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Smarte Schadnagerkontrolle

Es ist weniger die Bekämpfung der Schadnager als vielmehr deren giftfreie Überwachung, welche die Entwicklung digitaler Fallensysteme vorantreibt.

Text: Erika Hofbauer

Gerhard Klosterer, Techn. Leiter Rentokil Österreich
Gerhard Klosterer, Techn. Leiter Rentokil Österreich

Ursachenforschung ist ein wichtiger erster Schritt in der Erstellung passender Konzepte und Lösungen, um unerwünschte Nager und Kleintiere im urbanen Bereich fernzuhalten. „Eine etwaige Zunahme der Nagerpopulation, unter anderem in Städten, ist hauptsächlich auf eine unprofessionelle und nicht flächendeckende Bekämpfung zurückzuführen“, sagt etwa Gerhard Klosterer, Technischer Leiter bei Rentokil Österreich. Die Art der Bekämpfungsmethode oder der verwendeten toxischen Präparate spielt dabei eine untergeordnete Rolle: „Die Analyse von Befallsdaten ist ein wirksames Mittel, um Befallsherde einzugrenzen und gezielt zu bekämpfen. Gemeinden nutzen bereits unsere Datenanalysen, um gezielt zu bekämpfen. Sie reduzieren damit nicht nur ihre Kosten, sondern senken auch den notwendigen Einsatz toxischer Stoffe in der Umwelt. In Städten scheitert planvolles Vorgehen oft an der Bürokratie“, beschreibt Klosterer die aktuelle Situation.
Rainer Barath Technical Director von Anticimex, möchte differenzieren zwischen Überwachung (Monitoring) und Bekämpfung: „Bezüglich des Anstiegs an digitalen Lösungen zur Schadnagerüberwachung sei gesagt, dass dieser weniger den Änderungen der Bekämpfungsweisen geschuldet ist als viel mehr den Änderungen in der Art und Weise, wie eine effiziente giftfreie Nagerüberwachung durchgeführt werden kann.“ Bekämpfungen würden nach wie vor mit Unterstützung von Rodentiziden (chemische Mittel zur Bekämpfung von Nagetieren) durchgeführt, so Barath: „Es kommen zwar auch digitale Fallen zum Einsatz, aber diese sind aktuell nicht als Ersatz für Rodentizide zu sehen.“ Dies habe vor allem damit zu tun, „dass der Löwenanteil an digitalen Fallen Systeme sind, die auf Überwachung und Einzelfang von Nagetieren abzielen.“ Ein Mehrfachfang sei bei dem größten Teil der Fallen nicht möglich. So ganz ohne Gift gehe es also auch hier nicht. Dennoch verstärke sich der Wunsch auch von Kundenseite, umweltfreundlichere, bestenfalls giftfreie Bekämpfungen durchzuführen, so Barath.

Digitale Fallen im Kommen

Rainer Barath, Technical Director Anticimex
Rainer Barath, Technical Director Anticimex

Es ist also weniger die Nagerbekämpfung als vielmehr die giftfreie Nagerüberwachung, die den Ansturm am Entwicklungsmarkt digitaler Fallen vorantreibt. Die flächendeckende Anwendung von giftfreien Monitorsystemen ist vor allem seit den Änderungen durch die Biozidverordnung, die die herkömmlichen Anwendungen von antikoagulanten Rodentiziden stark einschränkt, vermehrt gefordert. „Vor allem im Lebensmittelhandel werden verstärkt giftfreie Systeme zur Schadnagerüberwachung gefordert“, erzählt Barath. „Bis vor ein paar Jahren konnte man noch regelmäßig Rattengift in einer Köderstation neben dem Brotregal vorfinden. Das war eine übliche Vorgehensweise.“ Da sei prophylaktisch jahrzehntelang Gift in Köderstationen flächendeckend ohne Befallsindizien und ohne konkrete Befallskontrolle ausgebracht worden. „Bei dieser am Markt etablierten Methode“, so der Anticimex-Experte weiter, „war die Grenze zwischen Monitoring und Bekämpfung verschwommen. Die neuen Zulassungen der antikoagulanten Nagerköder verbieten die Anwendung zur Befallsfeststellung, also Monitoring. Die Überwachung muss also immer nicht toxisch erfolgen.“ Die Schwierigkeiten würden sich dabei für viele Unternehmen in der Praxis ergeben: „Eine konkrete Befallsermittlung konnte man sich früher oftmals sparen, weil man einfach flächendeckend Gift angewandt hat, und dies hat oftmals eine flächendeckende Tilgung ganz automatisch erzielt. Jetzt muss ein Befall unter Ausschluss von toxischen Köderprodukten zuerst ermittelt werden. Daher greifen vor allem in der Lebensmittelbranche viele zu digitalen Methoden der Schadnagerüberwachung.“ Man erspare sich die tägliche Kontrolle der Fallen und erhalte über diverse Systeme den Befallsstatus in Echtzeit. Zusätzlich böten viele Systeme auch die Funktion des Fangs bzw. der Tötung an.

Verpönte Giftköder

Ähnlich sieht dies auch Gerhard Klosterer von Rentokil Österreich: „Keiner möchte auch nur ansatzweise, dass Giftköder – oder auch nur Spuren davon – in unserer Nahrungskette zu finden sind. Der Profi weiß, wo er wie und mit welchen Methoden Nager gezielt abtöten kann.“ Natürlich sei es schon seit Jahren Stand der Technik, „dass Funkmeldesysteme (sogenannte „PestConnect“ Stationen) Nager fangen, giftfrei sofort abtöten und eine entsprechende Meldung an den Kunden und den Schädlingsbekämpfer senden – das ist aber nur die halbe Miete. Der Schädlingsbekämpfer macht sich dann auf die Suche nach der Befallsursache und stellt sicher, dass das Risiko eines Wiederbefalls minimiert wird.“
Für Anticimex-Experte Barath ist die größte Herausforderung am Markt „wie immer der Preis im Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen.“ Vielfach seien Kunden damit überfordert, vor allem weil es eine Vielzahl an Lösungen gebe, weiß Barath. Man kaufe also im Grunde keine Falle alleine, sondern ein Konzept: „Die meisten digitalen Systeme am Markt bieten eine einzige Fallenart an, die für das gesamte Objekt angeboten wird. Aber ein Objekt besteht aus unterschiedlichen Risikozonen, die ganz unterschiedliche Anforderungen an Fallen stellen: Ein Schlagfallensystem mag für einen geschützten Innenbereich vielleicht Sinn machen, aber in einer Ladezone eines Lebensmittellagers mit hoher Frequenz an Staplerverkehr wohl kaum.“

Man vergleicht Äpfel mit Birnen

Genau dieser Punkt werde aber in Kundengesprächen nicht immer gleich verstanden, berichtet Barath aus der Praxis: „Schädlingskontrolle wird meist als der Klotz am Bein der Hygieneforderungen gesehen. Es darf nichts kosten und soll alles können.“ Dazu werde auch immer wieder gerne ein ausgeklügeltes System mit einfachen Schlagfallensystemen verglichen. Aber genau da liege der Fehler. Man vergleiche Äpfel mit Birnen. Es gehe immer um das Gesamtkonzept. „Digitale Systeme unterscheiden sich – und hier steht der Kunde mitten in einem Paradigmenwechsel“, ist Barath überzeugt: Heute müsse man sich als Kunde mehr Zeit nehmen, um sich mit der Materie zu beschäftigen. Sehr schnell könne das günstigste digitale System zum teuersten System werden, weil es den Anforderungen und den Risikowerten des Objekts nicht oder nur teilweise entspreche. Ein weiterer Faktor dürfe bei der gesamten Thematik um digitale Nagerkontrolle ebenso nie vergessen werden, betont Anticimex-Fachmann Barath: „Die Fachkraft und ihr Urteilsvermögen ist durch kein digitales System zu ersetzen. Ein digitales Fallensystem ist nur ein kleines Spektrum im großen Ganzen. Ohne das Auge des Fachexperten ist das beste System zum Scheitern verurteilt. Und diese Fachexpertise muss dem Kunden möglichst transparent vermittelt werden.“

Wichtige Zukunftsthemen

Für Gerhard Klosterer wird künftig vor allem der weitere Ausbau des giftfreien Funksystems und die weitere Reduktion von toxischen Stoffen an Bedeutung gewinnen. Rainer Barath von Anticimex identifiziert vor allem zwei Themen: Welcher Anbieter schafft es am besten, den verschiedensten Anforderungen eines Objekts mit diversen Systemen zu entsprechen? Wer vereint also am besten diverse Systeme zu einem großen Gesamtkonzept? Und zweitens: Welcher Anbieter schafft es, die Kinderkrankheiten der digitalen Systeme am besten zu bewältigen? Barath: „Vielfach sind Fehlmeldungen, Fehlauslösungen von Fallen und Verbindungsprobleme das Thema schlechthin. Hier besteht überall Verbesserungsbedarf.“ Da könne man nur hoffen, dass sich der Kunde gut genug mit der Materie befasse.

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