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Ende in Sicht?

Wie und wie sehr wird bei Ausschreibungen getrickst.

Text: Christian Wolfsberg

Und wieder eine „hochpreisige“ Ausschreibung, wie wir sie alle kennen und lieben: Beim Pflegeheim Attnang-Puchheim wurde das Angebot mit umgerechnet 13,26 Euro/Stunde an erster Stelle gereiht (der Zuschlag wurde bei Redaktionsschluss noch nicht erteilt). Aber auch die anderen Bieter auf den „Podestplätzen“ waren nicht weit davon entfernt. Da sich die Ausschreibung an die neue ÖNORM 2050 hält und somit an den 1.289,27 Stunden pro Monat nicht zu rütteln ist, stellt sich wieder einmal die Frage, wie bei einem gesetzlichen Stundensatz von 8,28 Euro/Stunde (Lohngruppe 5, Pflegeanstalten) der „Sieger“ auf diesen Super-Sonder-Ausverkaufs-Preis kommt? Unserer Rechnung nach kostet der nackte Mitarbeiter, ohne Fetzen, zu Fuß nach Attnang, zumindest 14,68 Euro/Stunde. Der Innungskalkulator kommt ohne Krankenstandtstage, ohne Material etc. auf 15,17 Euro/Stunde. Alles sehr weit von realen 19 Euro/Stunde!

Faktum ist, dass es offensichtlich immer noch zu viele Schwarze Schafe gibt, die ihre Angebote bei Ausschreibungen so hintricksen, dass sie auf unheimliche, teilweise illegale Stundensätze wie etwa in Attnang-Puchheim kommen. Einkäufer Gunther Werber von der BBG: „Jeder Anbieter geht heute sowieso schon an das Maximum der ÖNORM 2050, da ist nicht mehr viel drin. Es gibt auch kaum mehr Angebote, die mit Referenzen argumentiert werden – das kann sich auch niemand mehr leisten!“ Auch Christoph Guserl von AGUS meint „die Quadratmeter-Leistung ist ausgereizt, es wird jetzt wieder vermehrt mit dem Stundensatz gearbeitet.“

Die gesamte Branche leidet seit Jahren unter diesem schleichenden Preisverfall, am meisten leiden aber die ohnehin nicht fürstlich bezahlten Mitarbeiter, auf dessen Rücken das großteils ausgetragen wird. Das seit 1.1.2015 wirkende Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetz ist zwar vom Ansatz her gut, weil nun das gesamte Entgelt und nicht nur der Grundlohn thematisiert wird, das Gesetz kann aber wiederum nur dann zu wirken beginnen, wenn sich Mitarbeiter finden, die die Bestimmungen einklagen oder melden. Da ja meist nur nach Beendigung eines Dienstverhältnisses fehlendes Entgelt eingefordert wird, ist zu hoffen, dass zumindest die dreijährige Verjährungsfrist zu mehr Nutzung führen wird.

„Auch der Kunde ist gefordert zu überprüfen, was er bezahlt“

Alle Seiten meinen, dass die ÖNORM 2050 das bisherige Spiel mit den Quadratmeter-Leistungen nahezu zum Erliegen gebracht hat. Es ist aber dennoch noch einiges zu tun. Guserl: „Ohne Kontrolle seitens des Auftraggebers geht es nicht. Wenn sich der Auftraggeber betrügen lässt, ist er selbst dafür verantwortlich. Verpflichtende Stunden in Kombination mit einen Zeiterfassungssystem helfen. Auch rigorose Vertragsstrafen sind sinnvoll. Letztlich ist aber immer auch der Kunde gefordert, zu überprüfen, was er bezahlt.“ Gunther Werber meint: „Mir gefällt der deutsche Weg, die Auftraggeberhaftung zu verstärken. Wenn Kunden auch in die Pflicht genommen werden, werden sie sich ihre billigen Zuschläge besser überlegen. Betreffend dem Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetz: vielleicht sollte man da eine Business-Case-Rechnung anstellen. Eine Gegenüberstellung vom Aufwand das Gesetz zu überprüfen, zu Erlöse aus den Strafen. Die SV, die AK oder Gewerkschaft könnte überprüfen, müsste dann aber auch in den Genuss der verhängten Strafen kommen.“

Preise wie der oben genannte sind aber vielleicht nicht nur das Resultat von puren Tricksereien, sondern involvieren vielleicht auch einige Subunternehmer, oder EPUs. Am ehestens hätten es die Auftraggeber in der Hand, den Tricksereien ein Ende zu bereiten. Mehr Kontrolle und mehr Kommunikation zwischen dem Einkäufer und dem Abnehmer der Leistung sind hier die Schlagworte. Ein Ende ist zwar noch nicht ganz in Sicht – Tricksereien wird es in der einen oder anderen Form wohl immer geben – aber schön langsam werden die Stricke enger gezogen.


„Die gängigste Trickserei ist die Stundenkürzung“

Die Sozialpartner im Gespräch: Mag. Karl Reiff, Bundessparte Gewerbe und Handwerk, und Ursula Woditschka, VIDA Fachbereich Gebäudemanagement.

Ursula Woditschka
Ursula Woditschka

Was wissen Sie von Tricksereien bei den Angeboten?

Ursula Woditschka: „Die erwähnten Stundenkürzungen, die auffällig wenigen Krankenstandstage, das Tricksen mit der 90 Prozent KV-Entlohnung und den AMS-Förderungen sind mir alle bekannt. Es gibt auch noch das Weglassen von Zulagen, wie zum Beispiel der Infektionszulage in Spitälern. Dadurch ist dann halt ein Unternehmen etwas günstiger. Aber die gängigste Trickserei ist mit Sicherheit die Stundenkürzung.“

Das neue verschärfte Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz bringt Abhilfe?

Karl Reiff: „Es ist ein weiterer wesentlicher Puzzlestein für einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmern. Schon bisher war die Unterschreitung des KV-Grundlohnes illegal. Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz erweitert das nun auf das gesamte, dem Arbeitnehmer zustehende Entgelt aus. Nicht nur der Grundlohn, sondern Überstunden, Zulagen, Zuschläge, Sonderzahlungen … Alles was nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag als Entgelt zusteht. Das neue Gesetz gegen die Unterentlohnung ist eine deutliche Verschärfung und eine Verschärfung mit empfindlichen Strafen: mindestens 1.000 bis 10.000 Euro pro Mitarbeiter, im Wiederholungsfall das Doppelte!“

Wer kontrolliert bzw. bestraft und wie lange kann bestraft werden?

Reiff: „Kontrollbehörden sind die Gebietskrankenkassen, die Finanzpolizei bzw. im Baubereich die BUAG. Der Mitarbeiter kann seine Ansprüche gerichtlich geltend machen oder Mitteilung an die AK oder Gewerkschaft machen, die dann ebenfalls tätig werden. Stellen die Kontrollbehörden fest, dass das zustehende Entgelt unterschritten wird, erstatten sie Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde. Kommt die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren zum Ergebnis, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, hat sie eine Verwaltungsstrafe zu verhängen. Der Mitarbeiter wird über eine erfolgte Bestrafung von den Kontrollbehörden informiert. Ganz wesentlich ist, dass sich die Verjährungsfrist ab heuer (1.1.2015) auf drei Jahre ab Fälligkeit des Entgelts verlängert. Eine Trickserei kann dadurch länger geahndet werden.“

Was hat die neue ÖNORM gebracht?

Woditschka: „Alle wissen nun, wie viel Leistung pro Stunde genau zu erbringen ist. Eigentlich ist alles nun recht simpel: Der Auftraggeber definiert die Leistung, der Auftragnehmer kalkuliert sie, der Arbeitnehmer führt sie aus. Sparen kann man über die Definition der Leistung, die Technik und über die Beratung, was und wie oft gereinigt wird. Gefordert ist aber immer der Auftraggeber, der schafft an, der kontrolliert die Leistung.“


Die gängigsten Tricks

Stundenkürzungen.

Es werden zum Beispiel 5 Stunden angeboten, aber nur 4-4,5 Stunden geleistet. Dabei kann es auch zu einer Art verstecktem Akkord kommen, wobei der Mitarbeiter dann die Arbeit von 5 Stunden in 4-4,5 schaffen muss.

Krankenstandstage.

Laut Statistik Austria gab es 2014 im Durchschnitt 12,3 Krankenstandstage pro Erwerbstätigen. Viele Reinigungsunternehmen schaffen es, diese bis auf 0 zu senken und lassen diese geringen Krankenstandstage auch gleich in ihr Angebot einfließen.

Neue Mitarbeiter.

Laut KV ist es zulässig, neuen Mitarbeitern in der Sonderreinigung nur 90 Prozent des KV-Lohns zu bezahlen. Daher gibt es dann oft extrem viele neue Mitarbeiter …

AMS-Förderungen.

Vom AMS geförderte Mitarbeiter finden mit ihrem geringeren Aufwand selbstverständlich Eingang in die Kalkulation.

Maschineneinsatz.

Oft wird ein Maschineneinsatz einkalkuliert, um auf höhere Quadratmeter-Leistungen zu kommen. Abgearbeitet wird die Fläche aber wie bisher – manuell.

Zuschlagen. 

Zulagen, die vorgesehen sind, aber weder in die Kalkulation des Unternehmers einfließen noch dem Mitarbeiter ausbezahlt werden.


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