Angeblich treten im Bereich Reinigung – nicht nur zur Freude aller – immer mehr auch so genannte „Einkaufsorganisationen“ am Markt auf. Stimmt das überhaupt? Wenn ja, wer sind diese Organisationen und was bedeutet das für den Markt? Reinigung aktuell fragte da und dort nach.
Text: Hansjörg Preims
Harald Ertl, Reka Handelsgesellschaft m.b.H.: „Hauptsächlich tritt die Hogast mit ihren Untergruppierungen am Markt seit Jahren verstärkt auf, wobei es im HOREKA-Bereich aus meiner Sicht stagniert und im Handover-Bereich spürbare Zuwächse gibt. Einen verstärkten Trend kann ich aber nicht wirklich erkennen, da es auch an Alternativen fehlt. Alle regionalen Versuche sind nicht erfolgreich oder gibt es schon gar nicht mehr. Als Handelspartner muss man bei dieser Organisation gelistet sein, sonst ist man bei gewissen wichtigen Entscheidern am Markt nicht präsent.“
Heinz Peter Ewinger, E.MAYR Reinigungstechnik GesmbH: „Eine der bekanntesten Einkaufsorganisationen ist definitiv die Hogast Gruppe mit ihren beiden Untergruppierungen, der Handover & HGP, und die PEG. Eine BBG darf man natürlich auch nicht unterschätzen wie auch die Einkaufsorganisationen der diversen Krankenanstalten in Österreich. Man muss heute bei diesen Gruppierungen dabei sein, um am Markt mitmischen zu können, da die Mitgliederzahl bei den meisten Organisationen steigt und somit auch der Umsatzanteil. Weiters findet man immer wieder ,Optimierer‘, die auch einen dementsprechenden Druck aufbauen können. Der Wettbewerb wird zwar härter, aber ich sehe die persönliche Betreuung, Zuverlässigkeit und perfekte Qualität immer noch als großen Vorteil gegenüber unseren Wettbewerbern.“
Thomas Löberbauer, blitz & blank HandelsGmbH: „In unserem Bereich haben wir natürlich des Öfteren mit Einkaufsorganisationen unterschiedlichster Größen zu tun, ein verstärktes Auftreten ist allerdings nicht festzustellen. Manche Einkaufsorganisationen tauchen aus dem Nichts auf und verschwinden bald wieder, andere halten sich über Jahre hinweg und arbeiten effizient und professionell. Mit letzteren pflegen wir auch eine äußerst erfolgreiche und angenehme Zusammenarbeit.“
Martin Halbrainer, Reinigungsfachmarkt MTH Handels GmbH: „Hogast, Handover, BÄKO, BBG – ja, es wir händeringend um Kunden geworben und das System schmackhaft gemacht. Preise fallen teilweise ins Bodenlose, die Industrie, sprich: Hersteller sind immer mehr direkt am Zug. Händler können oft die Preise nur noch mühsam und mit Stützung halten, um wirtschaftlich agieren zu können. Die eingeschlagene Richtung finde ich persönlich verkehrt, der ,Preis‘ für die achtlose Quantitätssteigerung ist auf jeden Fall kein langfristiger Gewinn für den Kunden. Verlieren werden wir genauso Regionalität und Arbeitsplätze, im Zuge dessen wird natürlich auch die Qualität Opfer dieses Systems werden. AMAZON lässt grüßen.“
Martin Führer, Nilfisk GmbH Österreich: „Hogast (Einkaufgenossenschaft für Hotellerie- und Gastronomie), HGP (Hotel und Gastro Pool), Handover (Einkaufsgenossenschaft für diverse Sozialeinrichtungen), BÄKO (Einkaufsgenossenschaft der Bäcker und Konditoren), BBG (Bundesbeschaffung), Kommunalbedarf (Einkaufsgenossenschaft für die Kommune) – um das Thema Einkaufsorganisation führt für moderne und große Unternehmen heute kein Weg mehr vorbei, denn die Bedeutung des strukturierten Einkaufs nimmt stetig zu. In der Praxis ist es jedoch so, dass auch bei führenden Einkaufsorganisationen die Firma (Einzelkunde) direkt kauft – abgerechnet wird dann über die jeweilige Einkaufsorganisation. Auch für den Mittelstand und die kleineren Betriebe ist es von großer Bedeutung, in einer Einkaufsorganisation ihre Interessen zu bündeln, um weiterhin wettbewerbsfähig am Markt zu sein, was ja letztendlich den gesamten Markt belebt.“ Alles aus einer Hand – eine erfolgreiche Einkaufsorganisation hat den Vorteil für den Einzelkunden, Einkaufskonditionen auszuhandeln, Kosten einzusparen und dabei schneller und flexibler zu agieren. Zusätzlich ist es für uns als Lieferant aber mindestens genauso wichtig, neben den Konditionen und Rahmenbedingungen die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des einzelnen Mitglieds zu berücksichtigen, um als der richtige Partner am Markt wahrgenommen zu werden.“
Dusko Stojakovic, Werner & Mertz Professional Vertriebs GmbH: „Zu nennen ist natürlich die Bundesbeschaffung GmbH als Einkaufsdienstleister im Eigentum des Bundesministeriums für Finanzen sowie Hogast, Handover und PEG. Und – ja, wir sehen einen Trend zu verstärktem Auftreten der Einkaufsorganisationen. Wobei sich je nach Aufstellung der jeweiligen Organisation im Zusammenspiel Kunde, Industrie und der Einkaufsgenossenschaft natürlich durchaus positive Effekte für alle Beteiligten ergeben können. Wichtig ist die Frage nach dem Grundgedanken der Organisation: Geht es lediglich um quantitative oder auch um qualitative Ziele? Wenn eine langfristige und nachhaltige Ausrichtung sowie die Qualität der Leistung im Vordergrund stehen, kann die Zusammenarbeit für die gesamte Wertschöpfungskette Synergien und Vorteile bringen. Für uns als Hersteller von nachhaltigen und für die Kreislaufwirtschaft zertifizierten Reinigungs- und Pflegemitteln bietet die Zusammenarbeit mit einer Einkaufsorganisation die Möglichkeit, einfache Informationen (wie zB Recyclatinitiative, Cradle-to-Cradle, Umweltzeichen) an einen großen Kundenkreis zu präsentieren.“
Gerhard Perschy, Country & Sales Director Diversey Austria: „Bei Einkaufsorganisationen handelt es sich um ein aktuell wachsendes Segment, das im Markt deutlich an Bedeutung gewinnt. Wichtig ist, dass überregionale Einkaufsorganisationen für ihre Mitglieder einen echten Mehrwert in der Wertschöpfungskette darstellen, indem sie etwa Serviceleistungen oder Versorgung mit branchen-relevanten Informationen bieten.“
Gottfried Fritz Berger, Prokurist bei Hagleitner: „Relevante Einkaufsorganisationen sind mir folgende bekannt: Hogast, Die Einkaufsberater, Food & Beverage Consulting, Bundesbeschaffung, Gemnova, Pool-alpin. Ein verstärktes Auftreten dieser Organisationen nehme ich im Moment aber eher nicht wahr. An ihrem Einfluss hat sich in den letzten Jahren eigentlich wenig verändert. Aber angenommen, hier tut sich etwas: Ob das positiv wäre, hängt von den konkreten Bedürfnissen ab. Der Kunde muss sich immer fragen: Was brauche ich? Von Unternehmen zu Unternehmen kann die Antwort hier verschieden sein. Dennoch heißt es, sich auf gemeinsame Produkte zu einigen – mit homogenen Standards: in Hinblick auf Preis, Leistung und Service. Entsprechend ist abzuwägen: Was nützt mehr? Sich mit einem Lieferanten individuell auf gute Konditionen zu einigen? Oder sich einer Einkaufsgemeinschaft anzuschließen? Übrigens: Auf Lieferantenseite gestaltet sich die Lage nicht weniger komplex: Einkaufsgemeinschaften bündeln ja nicht nur große Kunden. Durch die Bündelung steigen die Chancen; das birgt aber auch bei vielen kleinen Kunden ein Kostenrisiko. Es geht um Logistik, Service und Schulung. Das alles läuft dezentral ab.“
Dr. Werner Bader, Prokurist bei Hagleitner: Bei der Hogast etwa zeigt sich ganz deutlich, was Einkaufsgemeinschaften möglich machen: Uns verbindet eine lange Partnerschaft – prägend und erfolgreich seit zwei Jahrzehnten. Und beide Seiten profitieren. Denn die Hogast ist auch Mittlerin. Wir erreichen eine Menge Unternehmen dank ihr. Denen allen können wir Hagleitner vorstellen: Was unsere Produkte leisten, was wir unter Service verstehen.“
BZO LIM Gerhard Komarek: „Natürlich sind mir die hier bereits genannten Einkaufsorganisationen bekannt, wobei es sicher noch einige mehr gibt wie etwa die IG Immobilien oder die med-value für das Medizinwesen etc. Das ist aber keine neue Entwicklung, denn die meisten dieser Organisationen gibt es schon seit 10-15 Jahren und entwickeln sich auch immer weiter. Es gibt outgesourcte Einkaufszentralisierung mittlerweile auch im Privatunternehmer-Sektor – meist über Consulting Agenturen, die in den letzten Jahren verstärkt auftreten.
Die grundsätzliche Idee dahinter ist nämlich, Synergien zu finden und Bedürfnisse zu bündeln. Das ist grundsätzlich meiner Meinung nach sehr begrüßenswert. In den meisten Fällen ist dieses Modell sehr erfolgreich und bringt auch den gewünschten Erfolg an Professionalität punkto Ausschreibungen sowie auch an möglichen Einsparungspotentialen. Grundsätzlich deckt die BBG die Beschaffung für viele staatliche (teilstaatliche) Institutionen ab, wobei es noch genug Unternehmen/Gesellschaften gibt (PVA, AUVA, EVN, Wien Holding, etc.), die selbst ausschreiben. Die Eingliederung und Abwicklung des Einkaufs über sog. Gesellschaften hat für die Betriebe verschiedene Gründe. Hohes Volumen in bestimmten Sektoren = Ausschreibungspflicht!
Durch die Anbindung an eine Einkaufsorganisation wird oft die eigene Ausschreibung hinausgeschoben oder aufgehoben, was grundsätzlich für Auftragnehmer gut ist, da man den Auftrag auf längere Zeit kalkulieren kann.
Weitere Vorteile für Auftraggeber sind dann natürlich die Endpreise, die sich meist auf ein höheres Gesamtvolumen (da es oft um mehrere Betriebe geht) beziehen.
Die Ausschreibungskriterien sind immer sehr hoch angesetzt. Das macht es oft nicht einfach für KMU-Betriebe, hier mitzumachen. Dies ist auch eine zentrales Thema seitens der Wirtschaftskammer-Organisation, hier Verbesserungen zur erzielen. Wir erwarten aber durch die Einführung des verpflichtenden Bestbieterprinzips im Bundesvergabegesetz 2018 hier positive Entwicklungen. Trotzdem sind in den genannten Fällen solche Verfahren notwendig, da diese Verträge langfristig funktionieren müssen und nur bestimmte Unternehmen dies auch tatsächlich anbieten und garantieren können.
Es wäre auch sehr wichtig, dass hier die nachhaltige Beschaffung und die Anwendung unserer drei branchenrelevanten ÖNORMEN D 2040, D 2050 und D 2210 noch stärker umgesetzt werden.
Links: www.nachhaltigebeschaffung.at und www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/chemische-gewerbe/denkmal-fassade-gebaeude/Oe-Normen.html.