In Österreich sind wir mit Trinkwasser wahrlich gesegnet. Kaum in einem anderen Land der Welt steht diese kostbare Ressource qualitativ und quantitativ so zur Verfügung. Dies ist nicht nur unserer geographischen Lage geschuldet, sondern auch der Leistung unserer Wasserversorger. Obwohl sie das Wasser in bester Qualität zum Hausanschluss liefern, werden bei vielen Untersuchungen in den Gebäuden Hygienemängel festgestellt. Professionelle Reinigungskräfte können dazu beitragen, diese Mängel abzustellen.
In den vergangenen Jahrzehnten sind die Herausforderungen der Trinkwasser-Hygiene nicht weniger geworden. Geschuldet ist dies nicht dem ausbleibenden technischen Fortschritt, sondern einer gravierenden Veränderung im Nutzungsverhalten. Mit Beginn der Coronamaßnahmen wurde der Zutritt zu vielen Gebäuden beschränkt, Betriebe haben auf Home-Office umgestellt. Gebäude, die zuvor stets vollständig belegt waren, sind so während der Pandemie zu gespenstigen Liegenschaften geworden. Inzwischen sind die Maßnahmen Geschichte, die Mitarbeiter haben jedoch die Vorzüge von Home-Office schätzen gelernt. Letztendlich erspart Arbeiten von zuhause die Zeit für den Weg zur Arbeit, der mitunter durch mehrfaches Umsteigen oder häufige Staus sehr mühsam sein kann. Auch in vielen anderen Gebäuden ist keine so rege Personenfrequenz mehr zu verzeichnen wie früher. Die Wasserentnahme ist damit stark zurückgegangen. Die Wasserinstallationen sind jedoch noch immer auf den früheren Vollbetrieb ausgelegt. Die Konsequenz: Durch die geringere Nutzung steht das Wasser länger in den Rohrleitungen. Die durchschnittliche Verweildauer hat zugenommen.
Auch ein zweiter hygienerelevanter Faktor hat sich in den letzten Jahren gravierend verändert. Die Gebäudehüllen sind immer besser gedämmt, durch den Klimawandel ist ein Anstieg der Außentemperaturen zu verzeichnen. Zwar sind bereits viele Räume klimatisiert, aber nicht die Schächte und Haustechnikräume, durch die das Trinkwasser zu den Entnahmestellen geführt wird. Damit ist nicht nur die durchschnittliche Verweildauer, sondern auch die durchschnittliche Temperatur des stagnierenden Wassers erheblich gestiegen. Wie bei den anderen Lebensmitteln auch sind dies die Faktoren, die letztendlich über die Genusstauglichkeit entscheiden.
Der regelmäßige Austausch des vollständigen Wasserinhalts aller Rohrleitungen, Armaturen und Geräte reduziert einerseits die Verweildauer. Auf der anderen Seite wird durch das Nachströmen von frischem Wasser auch die Temperatur signifikant gesenkt. Ein ausreichender Wasserwechsel ist daher obligatorisch, wenn es gilt, Hygienemängel präventiv zu vermeiden. Erfolgt der Wasseraustausch nicht im Zuge der üblichen Nutzung, sind Spülmaßnahmen erforderlich. Meist werden die Reinigungskräfte mit dieser Aufgabe betraut. Die gilt unabhängig davon, ob die Reinigung an eine Fremdfirma ausgelagert wird oder selbst erfolgt. Das ist auf der einen Seite naheliegend, auf der anderen Seite lösen Spülmaßnahmen bei den Reinigungskräften einen Interessenskonflikt aus. Warum sollte eine Reinigungskraft in ihrer knapp bemessenen Zeit minutenlang spülen und vielleicht dann noch eine Armatur und einen Waschplatz trockenwischen, obwohl beides ohnedies sauber war? Um die Akzeptanz bei den Reinigungskräften für die sorgfältige Durchführung zu schaffen, sollten sie daher unbedingt entsprechend geschult und von der Bedeutung der Spülmaßnahmen überzeugt werden.
Bei der Spülung gibt es einige Punkte zu beachten, die ebenfalls in der Schulung erläutert werden sollten. Erfolgt die Spülung nur in der Kaltwasser- oder Warmwasserstellung der Armaturen, wird das Wasser in nur einer der beiden Zuleitungen erneuert. Liegen im betroffenen Gebäude keine Hygienemängel vor, ist daher eine Spülung in Mischwasserstellung die zeitsparendste Alternative. Die Dauer ist ebenso wie die Häufigkeit immer mit dem Auftraggeber zu vereinbaren, denn letztendlich gilt es, in Summe den gesamten Wasserinhalt zu erfassen. Im Falle von Hygienemängeln empfiehlt sich, die Spülung zunächst bei Maximaltemperatur und anschließend in Kaltwasserstellung durchzuführen. Die Reihenfolge ist dabei von enormer Wichtigkeit – die Kaltwasserspülung erfolgt im Anschluss an die Warmwasserspülung, um die Armaturen und ihre Zuleitungen wieder abzukühlen.
Der ausreichende Wasserwechsel ist für einen hygienisch sicheren Betrieb eines Gebäudes essenziell. Das Durchführen von Spülmaßnahmen ist daher keine geringwertige Tätigkeit, sondern notwendig für die Sicherstellung der Trinkwasserhygiene. Diese Wertschätzung sollte den Reinigungskräften auch vermittelt werden. Dies gelingt jedoch nur dann glaubhaft, wenn die Spülmaßnahmen bei der Festlegung der Zeitvorgaben adäquat berücksichtigt werden.