Helga Weißensteiner ist „Hausdame“ und „Leiterin Etage“ im Herz-Kreislauf-Zentrum Groß Gerungs, das auch ein Vier-Sterne-Hotel beherbergt. Von den Gästen sind 85 bis 90 Prozent Patienten des Rehabilitationszentrums und zum Teil auch deren Begleitpersonen, 10 bis 15 Prozent sind Privatgäste. Frau Weißensteiner über einen „Multi-tasking“-Beruf mit besonderen Herausforderungen. Und darüber, wie es gelingt, den Stellenwert der Etage/Stubenfrauen anzuheben.
Text Hansjörg Preims
Reinigung aktuell: Frau Weißensteiner, welche Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten umfasst in Ihrem Fall die Funktion der „Hausdame“?
Helga Weißensteiner: Ich habe hier im Herz-Kreislauf-Zentrum Groß Gerungs zwei Funktionen: die der „Hausdame“ und die der „Leitung Etage“ – das sind zwei verschiedene Wirkungsbereiche. Als „Hausdame“ wirke ich bei Gäste- und Betriebsveranstaltungen mit, zum Beispiel beim „Gäste-Cocktail“, und wenn die Patienten nach Hause fahren, gibt es bei uns eine Veranstaltung, die sich Xundwärts-Heimwärts nennt, bei der ich die Patienten verabschiede. Ich mache Hausführungen, wirke auch bei Planungs-, Renovierungs- und Instandhaltungsprojekten mit, ich verwalte die gesamte Dienstkleidung von allen 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Praktikanten im Haus sowie die Hotelwäsche. Weiters bin ich als „Hausdame“ verantwortlich für Dekoration und Blumenschmuck im Haus und im Außenbereich, für Kontrolle der Gästezimmer und Verwaltung der Mitarbeiter-Garderoben.
Als „Leiterin Etage“ mit rund 30 Mitarbeiterinnen obliegt mir die Mitarbeiterführung, die Koordination des quantitativen und qualitativen Mitarbeiter-Einsatzes sowie die ganze Planung und Organisation – Dienstpläne, Urlaubspläne und Kontrolle der Arbeitsabläufe. Wir arbeiten zurzeit auch an der Zertifizierung QMS-Reha. Weiters habe ich natürlich für die Einhaltung von sehr vielen Hygienevorschriften nach gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen, da wir neben dem Hotel auch eine Sonderkrankenanstalt für Herz-Kreislauf-Patienten sind. Und last not least bin ich, was meinen Bereich betrifft, auch für die ganze Rechnungskontrolle und die Bestandsverwaltung verantwortlich.
Wie erleben Sie die Wertschätzung Ihrer Tätigkeit? Entspricht diese dem, was eine „Hausdame“ – und in Ihrem Fall auch eine „Leiterin Etage“ – alles leisten muss, oder wird diese Leistung Ihrer Meinung nach zu wenig gesehen bzw. wertgeschätzt?
In unserem Unternehmen erlebe ich eine hohe Wertschätzung meiner Tätigkeit – und auch eine hohe Wertschätzung meinen Mitarbeiterinnen gegenüber. Das habe ich mir auch mit viel Engagement und Fleiß erarbeitet – in den mittlerweile 18 Jahren, die ich in diesem Haus tätig bin. In unserem Haus lege ich größten Wert auf das Wort „reinigen“ statt „putzen“. Vor einigen Jahren habe ich schon im allgemeinen Sprachgebrauch, Arbeitsabläufen, Checklisten etc. das Wort Putzen durch Reinigen ersetzt. Es gibt keine Putzmittel und Putztücher, sondern Reinigungsmittel und Reinigungstücher, und wir putzen nicht, sondern wir reinigen unser Haus. Dies sehe ich als einen wichtigen Beitrag, den Stellenwert der Etage/Stubenfrauen anzuheben, was mir in unserem Haus gelungen ist.
Welchen Qualifikationsweg sind Sie gegangen?
Ich bin in einem Elternhaus mit Gastwirtschaft groß geworden, habe die Doppellehre Koch/Kellner bzw., wie es mittlerweile heißt, die Lehre zum Restaurantfachmann /zur Restaurantfachfrau absolviert und später auch die Konzessionsprüfung abgelegt. Vor 18 Jahren habe ich dann hier im Herz-Kreislauf-Zentrum Groß Gerungs meine berufliche Laufbahn begonnen, zunächst drei Jahre im Service, dann wurde mir von der Geschäftsführung die Stelle der Hausdame und Leitung Etage angeboten. In diversen berufseinschlägigen Kursen am Wifi habe ich mich auch laufend weitergebildet, wie kaufmännische Weiterbildung, EDV und Dekoration. Und 2011 absolvierte ich den Ausbildungs-Lehrgang zur „Diplomierten Hausdame“ beziehungsweise „Dipl. Executive Housekeeper“ bei Frau Gabriele Perklitsch in Salzburg. Offiziell anerkannt ist der Beruf der „Hausdame“ nicht, aber im Betrieb hat mir dieser Ausbildungslehrgang sehr wohl zusätzliche Anerkennung gebracht sowie auch meiner ganzen Abteilung.
Haben Sie in Ihrem Haus für die Reinigungsdienstleistungen nur Eigenpersonal oder auch Fremdpersonal?
Wir arbeiten nicht mit externen Reinigungsdienstleistern zusammen, arbeiten schon immer nur mit eigenen Mitarbeitern. Wir haben kein Personal, wir haben Mitarbeiter. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter identifizieren sich mit dem Unternehmen, sie wissen, worauf wir Wert legen im Haus. Sie haben auch das Leitbild, das wir vor einigen Jahren neu für unser Haus erstellt haben, verinnerlicht, sie kennen die Unternehmensziele und -werte. Wichtig ist bei uns auch, dass die Beschäftigten der Etage, da sie immer vor Ort sind, die Angebote und Abläufe im Haus genau kennen und den Gästen und Patienten daher auch darüber Auskunft geben können sowie auch über die Region. Ich sehe es in unserem Fall also nur positiv, mit eigenen Mitarbeitern zu arbeiten. Man kennt sich untereinander, die Teambildung ist sehr gut. Das einzige, wofür ich zweimal im Jahr eine externe Reinigungsfirma beauftrage, ist ein Teil der Fensterreinigung – im Restaurant und in den großen Bewegungsräumen.
Man muss auch sagen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus sehr viele Goodies in Anspruch nehmen können. Wir haben zum Beispiel ein neues Mitarbeiter-Wohnhaus gebaut und kürzlich eröffnet, haben ein eigenes Mitarbeiter-Restaurant, können auch Essen für unsere Familien mit nach Hause nehmen, der Betriebsrat organisiert diverse Veranstaltungen, und wir bieten umfangreiche Angebote in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Mentale Gesundheit im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung „Xund & fit“ für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Welche besonderen Fähigkeiten und Stärken – fachlich und menschlich – sind in Ihrem Beruf besonders wichtig?
Fachlich gibt es viele Möglichkeiten, zu diesen Beruf zu gelangen, zum Beispiel über die Hotelfachschule oder die Lehre. Meinen Weg habe ich schon beschrieben. Und ich kann nur sagen, dieser Beruf war für mich von Anfang an wie geschaffen. Auch menschlich, denn man muss diesen Beruf mit Leidenschaft und Liebe zum Detail ausüben. Sehr wichtig ist mir auch ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit meinen Mitarbeiterinnen und Einfühlungsvermögen ihnen gegenüber, ein Gefühl dafür, wie man ihnen entgegenkommen kann. Wir haben Unternehmensziele und Abteilungsziele, und diese gemeinsam zu erreichen, ist ganz wichtig. Bei den unterschiedlichsten Aufgaben, die ich zu erfüllen habe, gehört natürlich auch Organisationstalent dazu. Auch Durchsetzungsvermögen, Zielstrebigkeit und Kritikfähigkeit. Lösungsorientiert zu arbeiten, ist auch ganz wichtig, denn es kommen immer wieder auch Herausforderungen auf einen zu, für die man kurzfristig Lösungen finden muss. Und nicht zuletzt kommt mir in diesem Beruf auch sehr zugute, dass ich kommunikationsfreudig bin.
Was sind die größten Herausforderungen in diesem Beruf?
Eine große Herausforderung ist sicher, den unterschiedlichsten Aufgaben meines Berufes gerecht zu werden. Es ist ein sehr abwechslungs- und facettenreicher Beruf, der viel Kreativität und ein hohes Maß an Flexibilität erfordert – aber auch Disziplin. Denn es gilt, sowohl den Interessen der Geschäftsführung als auch denen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht zu werden und beides gut zu vereinbaren.
Frau Weißensteiner, danke für das Gespräch!
Es hat mich sehr gefreut, dass Sie in Ihrem Fachmagazin das Thema Wertschätzung der Hausdame/Etage aufgreifen und dadurch der Stellenwert unserer Branche vielleicht mehr Beachtung erfährt.