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Zeitgemäße Zahlen für eine moderne Branche

Die ÖNORM D 2250 „Quadratmeterleistungen“ ist als Entwurf zur Begutachtung freigegeben und soll voraussichtlich gemeinsam mit dem neuen Rahmenkollektivvertrag ab 2015 Gültigkeit haben.

Text: Hansjörg Preims

Im derzeitig gültigen Rahmenkollektivvertrag für Angestellte in der Gebäudereinigung sind für die Lohngruppe 5 und 6 Zahlen hinterlegt, nach denen eine „im Durchschnitt objektbezogene Leistung bis 195 Quadratmeter pro Stunde bei einer täglichen Reinigung zulässig“ ist (für Nasszellenbereiche wie Toilettenanlagen und Waschräume ist eine Reinigungsleistung bis zu 60 Quadratmeter Bodenfläche pro Stunde zulässig). Diese 195 Quadratmeter sind aber nicht dahingehend definiert, ob das überall so berechnet wird, ob es eine durchschnittliche, eine überdurchschnittliche oder unterdurchschnittliche Größe ist, ob diese Zahl für ein Bürohaus gerechnet ist oder für ein Krankenhaus. Wobei es bei Krankenhaus-Bedingungen gar nicht möglich wäre, so viele Quadratmeter pro Stunde zu leisten. „Das heißt also, es gibt keine Definition für Sichtreinigung, keine für Vollreinigung, es fehlen viele Parameter, um das greifen zu können“, umreißt Bundesberufsgruppenobmann Gerhard Komarek den Status quo. Und die große Gefahr dabei sei: „Wenn alles nur mehr mit 195 Quadratmeter ausgeschrieben werden kann, werden sich die Institutionen und Betriebe – zumal die Öffentlichen – das nicht mehr leisten können. Vor allem deswegen wurden ja bereits in den letzten Jahren die Leistungsverzeichnisse stark reduziert. Früher sind beispielsweise fünfmal pro Woche Böden und Oberflächen gereinigt worden, mittlerweile reduziert sich das auf einmal in der Woche Böden, einmal in der Woche Oberflächen, Sanitärbereiche noch jeden Tag, spezielle Bereiche wie Archive und Lager nur mehr einmal im Quartal, bestimmte andere Dinge nur einmal im Jahr.“ Da könne man nicht mehr davon ausgehen, dass diese 195 Quadratmeter noch adäquat seien, weil auch eine Vollreinigung bis auf wenige Bereiche kaum mehr beauftragt werde. „Wir müssen also für eine moderne Branche auch zeitgemäße Möglichkeiten und Zahlen zur Verfügung stellen“, so Komarek.
Daher haben die Arbeitnehmervertretung und die DFG-Interessensvertretung sich darauf geeinigt, entsprechend realistische Quadratmeter-Zahlen zusammenzustellen und zu liefern. „Keine, die wir neu erfinden, sondern Zahlen, die in der Branche üblich sind und die auch in anderen Ländern rund um Österreich bereits verwendet werden“, wie Komarek weiter betont.
Diese Zahlen wurden nun in Form einer Norm – der ÖNORM D 2250 „Quadratmeterleistungen“ – erstellt, um den Betrieben, aber auch den ausschreibenden Stellen die Möglichkeit zu geben, sich an Zahlen zu orientieren, die unterscheiden in geringen, mittleren und hohen Leistungen, um hier Abgrenzungsmöglichkeiten zu schaffen. Wobei aber nicht in Objekten unterteilt wird – Bürogebäude, Industriegebäude, Krankenhaus oder Verkehrsmittel –, sondern in raumspezifisch genutzten Bereichen. Am 24. Juni 2014 wurde in einer Sitzung des Normenkommitees diese Norm als Entwurf zur Begutachtung freigegeben. „Und wenn alles klappt, sollte diese dann gemeinsam mit dem neuen Rahmenkollektivvertrag ab 2015 Gültigkeit haben“, sagt Komarek.


Auch Deutschland diskutiert über Leistungszahlen

In Deutschland wird die Diskussion um ein Pro- und Kontra von konkreten und relativen Leistungswerten schon seit Jahrzehnten geführt. Christine Sudhop, Stellv. Geschäftsführerin des Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks: „Leistungswerte sind ein Teil des Qualitätsrahmens im Rahmen eines Werkvertrages und extrem abhängig von Reinigungsintervallen, Ausstattung von Reinigungsobjekten und Beschaffenheit derselben. Es existieren zwar einige veröffentlichte Angaben zu Leistungswerten von Beratern und Institutionen, mit in der Regel großen Spannbreiten und ergänzt um den Hinweis, dass die konkreten Werte immer objektspezifisch zu erheben sind. Aus diesem Grund sind sie weder für Auftraggeber noch für Auftragnehmer wirklich in einem konkreten Objekt hilfreich. In Arbeitsverträgen bzw. Tarifverträgen spielen sie in Deutschland keine Rolle, da der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen konkreten Stundenlohn hat und nicht auf einen Leistungslohn.“


„Eines der Mittel, die Qualität zu heben“

Mag. Peter Fiedler, Geschäftsführer ASSA Objektservice GmbH, zur neuen ÖNORM „Quadratmeterleistungen“.

Herr Fiedler, Sie arbeiten auch im Innungsausschuss mit. Inwiefern soll die neue ÖNORM für Quadratmeterleistungen die Rahmenbedingungen der Branche verbessern?
Für den Bereich der täglichen Büro-Unterhaltsreinigung oder Vollreinigung sind die 195 Quadratmeter pro Stunde, wie sie im derzeitigen Kollektivvertrag stehen, ja grundsätzlich in Ordnung. Aber für alle anderen Bereiche, wo zum Beispiel Tische oder Böden nur einmal oder dreimal wöchentlich gereinigt werden sollen, ist der Kollektivvertrag so natürlich nicht geeignet, vor allem auch, wenn es um Spezialbereiche geht wie in Krankenhäusern oder in Industriebetrieben. Daher war eine schärfere Präzisierung der Leistungszahlen notwendig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es ja leider viele Unternehmen in unserer Branche gibt, die den Marktdruck, dem sie ausgesetzt sind, in vielfacher Art und Weise auch teilweise auf dem Rücken der Mitarbeiter abladen. Diese Norm könnte eines der Mittel sein, die Qualität in der Branche etwas zu heben und die Mitarbeiter weniger unter Druck zu setzen. Vorausgesetzt, es würde dann auch kontrolliert, ob diese Quadratmeterleistungen tatsächlich im Wesentlichen eingehalten werden.

Peter_Fiedler
Peter Fiedler

Wie soll das – ich nehme an, Sie meinen, besser als bisher – kontrolliert werden?
Es wird ja einiges schon durch das Arbeitsinspektorat kontrolliert. Teilweise wird auch durch Lohnsteuerprüfungen kontrolliert, ob Mitarbeiter angemeldet sind und wie angemeldete Mitarbeiter bezahlt werden. Aber man könnte zum Beispiel mit den Kunden gemeinsam evaluieren, wie kalkuliert worden ist, was die Parameter der Kalkulation waren, was die Parameter der Ausschreibung waren, welche gesetzlichen Vorgaben einzuhalten sind usw. Da gibt es verschiedene mögliche Kontrollmechanismen, die nicht unbedingt nur direkte sein müssen. Es wäre auch wünschenswert, dass verstärkt kontrolliert wird, ob alle Mitarbeiter in den Objekten entsprechend angemeldet sind. Persönlich hätte ich jedenfalls keine Angst davor.

Und was soll diese ÖNORM den Unternehmen bringen?
Eine Erleichterung ist jedenfalls zu vermuten: Teilweise unterrichte ich auch die angehenden Gebäudereinigungsmeister, und da werde ich beim Thema Fachkalkulation immer gefragt, was realistische Quadratmeterleistungen sind. Derzeit ist es so, dass man sagt, jedes Unternehmen sollte durch Erfahrung entsprechende realistische Zahlen für die unterschiedlichen Bereiche „ersammelt“ haben, sprich: wie schnell Büroflächen gereinigt werden können, Klassenräume usw. Unterm Strich sollte man mit dem gesamten Mix nicht über 195 Quadratmeter in der Stunde kommen – allerdings bei „täglich alles reinigen“ oder „Vollreinigung“, und das ist es, was selbst die Unternehmen, die sich an das Gesetz halten, dann ein bisschen in Bedrängnis bringt. Denn wenn der Kunde das Leistungsverzeichnis verringern möchte, um von den Kosten herunterzukommen, kann man auf der anderen Seite nicht einen Mitarbeiter mit den 195 Quadratmetern (entspricht der Vollreinigung) einsetzen, wenn er das tatsächlich gar nicht alles macht (sondern nur Intervall- oder Sichtreinigung). Hier ist natürlich eine Differenzierung der Quadratmeterleistungen hilfreich, da diese durch den derzeitigen Kollektivvertrag nicht abgedeckt ist. Da es derzeit allerdings immer seltener der Fall ist, dass eine echte Vollreinigung von den Kunden beauftragt wird, brauchen die Unternehmen auch einen legalen Weg, höhere Quadratmeterleistungen, welche aus einer Reduktion des Leistungsverzeichnisses tatsächlich entstehen, anzubieten.

Welche Rolle spielt die Gewerkschaft in diesem Zusammenhang?
Die Gewerkschaft ist hier natürlich auch entsprechend mit eingebunden, und ich hoffe, dass sie auch einen ernstzunehmenden Versuch der Kooperation startet, so dass man wirklich sagen kann, man schaut auf der einen Seite auf das Wohl der ordentlich arbeitenden Mitarbeiter und andererseits auf eine Legalisierung der Unternehmen, die seriös arbeiten. Das heißt, es gäbe dann sozusagen Maximal-Kalkulationswerte, die dann auch entsprechend vereinfacht überprüfbar wären. Wobei dann, wie gesagt, teilweise auch kontrolliert werden müsste, ob diese Quadratmeterleistungen eingehalten werden. Und auch ein ganz wichtiger Punkt, wenn gestritten wird: Die Gerichtssachverständigen haben dann auch die Möglichkeit, Referenzwerte bieten zu können.

Aber was ist der Vorteil, wenn die präzisierten Leistungszahlen in einer Norm stehen und nicht mehr im KV?
Der Vorteil einer Norm ist natürlich, dass sie keinen absolut rechtsgültigen Charakter hat, damit ist eine positive Legalisierung möglich. Andererseits aber haben die Qualitätsnormen, welcher Art auch immer, auf dem Markt sehr wohl ein großes Gewicht. Speziell auch, wenn im Fall von Rechtsstreitigkeiten auf diese Werte referenziert wird. Das heißt, eine Norm stellt, obwohl ohne direkte rechtsbindende Wirkung, den state of the art dar, sie repräsentiert ein Qualitätskriterium, das eine gewisse Zugkraft hat. Und indem man die Leistungszahlen aus dem Kollektivvertrag herausnimmt, können sich die Unternehmen ein bisschen leichter bewegen. Die seriösen Unternehmen bewegen sich ohnehin nur im Rahmen dessen, aber die Korrekturfunktion ist dann nicht mehr so stark notwendig. So würde ich persönlich es interpretieren.

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