Für die Hausfrau ein mehr oder weniger beliebiger Griff ins Supermarktregal, sind Reinigungstücher für den professionellen Anwender eine kleine Wissenschaft.
Text Hansjörg Preims
Als die ersten Microfasertücher in Europa auf den Markt kamen, war es für die Anbieter zunächst schwierig, ihre Kunden zu überzeugen, für dieses neuartige Textil das Vielfache eines Baumwolltuchs zu bezahlen. Aber das hat sich natürlich längst geändert. „Mittlerweile ist der Bereich Microfasertücher sehr hart umkämpft am Markt“, sagt Thomas Pachole, Geschäftsführer der Rezi Microfaserprodukte GmbH, die Anfang der 90er Jahre eines der ersten Unternehmen gewesen sei, das in Europa das Microfasertuch eingeführt habe. Am Rezi-Firmensitz in Lustenau werden Microfaser-Mopps, Microfaser-Tücher, Schwämme und Kupferprodukte „Made in Austria“ produziert. Der Preisdruck sei enorm, so Pachole, Hauptsache immer billiger – natürlich auf Kosten der Qualität. Rezi sei aber auch in der glücklichen Lage, dass es sehr wohl Händler und auch Gebäudereiniger gebe, die auf Qualität setzten. „Das ist also die Situation am Tüchermarkt“, fasst Pachole zusammen: „Teilweise sehr harte Preiskämpfe, aber auch einige Segmente und Nischen, wo wirklich hochqualitative Tücher nachgefragt werden – und zwar quer durch alle Bereiche, wie wir von den Großhändlern erfahren, denen wir unsere Tücher verkaufen.“
Eine viel höhere Qualität in der Reinigung als Tücher aus Kautschuk oder Baumwolle hat die Microfaser durch ihre Abrasivität allemal gebracht. Erstens, weil die Microfaser oder Mischfaser mit Microfaser bekanntlich mehr mechanische Wirkung auf die zu reinigende Oberfläche bringt, und zweitens, weil sie den Schmutz sehr gut aufnimmt und bindet und beim Auswaschen der Schmutz auch wieder leicht abgegeben wird, wohingegen ein Baumwolltuch den Schmutz und Wasser immer bindet.
Gleichwohl ist auf die richtige Verwendung beim Einsatz dieser Tücher immer zu achten. Christoph Guserl, Geschäftsführer der Gebäudereinigungsakademie der Wiener Gebäudereiniger: „Durch den Einsatz der Faltmethode können Wegzeiten, speziell die Zeit, die aufgewendet wird, um die Tücher in Eimern auszuwaschen, minimiert werden und die Reinigung kann effizient gestaltet werden.“ Ein weiterer Vorteil der Microfaser ist, dass die Oberflächenspannung des Wassers leicht herabgesetzt wird. Das bedeutet, dass die eigentliche Aufgabe der Tenside unterstützt wird – ein Effekt, den man bei der Baumwolle nicht hat.
Eingeschränkt spielen aber auch Baumwolltücher für die Dienstleister noch eine Rolle. „Weil sie meistens kostengünstiger sind; man kann Baumwolltücher auch sehr häufig auswaschen bzw. auskochen, aber die Qualität der Reinigung ist nie so gegeben wie mit einem Microfasertuch“, so Guserl. „Die Profis setzen Baumwolle eigentlich nur bei Moppbezügen ein, hier jedoch auch nur für die Bodenreinigung von geölten oder gewachsten Holzböden.“
Theorie und Praxis
Thomas Pachole, Rezi, stellt allerdings fest, dass Theorie und Anwendungspraxis bei den Reinigungstüchern oft stark auseinanderklaffen würden: „Beispiel Klinikum – für den Hygieneverantwortlichen ist die Reinigung ok, aber die Patienten und das Personal beschweren sich, dass die Böden nicht sauber sind – Stichwort Seifenfehler (Anm: Seifenfehler heißt, dass es bei Kombination von Desinfektionsmitteln mit Seifen bzw. anionischen Tensiden, wie sie beispielsweise in Reinigungsmitteln enthalten sind, es zu einer Verminderung oder auch zu einem kompletten Verlust der Reinigungs- bzw. Desinfektionswirkung kommen kann).“ Hier müsse man sich also die Frage stellen, womit gereinigt werde. Teilweise werde ganz stark desinfiziert, aber natürlich spiele auch auch die eingesetzte Mechanik eine wichtige Rolle. Es gebe zwar überall ein Qualitätsmanagement, auch was die Hygiene bei den Tüchern betreffe, wenn man aber wirklich die Details anschaue, sehe man den Unterschied zwischen dem, was auf dem Papier stehe, und der Praxis. „Man desinfiziert dann eben ein bisschen mehr – und kommt so in einen Teufelskreis hinein, wo immer mehr Chemie aufgetragen wird. Das Problem Seifenfehler wird immer größer, wenn man alles ständig desinfiziert“, erklärt Pachole.
Wie verhalten sich klassische Krankenhauskeime in Reinigungstextilien? Um dies zu untersuchen, hat die Rezi Microfaserprodukte GmbH vor gut zweieinhalb Jahren gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik der Universität Innsbruck ein Forschungsprojekt gestartet. Pachole dazu: „Prinzipiell ist es ja so, dass in einem klassischen Microfasertuch, wenn es trocken und sauber ist, kein Keim wächst. Die Realität ist aber, dass die eingesetzten Tücher nie wirklich ganz sauber und trocken sind, sodass man eine Brutstätte an Keimen und Bakterien im Tuch hat. Und wir wollten wissen, welche Gefahren davon ausgehen.“ Wobei das Problem nicht einmal die Reinigungskraft sei, welche die Krankenzimmer reinige, mit vorgetränkten Tüchern und mit einem ganz klaren Einsatzplan für jedes Tuch, die für jedes Zimmer frische Tücher verwende und sie dann wieder der Wäsche zuführe. Wenn man mit dem Hygienebeauftragten spreche, heiße es denn auch, mit der Reinigung sei alles in Ordnung, alles zertifiziert – „aber hier geht es vielmehr um die Nischen wie zum Beispiel die Tücher in der Kaffeeküche des Pflegepersonals, die ungewaschen herumliegen und vielleicht erst entfernt werden, wenn sie anfangen zu riechen. „Das“, so Pachole, „sind im Prinzip die Keimherde, die zum Problem werden.“ Im Rahmen dieses Projekts habe man auch mitbekommen, dass in Kliniken gewaschenes Reinigungsmaterial teilweise feucht gelagert und kurz vor dem Einsatz halt noch einmal desinfiziert bzw. vorgetränkt werde. Hier habe man natürlich eine Keimbrutstätte, wenn man die Tücher nach dem Waschen feucht lagere. Ein Tuch sei auch nach der Wäsche nicht hundert Prozent rein, und man wisse zum Beispiel, dass das E.coli Bakterium eine Verdoppelungsrate von 20 Minuten habe. Wenn nun ein frisch gewaschenes Tuch auch noch stundenlang liegen bleibe, könne man sich denken, was innerhalb von 10 – 12 Stunden passieren könne, wenn ein solcher Keim in einem feuchten Tuch bei einer gewissen Wärme liege. „Deshalb“, so Pachole weiter, „sind Krankenhauskeime für uns seit ein paar Jahren ein sehr spannendes Thema. Wir haben mit unserer COPPER-Tuchtechnologie auch ein spezielles Verfahren entwickelt, wo wir die Tücher so ausrüsten, dass Bakterien im Tuch eliminiert werden.“
Jedenfalls sind die Anforderungen an Reinigungstücher in der professionellen Reinigung im Unterschied zur Anwendung im Haushalt andere, höhere und differenziertere. Sebastian Schmidt, Regionalleiter Süd der meiko Textil GmbH: „In der professionellen Anwendung muss ein Reinigungstuch viel mehr Fläche reinigen als in einem durchschnittlichen Haushalt üblich, bevor es wieder gewaschen wird, die Beanspruchung der Tücher ist im professionellen Bereich also eine deutlich höhere. Auch die Waschzyklen sind deutlich häufiger für ein Tuch, das täglich verwendet wird. Speziell im Gesundheitsbereich müssen die Tücher täglich gewaschen werden, um sie jeden Tag hygienisch rein wiederbenutzen zu können.“
Ein Kriterium für die Qualität des Tuches ist seine Verarbeitung. „Das fängt bei der Einfassung an, also ob der Saum gut oder weniger gut verarbeitet ist, und reicht bis zur Verarbeitungsdichte“, erklärt Schmidt. „Im professionellen Bereich ist jedenfalls genau darauf zu achten, welche Verarbeitungsart und -qualität für Anwender und Anwendungsbereich das Optimum ist.“
Einheitlich codiertes Farbsystem
Grundsätzlich sind die unterschiedlichen Anwendungsbereiche mit dem Farbsystem – Color Code System –gekennzeichnet, das sich in der professionellen Reinigung so gut wie flächendeckend durchgesetzt hat:
- Blau für die allgemeine Reinigung z.B. Büros, Zimmer, Empfangsbereiche
- Gelb zur Vermeidung von Keimverschleppung im Sanitärbereich für die weniger kontaminierten Bereiche wie Waschtisch, Spiegel, Fliesen, etc.
- Rot für die Reinigung in dem am stärksten belasteten Sanitärbereich z.B. WC und Urinal
- Grün für besonders hygienesensible Bereich wie z.B. in der Küche bzw. im Bereich der Lebensmittelverarbeitung oder auch im OP-Bereich in Krankenhäusern.
„Ganz wichtig ist, dass dieses Farbsystem auch eingehalten wird, um eine Keimverschleppung von A nach B zu vermeiden“, betont Christoph Guserl.
Hersteller wie meiko und Rezi bedrucken einige Tücher auch mit Piktogrammen für jeden dieser Anwendungsbereiche. „Die einfach verständlichen Piktogramme weisen zusätzlich zur farblichen Kennzeichnung auf die verschiedenen Einsatzbereiche hin und sorgen so für noch mehr Sicherheit in der täglichen Reinigung“, so Sebastian Schmidt von meiko.
Weiters gibt es mittlerweile auch das schwarze Tuch, sozusagen als „Farbe fürs Grobe“, speziell für den Industriebereich wie zum Beispiel die Autoaufbereitung, wo oft Rückstände in den Tüchern bleiben, die sich farblich nicht herauswaschen lassen, auf schwarzem Untergrund aber nicht sichtbar sind. Ein Produktbeispiel von meiko: Das schwarze Microfasertuch Sensity. „Durch die optimierte Verschweißung der Tuchkante kommt Sensity ohne lästigen Saum aus. Das weiche, voluminöse Microfasertuch ist daher besonders für spezielle Bereiche geeignet, farblich gekennzeichnet und 95 °C waschbar“, erklärt Schmidt.
Und es gibt auch das weiße Tuch, das häufig nur für die Desinfektion verwendet wird. Zum Beispiel das Microfasertuch „Micro Plus“ von meiko, das auch in weiß erhältlich ist und, wie Schmidt versichert, „dank seiner Oberflächenstruktur in der Lage ist, auch hartnäckig anhaftenden Schmutz tiefenwirksam zu lösen und aufzunehmen.“ Die Farbe weiß sei eher eine „Ausweichfarbe“, um weitere Bereiche neben dem Vier-Farb-System abzugrenzen.
Unabhängig von dem Farbsystem kommt es auch darauf an, welcher Anwender in welchem Bereich welche Oberfläche zu reinigen hat. So ist ein glattes Tuch besser geeignet ist für eine möglichst streifenfreie Reinigung als ein gewirktes und dadurch unterbrochenes Tuch, das mehr Feuchtigkeit auf der Oberfläche zurücklässt. Und es kommt auch darauf an, WO mit dem Tuch gearbeitet wird. Sebastian Schmidt: „In Einrichtungen des Gesundheitswesens, aber auch in der Hotelreinigung benötigt man bei der Unterhaltsreinigung meist Reinigungstücher, die sanft zur Oberfläche sind und fussel- und streifenfrei reinigen bzw. desinfizieren, aber auch durch eine anwenderfreundliche Haptik ein schnelles und möglichst ergonomisches Arbeiten ermöglichen. Hier werden also eher dünnere glatte Tücher verwendet.“ In der Gebäude- oder auch in der Industriereinigung, wo das Tuch robuster sein müsse, werde man eher ein festeres und voluminöseres Tuch nehmen, höhere Abrasivität durch zum Beispiel „gewirkte“ Textilverarbeitung nutzen und damit auch die Möglichkeit haben, mehr Grob- oder Partikelschmutz aufzunehmen.
Richtig gewaschen und gepflegt
Werden die Microfasertücher richtig gewaschen und gepflegt (s. auch Infokasten), kann man sie sehr lange verwenden. Christoph Guserl: „Das fängt schon beim Kaufen der Tücher an. Die Microfasertextilien werden mit so genannten Produktions- oder Spinnfetten ausgeliefert, das heißt, dass die neuen Tücher erst einmal mit 60 oder 90 Grad und am besten ohne Waschmittel ausgewaschen werden müssen. Keinesfalls dürfen Microfasertücher mit Weichspüler gewaschen werden, da sonst die Fasern beschädigt werden und die abrasive Wirkung nicht mehr gegeben ist. Am Ende des Tages, wenn das Tuch schmutzig ist, ist es ganz wichtig, zuerst einmal den Grobschmutz auszuspülen – dann waschen, möglichst mit einer gewerblichen Maschine und mit einem Vorspülgang, damit der Schmutz und die Tenside, die sich im Tuch noch befinden, ausgespült werden“, erklärt Guserl. „Hier ist ebenfalls auf die richtig dosierte Menge Waschmittel zu achten. Und wichtig ist auch, nach dem Waschgang einen Extra-Spülgang durchzuführen, um die Tenside vom Waschmittel auszuspülen, die sonst zu Schlierenbildung an der zu reinigenden Oberfläche führen könnten.“ Und: „Unbedingt zu beachten ist auch, dass die Tücher sortenrein gewaschen werden – das heißt, Microfaser nicht gemeinsam mit Baumwolle, denn die kleinen Microfasern ziehen die Fusseln und Flusen der Baumwolle an und geben sie dann auch nicht mehr her. Dadurch ist die gewünschte Wirkung der Microfaser dann nicht mehr gegeben.“
Sebastian Schmidt von meiko: „Unsere Tücher sind alle mit 95 Grad waschbar. Wir empfehlen dennoch, sie dauerhaft mit 60 Grad zu waschen und mit 95 Grad nur dann, wenn es eine hartnäckige Verschmutzung erforderlich macht. Denn – Stichwort Ökologie – je heißer man wäscht, umso mehr Energie wird verbraucht. Und – Stichwort Lebensdauer – natürlich wird das Tuch auch umso mehr strapaziert, je höher die Waschtemperatur ist.“
Neuerung „Reinigungskissen“
In enger Zusammenarbeit mit Dienstleistern und Kunden führt meiko auch kontinuierlich Tests durch – um den immer höheren Ansprüchen an die Hygiene und den individuellen Wünschen im Reinigungssektor zu entsprechen. „Eine wichtige Neuerung, die aus der Zusammenarbeit mit Kunden entstanden ist, ist das Universal Reinigungskissen“, sagt Schmidt und erläutert den Hintergrund dieser Entwicklung: „Die üblichen Reinigungsschwämme verschmutzen schnell und sind anfällig für Bakterien. Außerdem sind sie nicht waschbar. Wenn man sie trotzdem wäscht, bleibt im Kern ein Bakterienherd, der sich beim Trocknen schnell wieder ausbreitet. Speziell im Gesundheitsbereich darf ein Tuch oder eben auch ein Schwamm nur in einem Zimmer und keinesfalls im nächsten Zimmer nochmals verwendet werden, um eine Keimverschleppung zu vermeiden. Man müsste den Schwamm also nach jeder Benutzung wegschmeißen – also in der normalen Unterhaltsreinigung am Ende des Tages und im Gesundheitsbereich nach jedem Zimmer. Dieses Thema wurde an uns herangetragen mit dem Wunsch, eine entsprechende Lösung zu finden. Wir haben dann unser sehr strapazierfähiges Mikrofaser-Mopp-Material genutzt, welches mit unterschiedlich breiten Borstenstreifen versehen ist, und in ein etwa handflächengroßes Reinigungskissen mit innenliegenden Nähten verarbeitet. Wir bieten dieses Produkt mittlerweile in fünf verschiedenen Abrasivitätsstufen an.“
Dieses Universal Reinigungskissen werde sehr gut angenommen, die Rückmeldungen von den Kunden bezüglich Reinigungsergebnisse und Zufriedenheit seien durchwegs sehr positiv, sagt Schmidt. Man könne es genauso wie die Mopps und Tücher von meiko mit 95 Grad waschen, es sei trocknergeeignet, und man habe jeden Tag ein frisches, hygienisch einwandfreies Produkt. Durch seine handliche Form und die innenliegenden Nähte könne es bis in die Ecken vordringen und säubere auch schwer zugängliche Kanten. Was ursprünglich als Schwammersatz gedacht gewesen sei, entwickle sich also immer mehr zu einer Art Mischung aus Schwamm und Tuch. „Bisher hat man bei den Tüchern mit der Falttechnik gearbeitet, hier hat man etwas Festeres in der Hand, das auch in die Tiefe mehr aufnimmt. Es gibt also aktuell auf dem Markt eine Entwicklung in diese Richtung, dessen Anwendungsmöglichkeiten von uns weiterhin entsprechend ausgelotet werden“, so Schmidt.