ Auch ein eigens entwickeltes Assistenzsystem unterstützt die Security: „Berichte werden sofort am Tablet erstellt und in Echtzeit auf das Webportal übertragen. Bei Vorfällen können Fotos angefertigt und ebenfalls in Echtzeit übermittelt werden“, so Hochegger.
Ob Papier oder Online: Informationen müssen verarbeitet werden. „Papier war geduldig. Früher wurden in so genannten Wachbüchern auf den Dienststellen alle relevanten Dinge von den Mitarbeitern eingetragen. Heute verwendet man dafür Online-Tools. Auch hier werden relevante Dinge eingetragen, sie sind aber dann sofort bei den richtigen Stellen und gleich online“, berichtet Raimund Prais, Vertriebsdirektor der Hel-Wacht Holding GmbH aus dem Alltag. Dies erspare viele Telefonate und weiter Schritte.
Auch bei der G4S Secure Solutions AG sind digitale Tools nicht mehr wegzudenken, wie Ujbien Shehu, Direktor Sicherheitsberatung, erzählt: „Wir setzen sowohl bei internen Kommunikationstools als auch in operativen Bereichen verstärkt auf digitale Lösungen. Diese ermöglichen uns schnellere Reaktionszeiten bei Kundenanfragen und bei der Ausführung unserer Leistungen.“ Digitale bzw. integrierte oder kombinierte Mensch/Technik Sicherheitslösungen würden bereits in vielen Bereichen der alltäglichen Security-Dienstleistungen in verschiedenen Branchen, wie etwa Baustellen, Krankenhäusern, Handelsgeschäften, Parkhäusern sowie Industrie- und Infrastrukturbetrieben eingesetzt, so Shehu.
Sicherheitskonzepte
Peter Edelmayer, Geschäftsführer von Dussmann Service Österreich, macht ähnliche Erfahrungen: „Im Sicherheitsdienst übernehmen digitale Tools bereits eine Vielzahl von Aufgaben und erhöhen aufgrund ihrer Genauigkeit das Sicherheitsniveau. Für Objekte, deren Umgebung sich permanent verändert, oder für Events, bei deren Bewachung eine feste Videoinstallation oft unwirtschaftlich ist, ist die Mobile Videoüberwachung als Teil des Sicherheitskonzepts optimal geeignet.“ Die zu bewachende Fläche wird mit einem virtuellen Sensorzaun und Anzeigeschildern gesichert. Eindringlinge werden selbst bei völliger Dunkelheit durch eine High-Speed Domekamera erfasst und die Aufnahmen an eine Leitstelle übertragen, die sofort die Interventionskräfte oder die Polizei informiert. Videodaten werden für die Täterüberführung gesichert, beschreibt Edelmayer Einsatzmöglichkeiten. Unübersichtliche Objekte zu sichern, kann sehr aufwändig sein, weiß der Dussmann-Geschäftsführer: „Häufig müssen mehrere Areale gleichzeitig überwacht werden, die räumlich voneinander getrennt sind. Hier kommen die Vorteile der Mobilen Arealsicherung zum Tragen. Mit nur einem Mitarbeiter können bis zu fünf Areale gleichzeitig bewacht werden. Dabei wird jeder Versuch, auf das Gelände einzudringen, durch virtuelle Sensorzäune registriert und an den Sicherheitsmitarbeiter vor Ort gemeldet.“ Das System könne auch mit Drohnen unterstützt werden und senke so nochmals die Kosten für die Sicherheit um bis zu 60 Prozent. Auch setze man bei den Kunden bereits eine automatisierte Temperatur-Kontrolle ein. Dazu würden Tablets im Eingangsbereich der Kunden platziert. Ergebe eine Messung einen unzulässigen Wert, werde der betroffenen Person der Zutritt verweigert.
Digitale Innovationen
Natürlich gibt es auch laufend Innovationen für den Sicherheitsdienst, die im Kundeneinsatz stetig getestet werden. Edelmayer: „Eine solche Neuheit sind zum Beispiel selbstfahrende Zweirad-Video-Präsenzroboter mit Bildschirm und Kamera, die für Überwachung und Inspektion, aber auch als Büro-Empfangsassistenten genutzt werden können.“ Im Bereich Überwachung und Inspektion lässt sich der Roboter per Fernzugriff steuern. Er fährt geplante Inspektionsrunden durch Büroräume, Lagerhallen oder Einkaufszentren, kontrolliert Eingänge und ruft Not-, Sicherheits- und technische Dienste an. Im Einsatz als Büro-Empfangsassistent steht rund um die Uhr ein virtueller Fern-Manager zur Verfügung, der Empfangsmitarbeiter entlastet oder zeitweise ersetzt, Zugangskontrollen durchführt, Türen öffnet, Post entgegennimmt oder auch Besucher weiterleitet.
Der überlegte Einsatz digitaler Applikationen ist mittlerweile zu einem unabdingbaren Qualitätsmerkmal geworden, weiß auch Alexander Kiss, Direktor Wien NÖ Burgenland bei ÖWD SECURITY & SERVICES: „Intelligente, großflächentaugliche Videoüberwachung für beispielsweise Baustellen oder Einkaufszentren, selbstlernende Annäherungsdetektion, die rein elektronisch basierte Verständigung von Einsatzkräften, aber auch die Online-Verfügbarkeit von Wachmeldungen und Rundgangsprotokollen für den Kunden sind das Maß der Dinge.“
Blick in die Zukunft
Was erwarten die Experten zukünftig für besondere Entwicklungen oder Veränderungen in Sachen Security Services? Securitas-Geschäftsführer Wiesinger sieht verstärkt eine Kombination von Technologie/Notrufzentrale/Alarm Response durch Alarmstreifen statt reiner Manpower-Leistungen. „Komplettlösungen ,as a service‘ statt Verkauf von Techniklösungen sind ebenfalls stark im Kommen. Das erfordert einen höheren Qualitäts- und Ausbildungsbedarf, da auch die Anforderungen an Sicherheitslösungen für kritische Infrastrukturen steigen.“
SIM.GUARD-Bereichsleiter Hochegger erwartet auf jeden Fall eine Intensivierung jener Bereiche, wo die sichere Kontaktfrequenz an autorisierte Fachkräfte ausgelagert wird: „Das eröffnet zum Teil neue Geschäftsfelder, denn gerade in kontaktsensiblen Zeiten wie zur Pandemie konnten hierzu neue Erfahrungen gewonnen werden.“ Im Bereich der Digitalisierung gelte, dass alle Maßnahmen der Kundenorientierung dienten, betont Hochegger: „Unsere Kunden erwarten sich ein fundiertes digitalisiertes Monitoring und dementsprechend auch das Reporting und die Dokumentation zeitnah und in elektronischer Form.“
Hel-Wacht Vertriebsdirektor Prais rechnet demnächst mit vielen Anfragen bzw. Bestellungen in Sachen 2- oder 3-G-Kontrollen: „Es werden jetzt schon viele Gebäude vor dem Eintritt auf die 2- oder 3-G-Regelung kontrolliert. Auch werden mittlerweile Apps zur Kontrolle verwendet.“
G4S-Direktor Shehu bemerkt ähnliche Entwicklungen: „Während in der Vergangenheit die Verantwortungsbereiche für physische und technische Sicherheit bei vielen Mittel- und Großunternehmen oft zwei getrennte und teilweise komplett unabhängig voneinander agierende Bereiche darstellten, so setzen heute immer mehr Unternehmen auf integrierte Konzepte und Organisationsformen.“ Dabei setze sich immer stärker die Einsicht durch, dass es sinnvoller sei, anstatt Facility-Services mit der Sicherheit zu verknüpfen, auf eine starke Kombination und Integration der Sicherheitstechnik mit personellen Sicherheitsdienstleistungen zu setzen. Einen weiteren Trend ortet Shehu bei der Auslagerung von Sicherheitsdienstleistungen: „Anders als in etlichen entwickelten Industriestaaten gibt es in Österreich nach wie vor eine relativ hohe Anzahl von großen und renommierten Traditionsunternehmen, die sich teilweise große Organisationen im Bereich der Security- und Portierdienstleistungen leisten, anstatt sich auf ihre Kernkompetenz zu fokussieren.“ Das Insourcing und die daraus entstehenden Ineffizienzen würden nicht nur Nachteile bei der (internationalen) Wettbewerbsfähigkeit schaffen, sondern in vielen Fällen auch die oft benötigte Flexibilität der Mitarbeiter-Einsätze, der Ausbildung und der Modernisierung der Sicherheitsinfrastruktur verhindern, ist der G4S-Direktor überzeugt. Derzeit arbeite man sowohl lokal als auch zentral über die Konzernzentrale an smarten und effizienten Sicherheitslösungen, um auch bei künftigen Bedrohungsszenarien, sei es im Bereich der Gesundheit (z.B. Pandemien) oder der Kriminalität (Spionage, Vandalismus, Diebstahl etc.), Kunden bestmöglich schützen zu können.
Kontrollunterstützung
Dussmann-Geschäftsführer Edelmayer kann diese Entwicklung bestätigen: „Grundsätzlich werden die Kontrollen der Nachweise über eine geringe epidemiologische Gefahr entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und Kundenanweisungen weiter zunehmen. Diese Kontrollen werden nach und nach digitalisiert, sodass die Körpertemperatur und die Nachweise von Zutrittssystemen überprüft werden.“ Damit verbunden werden in Zukunft verstärkt Leitsysteme eingesetzt, die Personenströme besser kanalisieren und somit die digitalen Zutrittskontrollen vereinfachen. Bei den Zutrittssystemen zeichnet sich laut Dussmann eine weitere Änderung ab: Sie beinhalten vermehrt Anti-Passback-Komponenten: „Jeder Mitarbeiter einer Firma darf nur sein eigenes Zutrittsmedium wie Karte oder Chip verwenden oder kann nur mit einem individuellen Merkmal wie Fingerscan oder Gesichtsscan Eintritt in das Firmengebäude bzw. bestimmte Areale davon erhalten. Die Mitarbeiter werden somit beim Betreten und Verlassen identifiziert. Eine Weitergabe der Zutrittsmedien an andere Mitarbeiter, die für einen bestimmten Raum oder Gebäudebereich keine Zutrittsberechtigung haben, wird somit erschwert.“ Denn das Zutrittssystem prüfe, wer sich bereits im betreffenden Gebäudebereich befinde und wer diesen wieder verlassen habe, erläutert Edelmayer: „Bei Notfällen wie zum Beispiel einem Brand oder Austritt von giftigen Stoffen kann genau festgestellt werden, wie viele und welche Personen sich wo aufhalten. Dies sind wichtige Informationen für die Evakuierung.“
Auch bei der Planung von Einkaufszentren werden künftig verschiedene Lockdown-Szenarien berücksichtigt werden: „Alle systemrelevanten Einrichtungen wie Supermärkte, Apotheken oder Banken werden sich nah beieinander befinden, um zugänglich zu bleiben. Derzeit ist es so, dass diese Einrichtungen über die Gebäude der Einkaufszentren verteilt sind, sodass auch bei einem Lockdown gesamte Gebäude unter hohem Aufwand offengehalten werden müssen. In Zukunft soll es möglich sein, Teile von Einkaufszentren unabhängig voneinander zu öffnen bzw. zu schließen.“
Ähnliche Szenarien sieht auch ÖWD-Direktor Kiss: „Eine Entwicklung war und ist mit Sicherheit, die digitalen Kontrollapplikationen zur Erfassung der behördlichen Vorgaben im Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie in die eigene Prozesslandschaft zu integrieren. Unsere Aufgabe ist es, verlässlich erhöhte personelle und technische Kapazitäten bereitzustellen.“ Allgemein sei davon auszugehen, so Kiss, „dass sich Sicherheitsdienstleistungen kontinuierlich weiter in die Richtung der sinnvollen Kombination menschlicher Leistung und digitaler Möglichkeit entwickeln werden.“