Rechtliches zum Thema Schädlings­bekämpfung

Aufgrund einer rechtlichen Veränderung in den Jahren 2004/2005 ist damals in Österreich das seit den 1920er Jahren geltende Bundesrattengesetz außer Kraft und die Wiener Landesverordnung, die Rattenverordnung, in Kraft getreten. Beide sind inhaltlich zwar deckungsgleich, weggefallen ist aber der vorher geltende Kontrahierungszwang, das heißt: Wien war eingeteilt in 40 Rayons, die von den in den 1920er Jahren etwa 40 Schädlingsbekämpfungsbetrieben betreut wurden – in hoheitlichem Auftrag. Man hatte jede Liegenschaft in Wien aufgrund dieser Zugehörigkeit zu einem Rayon entsprechend fix abgedeckt. Dann aber hieß es von Seiten der EU, das sei nicht konform mit der freien Marktwirtschaft. Bei den Rauchfangkehrern fand man eine flächendeckende Betreuung für lebenswichtig, denn wenn der Rauchfangkehrer einen Fehler übersieht, kann ein Haus abbrennen. Bei der Schädlingsbekämpfung hingegen sah man das nicht so kritisch und hat es entsprechend anders geregelt, weswegen der Teil des Kontrahierungszwangs aufgehoben wurde.

Somit sind wir Schädlingsbekämpfer heute nicht mehr in hoheitlichem Auftrag unterwegs, sondern mit privatwirtschaftlichen Verträgen, was aber auch einige abwicklungstechnische Problemstellungen mit sich gebracht hat. Denn jetzt können wir die Liegenschaften nicht mehr zu Maßnahmen verpflichten, sondern können sie nur darauf hinweisen, dass sie dieses und jenes machen sollen, je nach Ansicht der Liegenschaftseigentümer entscheiden sich die Verantwortlichen, ob sie es dann tun oder auch nicht. Aufträge, die wir hier erteilen können, sind zum Beispiel, wenn ein Keller mit sanitärem Übelstand gefunden wird, wo viel Sperrmüll ist, wo die Möglichkeit für Ratten gegeben ist, sich gut zu verstecken und einzunisten, weil sie dort ungestört und geschützt sind, diesen zu entfernen beziehungsweise zu reinigen. Oder auch wenn beispielsweise bei Kanalanschlüssen in den Häusern die Deckel gebrochen sind, wodurch die Ratten aus der Kanalisation, wo sie natürlich am häufigsten vorkommen, in die Gebäude eindringen und sich dort verbreiten können, müssen diese geschlossen bzw. repariert werden. Und wenn sie einmal heraußen sind, halten sie als „Kulturfolger“ natürlich auch nach Müllplätzen „Ausschau“, schauen auch, ob es freie Flächen im Grünen gibt, wo sie Nahrung finden könnten. Und nachdem wir in Wien durch viel Gastronomie im Freien auch einen anderen Zugang zum Thema Müll im öffentlichen Bereich haben, gibt es natürlich sehr viele Stellen, die für Ratten interessant sind.

Dadurch, dass wir nicht wirklich kontrollieren können, ob jede Liegenschaft tatsächlich auf Ratten kontrolliert wird, weil es dafür kein übergeordnetes Kontroll-Organ gibt, ergibt sich auf der einen Seite der Eindruck, dass es manche Liegenschaften geben kann, die vielleicht nicht so intensiv die Rattennachschau betreuen lassen. Auf der anderen Seite wird das dann nicht gemacht, wenn Maßnahmen notwendig wären. Das heißt, es kommt zu einem langsamen, wahrgenommenen Anstieg an Ratten. Wobei das nicht nur die Sichtungen sind. Sichtungen können bei einem gleichen Rattenbestand auch dann sein, wenn es zum Beispiel eine Großbaustelle wie die der U5 in Wien gibt. Dann treten natürlich vermehrt Ratten an die Oberfläche, was dann aber nicht heißt, dass es plötzlich mehr sind, sondern man sieht sie einfach verstärkt. Es gibt aber genügend Unternehmen, die sagen, sie hätten den Eindruck, dass es zu einer langsamen Steigerung komme. Wenn eben nicht genug getan wird oder getan werden kann, kommt es natürlich zum Ansteigen der Population.

Wir haben auch eine deutliche Änderung in der rechtlichen Grundlage für Bekämpfungsmittel. Sämtliche Schädlingsbekämpfungsmittel gegen Schadnager, die sogenannten Rodentizide, sind als eine der ersten Produktgruppen durch die Biozidverordnung der EU streng und neu geregelt worden. Vor allem möchte der Gesetzgeber die Wirkstoffe, die hier eingesetzt werden – die zweite und dritte Generation an Wirkstoffen von antikoagulanten Mitteln –, vermeiden bzw. gänzlich wegfallen lassen, da diese als gesundheitsschädlich, bioakkumulativ persistent, also langlebig eingestuft wurden. Sie reichern sich in den Körpern an und sie werden auch als besonders giftig und teilweise erbgutschädigend eingestuft, deshalb versucht die EU, diese Mittel so drastisch wie möglich einzuschränken. Und durch diese Einschränkung gibt es natürlich auch Auslegungsbeschränkungen. Damit kann so etwas nur zum Einsatz kommen kann, wenn ein Befall festgestellt ist, und auch dann nur für eine beschränkte Zeit bzw. solange es aufgrund des Befalls notwendig ist. Dann muss wieder auf nichttoxische Köder umgewechselt werden. Das hat sich erst in den letzten Jahren so ergeben.

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