Wie Hausbetreuer die Digitalisierung auch für neue Geschäftsfelder nutzen können.
Text Hansjörg Preims
Reinigungsunternehmen sind regelmäßig in den Häusern unterwegs und tragen direkt mit ihrer Reinigungsleistung zur Verkehrssicherheit von Liegenschaften bei. Meist meldet das Personal auch Mängel, die auffallen. Einige Reinigungsdienstleister bieten die Mängelmeldung als besonderes Service an, zusätzlich honoriert oder als zusätzlichen Vorteil, um den Auftrag der Hausverwaltung zu erhalten. Die ÖNORM B 1300 (erschienen 2012) bietet ein ausgezeichnetes Gerüst für Gutachter für die Einordnung der Mängel nach Gewerken. Mängelbegehungen in einem Bestandshaus werden systematisiert und die Dokumentation der Begehung für das Gebäudebuch wird entsprechend vorgegeben. Und gerade ein gutes Instrument regt zu noch Besserem an: „Wir haben uns dann überlegt, dass es für systematische Begehungen doch sinnvoll wäre, gleich auch ein Tool dazu zu haben“, sagt Bluesave-Geschäftsführerin Doris Wirth, „und wollten am Markt ein solches Tool kaufen, haben aber festgestellt, dass es diesbezüglich nichts gab.“ Im Bereich der kaufmännischen Buchhaltung gebe es zwar ausgezeichnete Programme, die aber immer dann ihr Ende fänden, wenn es darum gehe, die technische Beschaffenheit eines Gebäudes und die zugehörigen Prozesse in dem Programm abzubilden. Hierfür gebe es so gut wie keine brauchbaren Verwaltungsprogramme, nur verschiedene Dokumentationshilfen, die aber nicht sehr umfassend seien. Man habe sich dann – schon 2012 – überlegt, wie so ein „Gebäudebuch“ aussehen müsste, damit es den verschiedenen Interessenten rund um eine Immobilie – dem Eigentümer, den Mietern usw. – bestmöglich dienen könne. Und mit der neuen Verordnung vom „Bauwerksbuch“ der Stadt Wien habe man dann auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Verfügung gehabt, wo sich die ÖNORM B1300 gut habe einbetten lassen.
Interaktives und kollaboratives Instrument
Unter diesen günstigen Voraussetzungen entschlossen sich die Experten von Bluesave, ein Tool für den Gutachter, den Verwalter, den Hausreiniger und andere Professionisten zu entwickeln, also für alle Personenkreise, die daran interessiert sind, dass eine Immobilie instandgehalten bzw. verbessert wird und auch im technischen Bereich gut verwaltbar ist. „Denn woran es meistens krankt, sind eben die Schnittstellen zwischen diesen einzelnen Interessensgruppen, daher war es uns wichtig, ein intuitives, mobiles Instrument zu entwickeln, wo Menschen miteinander rund um die Immobilie zusammenarbeiten können.“, erklärt Wirth.
BLUEBOOK® heißt dieses Tool, ein webbasiertes Portal mit Mobil-Anwendungen, das unabhängig von der unternehmenseigenen IT die zentrale Drehscheibe für die technische Hausverwaltung darstellt. Zum einen dient es dem Gutachter für die Mängelbegehungen, wo jeder einzelne Mangel als „Ticket“ dann auch an den Professionisten weitergeleitet werden kann. Dieser bekommt also über einen eigenen Zugang SEINE Tickets, nach Liegenschaften und nach Verwaltungen geordnet, und kann so die Mängel in den verschiedenen Liegenschaften geordnet abarbeiten.
Dem Hausreiniger wiederum bietet dieses System nicht nur die Möglichkeit, kleinere Mängel an die Hausverwaltung zu melden, sondern auch seine Termine, Fristen, Aufgaben und Verträge, also alles, was mit der eigenen Tätigkeit in der Immobilie verbunden ist, abzubilden. „Denn wir sehen immer wieder die Schwierigkeit eines Hausreinigers, dass zwar eine Liste im Haus aufgehängt ist, wo er abzeichnet, an einem bestimmten Tag da gewesen zu sein, dass sich dann aber irgendjemand aufregt und meint, der Hausreiniger wäre gar nicht da gewesen, weil es irgendwo noch eine Verschmutzung gebe“, sagt Wirth.
BLUEBOOK® löst dieses Problem, indem ein im Haus angebrachter NFC-Chip (Near Field Communication) mit dem Smartphone oder Tablet des Hausreinigers, das von Bluesave komplett vorinstalliert zur Verfügung gestellt wird, kommuniziert. In dem Moment, wo der Hausreiniger das Haus betritt, bekommt das Tablet also das Signal, dass er in dieser Liegenschaft angekommen ist und hier arbeitet. Und wenn er das Haus wieder verlässt, gibt es ebenfalls eine Zeitmarke, womit er nachweisen kann, dass er tatsächlich im Haus war und nicht einfach nur die Unterschriftenliste ausgefüllt hat.
Mehrwert für das Reinigungsunternehmen
„Diese Lösung ist sehr im Interesse der Hausreinigungsunternehmen“, betont Wirth, da diese sich nachweisbar davon abgrenzen können, wenn, nachdem der Reiniger das Haus verlassen hat, gleich wieder Schmutz entstehe. Und der Hausreiniger könne auch sofort gröbere Verschmutzungen dokumentieren – das Foto, das er mit dem Tablet davon mache, werde mit der Datenbank im Unternehmen in der Sekunde synchronisiert. Bei gröberen Verschmutzungen könne die Person, welche die Aufgabenverwaltung und das Auftragswesen im Unternehmen verantwortet, dann auch in der Hausverwaltung anrufen sowie das Reinigungspersonal mit sofortigen Zusatzaufträgen direkt unterstützen.
Darüber hinaus könnten die aufgenommenen Mängel auch einen Mehrwert für das Reinigungsunternehmen generieren, indem es sehr günstig der Hausverwaltung anbieten könne, kleinere Mängel sofort zu reparieren. Und wenn die Hausverwaltung ebenfalls das BLUEBOOK® für diese Liegenschaft verwende, habe auch der Verwalter diese Tickets in Echtzeit – sofern das Reinigungsunternehmen das so wolle.
„Es gibt also immer auch die Möglichkeit zu kommunizieren oder auch nicht, je nachdem, wie der einzelne Player in diesem Konstrukt agieren möchte“, so Wirth. „Es ergeben sich auch neue Geschäftsfelder für Hausreinigungsunternehmen – nämlich eben auch diese kleineren Mängel zu melden oder eventuell auch gleich zu reparieren, da der Auftrag von der Hausverwaltung ja sehr kurzfristig kommen kann, sprich: in der Zeit, während der Reiniger noch dort ist.“ Das spare zum einen Anfahrtswege für das Reinigungsunternehmen, zum anderen gäbe es dann wiederum ein größeres Auftragsvolumen, wenn diese Arbeiten zusätzlich auch gleich erledigt und in Rechnung gestellt werden können. Das beschleunige die Servicequalität und die Erledigungen in den jeweiligen Liegenschaften. Und mit einem solchen System könne eine Hausreinigung auch sofort für eine höhere Zufriedenheit im Haus sorgen, der Nutzen werde unmittelbar gestiftet. „Gleichzeitig“, so Wirth weiter, „hat das Reinigungsunternehmen über die NFC-Technologie auch die Sicherheit, unlöschbar bzw. nicht manipulierbar nachweisen zu können, dass es tatsächlich im Gebäude war.“
Zeitstempel hält auch vor jedem Richter
Warum wurde das so streng gemacht? Doris Wirth: „Wenn wir als Gutachter ein Haus begehen und einen Mangel aufnehmen, bekommt dieser Mangel auch einen Zeitstempel. Zum Beispiel eine ausgetretene Stufe im Stiegenhaus: Der Mangel wurde festgestellt, gemeldet und repariert. Wenn nun ein Unfall passiert, für den jemand diese ausgetretene Stufe für einen Sturz verantwortlich macht, können wir mit diesem Zeitstempel nachweisen, wann der Mangel festgestellt, wann er repariert wurde und dass der Unfall eventuell erst danach passiert ist. Damit ist die Hausverwaltung aus der Haftung – und diese Zeitstempel halten auch vor jedem Richter.“
Als deutlichsten Vorteil des BLUEBOOK®-Systems hebt Wirth die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit hervor – „weil die einzelnen Tickets, die aufgenommen werden, in einen Workflow eingepasst werden können.“ Zumal wenn ein Reinigungs- oder Hausbetreuungsunternehmen, das unter anderem auch Reparaturdienste in Liegenschaften anbietet, nach einer Mängelbegehung die entsprechende Befundung ins eigene Büro schickt. Der Bearbeiter dort kann sagen, ob es sich um einen Mangel handelt, der innerhalb des vertraglichen Rahmens zu erledigen ist, oder ob gleich ein eigenes Angebot gelegt werden kann; wenn es sich zum Beispiel um einen größeren Putzschaden an der Fassade im dritten Stock handelt, der nur mit Hilfe einer Hebebühne behoben werden kann. Der Bearbeiter im Reinigungsunternehmen kann die entsprechenden Tickets jedenfalls schon entsprechend ordnen: ein Ticket mit der Erledigungsmeldung des Mitarbeiters an die Firmenzentrale, weil dieser den Mangel schon behoben hat; oder ein Ticket „Putzschaden an der Fassade im dritten Stock“ inklusive Fotos und mit dem entsprechenden Angebot über BLUEBOOK® an den Bearbeiter in der Hausverwaltung, sofern diese ebenfalls mit diesem System arbeitet. Somit hat der Bearbeiter des Reinigungsunternehmens alle Tickets am selben Tag vom Tisch, und der Ball liegt bei der Hausverwaltung.
Es muss also gar nicht mehr über Mail und mit zig Megabyte-Daten kommuniziert werden, sondern diese Tickets werden innerhalb der Datenbank aufgemacht – immer mit dem jeweiligen aktuellen Status. Das heißt, ein Ticket durchläuft einen bestimmten Workflow und kann in der Hausverwaltung direkt wieder bearbeitet werden. Diese kann so innerhalb des Tickets die Hausbetreuungsfirma mit einer sofortigen Erledigung beauftragen, und innerhalb des Tickets geht dann auch Erledigungsmeldung wieder an die Hausverwaltung zurück. Will die Hausverwaltung, bevor sie die Rechnung freigibt, die Erledigung vor Ort noch überprüfen, macht sie das, stellt dann das Ticket auf dem eigenen Tablet auf „quittiert“, und damit geht automatisch die Mitteilung an die Buchhaltung, dass die Rechnung freigegeben ist.
„Diese Workflows machen das BLUEBOOK®sehr stark“, resümiert Doris Wirth. Das System könne von jedem Professionisten, von jedem Gutachter, aber auch von jeder Hausverwaltung ganz einfach bedient werden. „Und – ein weiteres Feature, das sehr wichtig für die Reinigungsunternehmen ist, weil ihr Personal üblicherweise nicht unbedingt IT-affin ist: „Diese Tablets werden vorinstalliert geliefert und sind absolut intuitiv, sie funktionieren wie ein Smartphone, mit dem eigentlich jeder umgehen kann, und sie sind sehr klar in der Benutzeroberfläche. Dadurch, dass wir auch mit Icons arbeiten, besteht auch nicht die Notwendigkeit, dass das Reinigungspersonal perfekt deutsch spricht. Außerdem werde wahlweise die Bedieneroberfläche in vielen verschiedenen Sprachen angezeigt.
„Das BLUEBOOK® wird nicht nur in Österreich, sondern auch schon in Deutschland vertrieben, ganze Gemeinden, z.B. Bad Tölz, stellen dort ihre technische Gebäudeverwaltung bereits auf unser System um“, sagt Wirth. „Sobald wir eine gute Verbreitung in Österreich und Deutschland haben, werden wir auch den Schweizer Markt erobern!“ j