„Firmenadresse: Das öffentliche WC am Wiener Allerheiligenplatz“

Worauf Reinigungsfirmen rechtlich aktuell besonders achten müssen, vor allem aber auch, um nicht Opfer der Betrugssysteme von Scheinfirmen zu werden. Tipps vom Antifinanzbetrugs-Profi Franz Kurz, bis vor wenigen Jahren Leiter der Finanzpolizei Wien.

Franz Kurz vormals Amtsdirektor 
der Finanzpolizei

Seit 2015 gibt es das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz. Und das ist 2024 in §8 noch einmal aktualisiert und vertieft worden. Dabei geht es darum, dass man durch die vielen Kontrollen und Recherchen der Behörden, vor allem der Finanzpolizei, die die gesetzliche Zuständigkeit vom Gesetzgeber erhalten hat, draufgekommen ist, dass es unzählige Scheinfirmen gibt, also Firmen, deren Hauptzweck kein anderer ist, als entweder Rechnungen zur Steuervermeidung auszustellen oder Dienstnehmeranmeldungen zu generieren, obwohl die Leute nicht arbeiten.

Zu diesem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz muss noch etwas dazugesagt werden: Seit August diesen Jahres gibt es den § 51 Abs. 1 lit. e FinStrG (Finanzstrafgesetz), wo es um die Arbeitszeitaufzeichnungen geht, was immer ein Streitpunkt mit den Firmen war. Jetzt hat man dort genau hineingeschrieben, wer Arbeitszeitaufzeichnungen fälscht, verfälscht oder nicht richtig führt und der Behörde vorlegt, begeht eine Finanzordnungswidrigkeit. Und bitte merken Sie sich diesen Begriff: „Finanzordnungswidrigkeit“ – bei einem Strafrahmen von, nota bene, 100.000  €. Und zwar für alle, die dabei beteiligt sind.

Nun gehe ich davon aus, dass Sie als Reinigungsunternehmen auch Aufträge lukrieren, für die Sie einen Partner brauchen bzw. jemanden ins Boot holen, der für Sie als Auftragnehmer die Arbeiten letztendlich zu Ende bringt. Und da kann es krass werden, Stichwort Scheinunternehmer. Dazu empfehle ich jedem von Ihnen, sich zu notieren: Homepage Bundesministerium für Finanzen – da gibt es unter dem Button Betrugsbekämpfung die Liste der Scheinunternehmen. Da sind aktuell bereits 830 Firmen aufgelistet, mit Namen, mit Adresse, mit Firmenbuchnummern und mit einem Datum, ab welchem diese Firmen rechtskräftig als Scheinunternehmen von der Finanzverwaltung eingestuft wurden. Wenn sie so eine Firma beschäftigen und es stellt sich im Nachhinein heraus, dass diese keine Sozialversicherungsabgaben für die Dienstnehmer leistet und keine Finanzabgaben zahlt, dann haben Sie ein veritables Problem – Sie kommen dort schwer in die Haftung, denn Sie haften auch für alle offenen Löhne der Arbeiter dieser Subunternehmerfirma. Stellen Sie sich vor, was Sie da bei 20 Dienstnehmern für vier oder fünf Monate an Löhnen nachzahlen müssten!

Nun sind auf dieser Scheinunternehmerliste ja nur die gelistet, die erwischt werden. Und das ist nur ein kleiner Teil. Es gibt viel mehr, die genauso unehrlich agieren und Millionenschäden verursachen, die aber noch gar nicht amtsbekannt sind und die schnell wieder untertauchen, bevor sie erwischt werden und auffallen. Aber Sie können sich auch selber einen Einblick oder einen Eindruck verschaffen, ob ein potenzielles Subunternehmen korrekt arbeitet oder nicht. Wenn jemand keinen Internetauftritt hat oder dort kein Impressum drinsteht, keine gültige Firmenbuchnummer, keine UID-Nummer, dann sollten schon mal die Alarmglocken schrillen. Oder: Wenn sich als Geschäftsführer und Verhandlungspartner jemand vorstellt, der kein Wort oder nur gebrochen Deutsch spricht und im Gespräch sich noch herausstellt, dass der Mann in seinem Leben noch nie etwas mit Reinigung zu tun hatte, dann ist ebenfalls klar, was man davon zu halten hat.

Oder – was auch oft vorkommt: Da kommt einer, der nicht Deutsch kann und hat einen Dolmetscher dabei. Und der Dolmetscher ist der, der die Worte führt. Dann wissen Sie auch, wer das Sagen hat und dass man den anderen für ein paar 100  € nur zum Unterschreiben beim Notar geholt hat.

Das nächste, was ich leider auch immer wieder festgestellt habe: Die Firmenadressen von solchen Firmen sind oft Lug und Trug. Mir kam auch schon eine „Firma“ unter, deren  Adresse das öffentliche WC am Wiener Allerheiligenplatz war, eine andere Firma hatte die Adresse mitten in der Donau. Da hätte man mit Neoprenanzug ausfahren müssen, um Nachschau zu machen.

kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

neueste beiträge