Die Mikrofaser hat polarisiert und ist inzwischen unumstritten. Man kann auch vom Siegeszug der Mikrofaser, nicht nur in der Reinigung, sprechen.
Text: Andreas Carl
Warum ist gerade die Mikrofaser so effektiv in der Reinigungsleistung? Warum wurde anfangs die Mikrofaser abgelehnt? Wie wird sich die Mikrofaser weiterentwickeln?
Die Historie:
Wie so oft bei einem technischen Fortschritt, gibt es die Skeptiker. Wer hat einst nicht alles ein Mobiltelefon als unnötig und sinnlos abgetan? Bei der Mikrofaser hat sich lange das Gerücht der Verkratzung auf Oberflächen gehalten. Auch an eine Reinigung ohne Chemie wurde nicht geglaubt.
Neben den emotionalen Gründen für eine Ablehnung, ähnlich wie beim Handy, gibt es natürlich wirtschaftliche Gründe für das Misstrauen. Wo die wirklichen Gerüchte für die Ablehnung herkommen, lässt sich kaum noch nachvollziehen. Doch nicht jeder Hersteller von Reinigungstüchern und Mopps konnte eine Mikrofaser anbieten. Die Chemiehersteller waren natürlich auch nicht begeistert vom „Reinigen ohne Chemie“. Beim Gebäudereiniger haben natürlich auch der hohe Preis und die Begehrlichkeiten („Tücher mit Füßen“) zur Zurückhaltung geführt.
Heute:
Inzwischen kann jeder Lieferant Mikrofaser anbieten, und der Markt wird, leider auch mit nicht immer wertiger Qualität aus Asien, förmlich überschwemmt. Zusätzlich weiß man nun, dass die Verkratzung nur für hochempfindliche Oberflächen gilt und eine Reinigung ohne Chemie bei einer Feuchtreinigung funktioniert. Da die Feuchtreinigung kaum zum Einsatz kommt, ist auch der Verbrauch an Reinigungschemie weitestgehend stabil.
Auf Grund der heute verbauten Werkstoffe ist ein Arbeiten ohne Mikrofaser in Kombination von neu entwickelten Chemikalien kaum noch denkbar. Die Reinigung von Feinsteinzeug wäre ohne die Kombination von Mikrofaser mit tensidfreien und ultravernetzenden Reinigern nicht möglich.
Heute steht das Wort Mikrofaser für MODERN mit hoher REINIGUNGSQUALITÄT. Das führt dazu, dass das Mikrofasertuch sowie -mopp auch da eingesetzt werden, wo der positive Effekt gar nicht mehr zum Tragen kommt. Überall da, wo so nass gereinigt wird, dass ein Wasserfilm zwischen Oberfläche und Tuch entsteht, kann die Mikrofaser nicht besser reinigen als ein „normales“ Tuch. Ebenso eine falsche Behandlung beim Waschen oder zu viel Chemie reduziert den positiven Effekt, was durchaus bis zur Aufhebung des Effektes führen kann.
Was ist Mikrofaser?
Warum kann nun die Mikrofaser so gut reinigen, und was reduziert die positiven Effekte? Das erklärt folgende textile Definition der Mikrofaser:
Mikrofasern sind Feinstfasern mit einem so genannten Fasertiter (Faserfeinheit) von < 1 dtex = 1 g / 10.000 m. Dies beutetet, dass 1 Gramm Faser aufgewickelt eine Länge von mindesten 10 Kilometer hat.
Was bewirkt diese extrem feine Struktur der Faser bei der Reinigung?
Durch die feine Struktur erhöht sich die Oberfläche des Tuches (Mopp) erheblich. Dadurch kann Wasser mit Schmutz und Fett besser gebunden werden.
Zusätzlich wird die Wasseraufnahme und Wasserabgabe durch Kapillarkräfte gesteuert. Bei der Kapillarwirkung wird die Flüssigkeit gegen die Gravitationskraft nach oben gezogen. Vereinfacht ausgedrückt: umso kleiner der Radius der Hohlräume, desto höher der Kapillareffekt. Dies ist auch gut bei einem Schwamm zu beobachten: Wenn man einen Schwamm leicht in Wasser taucht, wird sich auch der Schwammanteil über der Wasseroberfläche und gegen die Gravitationskraft voll saugen. Umso feiner die Poren, desto höher der Effekt.
Dieser Effekt ist sehr vorteilhaft für die Reinigung von Oberflächen. Dies allein reicht aber noch nicht. Feuchtigkeit aufnehmen, speichern und abgeben können Baumwolle und Viskose auch. Bei der Mikrofaser werden die Wassertröpfchen jedoch erheblich kleiner.
Durch diesen Effekt lassen sich bis zu einem gewissen Maß Fettverschmutzungen streifenfrei ohne Chemikalien entfernen.
Nach dieser Darstellung ist schnell klar, ab wann eine Mikrofaser nicht mehr funktioniert. Die Fasern dürfen auf keinen Fall zusammenkleben, was durch stark tensidehaltige Reinigungsmittel leicht passieren kann. Weniger ist mehr! Zu hohe Temperaturen beim Waschen oder Trocknen führen dazu, dass die Fasern zusammenbrennen und so ihre feine Struktur verlieren. Auch zu viel Wasser beim Reinigen hebt die Wirkung der Mikrofaser auf. Es entsteht ein Aquaplaning-Effekt, ähnlich wie beim Autofahren. So kann die Faser nicht mehr den Schmutz aus den porösen Oberflächen holen.
Ideale Einsatzgebiete:
Die neuen Fasern ermöglichen andere Reinigungsmethoden wie die Sprühreinigung oder das einstufige Wischen.
In der Kombination mit neuen Reinigungschemikalien sind das Sprühverfahren sowie das einstufige Wischen qualitativ hochwertig möglich. Allerdings ist nicht jede Kombination von Bodenbelag, Chemie und Mopp-Bezug zur Anwendung geeignet. Die Fußböden sollten in der Regel eine im Wesentlichen homogene Oberfläche aufweisen. Eine mikroporöse Oberfläche ist dagegen eher eine Herausforderung und das ideale Einsatzgebiet.
Bei der Chemie ist wichtig, darauf zu achten, dass bei elastischen Bodenbelägen regelmäßig ein Pflegefilm aufgetragen und der richtige Mopp-Bezug eingesetzt wird. Je größer die grobe Verschmutzung des Bodens ist, umso höher sollte der Viskoseanteil des Mopp-Bezuges zum besseren Wassertransport sein. Je offener die Poren sind, desto mehr sollte sich der Anteil der Mikrofasern erhöhen.
Grundsätzlich ist es so, dass die Mikrofaser mit wenig Feuchtigkeit wesentlich effektiver arbeiten kann als mit viel Feuchtigkeit. Diese Tatsache ist eben mit einem Aquaplaning-Effekt zu erklären. Dort, wo ein Wasserfilm entsteht, wird auch die Mikrofaser über die feinen Poren hinweg gleiten, ohne eine Tiefenwirkung erzielen zu können.
Zukunft:
Wie wird sich die Mikrofaser weiterentwickeln? Einige Entwicklungen, wie die Nanotechnologie, gibt es schon: die Kombination von Mikrofaser mit Nanoteilchen (meistens Silber). Auf diese Art und Weise wird eine bakterizide Eigenschaft erreicht. Ein gutes Tuch kann dann eine längere Zeit (bis zu 60 Stunden) im feuchten Zustand ohne Trocknen oder eine Zugabe von Desinfektionsmitteln lagern. Zusätzlich können sogar Bakterien bis zu 99,9 % beim Wischen von der Oberfläche entfernt werden. Das ist zwar für eine desinfizierende Reinigung zu wenig, oft aber viel mehr als üblich und kann die Prophylaxe reduzieren.
Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter (10-9m). Ein normales Blatt Papier ist ca. 100.000 Nanometer dick.
Es ist zu erwarten, dass die Nanotechnologie voranschreitet.
Die häufigsten Fragen zur Mikrofaser
Was heißt gute Qualität bei einem Mikrofasertuch?
Eine gute Qualität setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Ein gutes Mikrofasertuch (Mopp) erkennt man u.a. daran, dass der Schmutz vom Tuch aufgenommen wird und sich mit der Hand nicht mehr sauber auswaschen lässt. Zwei weitere Faktoren wollen wir näher untersuchen:
- Reinigungsleistung
Bei Tüchern lässt sich die Reinigungsleistung sehr gut mit dem Spiegeltest feststellen. Bei einem Mikrofasertuch mit guter Reinigungsleistung kann man mit einem gut ausgewrungenen Tuch Lippenstift entfernen und nach dem Umdrehen des Tuches und nochmaligem Wischen trocknet der Spiegel streifenfrei. Auch mit einem Test an strukturierten Metalloberflächen (Aufzüge) lässt sich die Reinigungsqualität prüfen.
Bei Moppbezügen hilft nur Testen. Wobei es hier zu einem Konflikt kommen kann. Ein Mopp mit überwiegendem Mikrofaseranteil ist oft nicht mehr gleitfähig, was zu erheblichen körperlichen Belastungen führen kann. Daher sollte der Mopp für verschiedene Beläge sehr sorgfältig ausgewählt werden. In der Zwischenzeit sind mit Hilfe vorpräparierter Moppbezüge unterschiedliche Moppbezüge mit verschiedenen Chemikalien kein Problem mehr. - Haltbarkeit
Gerade in Bereichen, in denen die Reinigungstextilien täglich gewaschen werden, ist die Haltbarkeit von enormer Wichtigkeit.
Was ist beim Waschen der Tücher zu beachten?
Sortenreines Waschen ist unabdingbar! Überhitzungen sind unbedingt zu vermeiden. Es besteht die Gefahr, dass die feinen Fasern zusammenkleben und somit ihre Reinigungskraft verlieren. Wenn hygienisch möglich, dann auf das Trocknen weitestgehend verzichten. Geht es nicht ohne Trocknen, lieber länger mit geringerer Temperatur trocknen. Und ganz wichtig beim Waschen von Reinigungstextilien – auf ausreichende Wasserstände beim Vorwaschen achten.
Woran erkennt man konkret eine Abnutzung?
Die wesentliche Abnutzung ist, wie bei allen Fasern, der Faserverlust, was sich an der Fülle der Textilien zeigt. Tücher und Moppbezüge werden einfach dünner.
Auch bei Mikrofasern können sich mit der Zeit kleine Kügelchen auf dem Tuch ablagern. Wenn das Tuch oder der Mopp nicht mehr genügend Reinigungslösung transportieren oder keine Reinigungsleistung mehr zeigt, wird es Zeit für einen Austausch.
Wenn zu früh eine Abnutzung auftritt, liegt oft ein Waschfehler vor oder es war einfach eine schlechte Qualität.
Wie müssen Mikrofasertücher gelagert werden?
Das hängt sehr vom Hygienekonzept des Hauses ab. Eine Mikrofaser lässt sich im feuchten Milieu länger lagern als eine Naturfaser, ohne dass Fäulnis entsteht. Was jedoch von den Lagerbedingungen abhängig und nicht endlos machbar ist.
Bei Tüchern ist zu empfehlen, sie erst kurz vor dem Gebrauch zu waschen, so dass keine Lagerung im gewaschenen Zustand entsteht und somit das Trocknen entfallen kann. Das funktioniert nur bei einer täglichen Reinigung, so dass die Tücher im „schmutzigen“ Zustand nicht zu lange gelagert werden müssen.
Inzwischen gibt es auch Tücher mit Nanosilberpartikeln, was eine längere Lagerung im feuchten Milieu erlauben soll.
Gibt es Einsatzbereiche, wo Baumwolltücher besser geeignet sind?
Immer da, wo viel Wasser transportiert werden muss, eignet sich ein Baumwollmopp besser.
Wie kann man die Preise vergleichen?
Das wichtigste Kriterium ist die Reinigungsleistung. Wenn ein Mikrofasertuch (Mopp) nicht besser reinigt als herkömmliche Textilien, dann kann durchaus ein billiges Tuch verwendet werden. Ein Preisvergleich macht nur Sinn, wenn der Nutzen vergleichbar ist.
Ist der Nutzen vergleichbar, dann ist die Haltbarkeit ein wichtiges Kriterium für den Preis. Mit der Haltbarkeit kann man den Preis pro Nutzung ermitteln und vergleichen. Die Formel hierfür ist:
Preis pro Tuch geteilt durch die Anzahl an Wäschen(Nutzung) = Preis pro Nutzung
Unterschiede an dritter Stelle hinter dem Komma können sich erheblich auswirken.
Zusätzlich kommt die oft unterschätze Unterstützung des Lieferanten. Werden die Tücher / Mopp nur geliefert oder wird der Belieferte aktiv bei einer Umstellung / Einführung unterstützt? Und wie ist die Kulanz bzw. Fehlersuche bei vorzeitigen Schäden der Textilien? Diese Kriterien lassen sich kaum in Euro ausdrücken, sind aber von großer Bedeutung.
Autor: Andreas Carl, Beratung und Planung für Reinigung und Hauswirtschaft. www.carlweb.de
Der Autor arbeitet als Reinigungsexperte u.a. auch für das Fachmagazin rhw management. www.rhw-management.de