Intelligent, neuartig, klein und handlich – so beschreibt Gabriele Ettenberger-Bornberg, Forscherin am Österreichischen Institut für Chemie und Technik (OFI), das aktuellste Forschungsprojekt, an dem sie gemeinsam mit ihrem Team und Partnern aus der Wirtschaft arbeitet. „RobiDES“, so der Name des Hi-Tech-Gerätes, soll dabei nichts weniger als die Hygienereinigung in sensiblen Bereichen revolutionieren.
Text: Erika Hofbauer
Ziel des Forschungsprojektes „RobiDES“, gefördert von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, ist die Entwicklung von autonomen Hygienerobotern, die viele Eigenschaften vereinen, wie Lebensmittel- und Biotechnologin Gabriele Ettenberger-Bornberg erläutert: „RobiDES ist ein intelligenter und zugleich handlicher autonomer Hygieneroboter. Er soll eine maximale Reduktion der Infektionskeime auf Oberflächen und eine maximale Materialverträglichkeit erreichen.“ Der im Projekt entwickelte Hygieneroboter wurde speziell für die Trockenreinigung mit anschließender Desinfektion konzipiert, so Ettenberger-Bornberg weiter: „Die Desinfektion erfolgt wahlweise mit flüssigen Desinfektionsmitteln oder UV-LED-Lampen, um Keime effektiv zu reduzieren. Der Roboter ist für den Einsatz in Altenheimen, Pflegestationen, Patientenzimmern, Aufenthaltsräumen und administrativen Bereichen optimiert und kann in komplex eingerichteten Räumen arbeiten, wo herkömmliche große Systeme nicht geeignet sind.“ Zusätzlich bringe er Entlastung in zunehmend schwierigeren Personalsituationen, denn der Roboter übernimmt zeitaufwendige Reinigungs- und Desinfektionsaufgaben selbstständig.

Die UV-LED-Desinfektion ist hochwirksam und kann selbst kleinste Keime, Viren und Bakterien abtöten.
Gabriele Ettenberger-Bornberg,
Lebensmittel- und Biotechnologin
UV-LED-Technologie im Einsatz
Der Hygieneroboter funktioniert ähnlich wie herkömmliche Haushaltsreinigungsroboter, erläutert die Forscherin: „Mithilfe integrierter Sensoren erstellt er eine Karte des Raumes, die ihm zur Orientierung und Planung der Reinigung dient. Er navigiert autonom durch den Raum, erkennt Hindernisse und passt seine Route an, um alle Bereiche effizient zu erreichen.“ Dadurch eigne sich der Hygieneroboter für eine Vielzahl von Einsatzbereichen, sowohl im Gesundheits- und Sozialwesen als auch im Haushaltsbereich, ist Ettenberger-Bornberg überzeugt: „Insbesondere in Küchen, Badezimmern und Haushalten mit Haustieren trägt er zur Reduzierung von Keimbelastung und Tierhaaren bei.“ Das Besondere an RobiDES sei die verwendete UV-LED-Technologie, so Ettenberger-Bornberg: „Im Gesundheitsbereich bietet dies bedeutende Vorteile gegenüber herkömmlichen chemischen Reinigungsmethoden. Denn sie kommt ganz ohne chemische Substanzen wie quartäre Ammoniumverbindungen aus, wodurch keine Rückstände auf Oberflächen verbleiben. Dies bedeutet auch, dass nach der Desinfektion keine klebrigen Rückstände auf Böden oder anderen Flächen zurückbleiben. Die UV-LED-Desinfektion ist hochwirksam und kann selbst kleinste Keime, Viren und Bakterien abtöten, und war in manchen Versuchen, die im Rahmen des Forschungsprojektes durchgeführt wurden, der manuellen Reinigung oder chemischen Desinfektion weitaus überlegen.“
Herausforderungen meistern
Trotz der ersten Erfolge und Einsätze als Prototyp gibt es noch einiges, an dem gefeilt werden muss. Ettenberger-Bornberg: „Ein wesentlicher Punkt betrifft die Sicherheitsaspekte im Umgang mit UV-LED-Technologie. Ein weiterer Aspekt betrifft den Diebstahlschutz im öffentlichen Bereich, auf den wir separat eingehen müssen.“ Dennoch arbeitet das Forscherteam an zusätzlichen Features des Gerätes, denn: „Ein zusätzlicher zukünftiger Nutzen könnte darin bestehen, dass der Roboter in Pflegestationen auch Sturzmeldungen senden kann, falls eine Person aus dem Bett fällt. In solchen Fällen könnte der Roboter automatisch einen Alarm an das Pflegepersonal weiterleiten, um schnell zu reagieren. Solche Anwendungen müssten bei einer zukünftigen Entwicklung noch berücksichtig werden“, beschreibt Ettenberger-Bornberg die nächsten Etappen.


Interesse der Wirtschaft
Solche Entwicklungen bleiben natürlich nicht unbemerkt, wo doch bereits einige Unternehmenspartner bei der Entstehungsgeschichte dabei waren. „Es gibt bereits Anfragen von Reinigungs- und Desinfektionsdienstleistern wie z.B. die Unternehmen Markas oder Spiegelblank, die Pilotprojekte schon gemeinsam mit dem Projektpartner und Hersteller von den Hygienerobotern, Romy Robotics FlexCo, durchführen bzw. planen“, erzählt Forscherin Ettenberger-Bornberg. Damit der Hygieneroboter in allen relevanten Märkten eingesetzt werden kann, muss er zudem das CE-Kennzeichen tragen, um zu bestätigen, dass er die erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsstandards erfüllt. „Diese Funktion und die Sicherheitsfeatures müssen sorgfältig getestet und optimiert werden, um eine zuverlässige und sichere Nutzung des Roboters zu gewährleisten.“ Für die Weiterentwicklung des Hygieneroboters sind schließlich weitere Förderungen und Investoren von großer Bedeutung, um die Produktionsreife zu erreichen und die Markteinführung voranzutreiben. Ettenberger-Bornberg: „Aktuell könnten öffentliche Förderprogramme auf nationaler und europäischer Ebene, die Innovationen im Bereich der Desinfektion und Hygiene sowie autonomer Systeme unterstützen, eine wichtige Rolle spielen. Zusätzlich wird eine gezielte Investorensuche notwendig sein, um die finanziellen Mittel für die Skalierung der Produktion und die Implementierung des Produkts in verschiedenen Märkten zu sichern.“ Kooperationen mit großen Technologieunternehmen können ebenfalls als eine Art Finanzierung angesehen werden, die nicht nur Kapital bereitstellt, sondern auch den Zugang zu wichtigen Vertriebskanälen und Ressourcen ermöglicht, beschreibt die OFI-Forscherin die nächsten Schritte der Finanzierung.
Realversuche

Das ließ man sich bei Reinigungsdienstleister Markas nicht zweimal sagen, wie Technikleiter Thomas Meindorfer erzählt: „Unsere Kooperation mit dem OFI ist nicht die erste – wir arbeiten bereits seit Jahren gemeinsam an Projekten im Bereich Hygiene. In diesem speziellen Projekt, das seit Oktober 2022 läuft, sind wir für die Durchführung von Realversuchen des Saugroboters mit UVC-Technologie unter echten Einsatzbedingungen verantwortlich.“ Das bedeutet, dass Markas den Roboter in der Praxis testet, die Ergebnisse auf ihre realistische Umsetzbarkeit hin bewertet und wichtige Marktinformationen einbringt. Meindorfer: „Der große Nutzen dieser Kooperation liegt für uns darin, dass wir durch das Projekt direkt mit den Herstellerfirmen in Kontakt sind. Dadurch können unsere praktischen Anforderungen unmittelbar in die Programmierung und den Bau der Roboter einfließen.“ Gleichzeitig habe man den Vorteil, die Geräte laufend im Einsatz zu testen und aktiv an ihrer Weiterentwicklung mitzuwirken. „So stellen wir sicher, dass die Technologie optimal auf die Bedürfnisse der Praxis abgestimmt ist.“
Hygienemaßnahmen effektiv umsetzen
Und die Erwartungen sind hoch. „Die Kleinroboter mit UVC-Technologie eröffnen neue Möglichkeiten in der Desinfektion, insbesondere in kleinen, verwinkelten Räumen, in denen herkömmliche Desinfektionsgeräte aufgrund ihrer Größe und eingeschränkten Manövrierfähigkeit bisher nicht einsetzbar waren“, bestätigt der Markas-Technikleiter die Aussagen der Forscher: „Potenzielle Anwendungsgebiete sind alle Flächen in relativ kleinen Räumen, in denen eine zuverlässige Desinfektion notwendig ist – insbesondere dort, wo das räumliche Inventar eine klassische Wischdesinfektion erschwert oder unmöglich macht.“ Konkrete Beispiele hierfür seien Betriebskindergärten in Krankenhäusern oder Ambulanzräume, in denen eine lückenlose Hygiene essenziell ist. „Unsere Erwartung an den Einsatz dieser Roboter ist, dass sie als zusätzliche Unterstützung dazu beitragen, Hygienemaßnahmen noch effektiver umzusetzen. Sie könnten helfen, Fehler, die bei der händischen Reinigung entstehen, zu minimieren und so die Gesamthygiene zu verbessern“, so Meindorfer. Ein weiterer, großer Nutzen liegt in der Schaffung einer durchgängigen „Desinfektionskette“, die eine kontinuierliche und zuverlässige Keimreduktion unterstützt. Allerdings, so Meindorfer, gebe es auch Herausforderungen: „Der Roboter allein wird keine vollständige Lösung bieten können. Besonders problematisch ist, dass UVC-Licht nur dort wirkt, wo es direkt auftrifft – Schattenbereiche bleiben unbehandelt.“ Daher werde eine Kombination aus automatisierter und manueller Desinfektion weiterhin erforderlich sein, um eine lückenlose Hygiene sicherzustellen, zerstreut der Markas-Technikleiter etwaige Befürchtungen einer vollständigen raschen Automatisierung ohne Personalressourcen.
Markttauglichkeit
Groß Pläne hinsichtlich einer Markttauglichkeit hat man auch beim OFI: „In diesem Jahr möchte das Projektteam vor allem die Produktionsreife des Hygieneroboters erreichen und erste Pilotprojekte in realen Einrichtungen starten. Dies umfasst die endgültige Testphase des Prototyps unter realen Bedingungen, die Durchführung von Validierungstests sowie die Zertifizierung des Produkts, insbesondere das Erreichen des CE-Kennzeichens“, erläutert OFI-Forscherin Ettenberger-Bornberg die nahe Zukunft. Ein weiteres Ziel sei es, Kooperationen mit wichtigen Akteuren der Industrie zu etablieren, um eine langfristige Produktions- und Vertriebsstrategie zu entwickeln. Darüber hinaus sollen weitere Investoren gewonnen werden, um die Finanzierung der Serienproduktion und den Markteintritt zu sichern. Ettenberger-Bornberg: „Mittel- bis langfristig steht die Markteinführung in den Zielmärkten wie Gesundheitswesen und Haushaltsbereich an, wobei der Fokus auf der Skalierung der Produktion und der breiten Einführung des Produkts liegt. Es wird geplant, internationale Partnerschaften zu schließen. Langfristig soll der Hygieneroboter zu einer revolutionären Lösung für die Hygiene in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Haushalten werden, mit einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Produkts, um den wachsenden Anforderungen der verschiedenen Märkte gerecht zu werden.“ Letztendlich strebe man an, den Hygieneroboter als führende Technologie im Bereich der autonomen Reinigung und Desinfektion zu etablieren.
Vielversprechende Zukunft
Ähnlich vielversprechend sieht man auch bei Markas die robotisierte Hygienereinigung. Meindorfer: „Der Bedarf an zuverlässigen und effizienten Hygienelösungen wächst stetig. Ein zentrales Ziel ist es, Hygienemaßnahmen so zu gestalten, dass sie möglichst unabhängig von menschlichen Fehlern funktionieren. Durch den Einsatz intelligenter Robotersysteme kann die Desinfektion standardisiert, präziser und verlässlicher durchgeführt werden.“ Die Robotertechnik entwickelt sich kontinuierlich weiter und wird zunehmend intelligenter. Es sei daher absehbar, dass solche Systeme in Zukunft immer häufiger in hygienekritischen Bereichen zum Einsatz kommen, um bestehende Reinigungsverfahren zu ergänzen und weiterzuentwickeln. Meindorfer: „Ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieser Technologie ist jedoch die kontinuierliche Anpassung an die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer. Nur wenn die Robotersysteme praxisnah entwickelt und an reale Anforderungen angepasst werden, können sie sich langfristig auf dem Markt etablieren und einen echten Mehrwert bieten.“