So wie Sicherheitsunternehmen gut beraten seien, nicht FM anzubieten, könne man FM Anbietern nur raten, den Sicherheitsteil in Partnerschaft mit Sicherheitsprofis anzubieten. Sagt Martin Wiesinger, Vorstand des VSÖ – Verband der Sicherheitsunternehmen Österreichs, Fachgruppe Sicherheitsdienstleister, und CEO von Securitas Österreich, im Gespräch mit Reinigung aktuell.
Text: Erika Hofbauer
Reinigung aktuell: Der Markt der Sicherheitsdienstleister in Österreich scheint anhaltend zu boomen – zuletzt wurde ein Branchenumsatz von knapp 600 Mio. Euro generiert. Werden die Menschen ängstlicher?
Martin Wiesinger: Es gibt sowohl im Privatbereich als auch im Bereich von Unternehmen und der öffentlichen Hand zunehmende Nachfrage, die aus einer Kombination einer höheren subjektiven Gefährdungseinschätzung und einer professionelleren Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit entsteht. Selbst in einem vergleichsweise sicheren Land wie Österreich möchte man zunehmend Vorkehrungen im Sinne von Prävention, also bevor etwas passiert, treffen.
Reinigung aktuell: Immer wieder werden für den Security-Markt strukturelle Probleme kolportiert: Der Markt ist stark fragmentiert, die Mitarbeiter nicht oder nicht korrekt angemeldet usw. Wie lautet Ihr Urteil bzw. wie geht man als Interessensvertreter mit diesen Entwicklungen um?
Wiesinger: Die Problematik ist leider anhaltend existent. Der VSÖ steuert seit Jahren über Qualitätsoffensiven inklusive einer zertifizierten Grundausbildung dagegen. Gleichzeitig engagiert sich der VSÖ zusammen mit der WKO für die Einführung einer verbindlichen und einheitlichen Grundausbildung für alle Sicherheitsunternehmen und alle Mitarbeiter. Natürlich kann man sich aktuell bei allen Mitgliedern von VSÖ Unternehmen sicher sein, dass diese eine zertifizierte Grundausbildung durchlaufen haben.
Reinigung aktuell: Stichwort Ausbildung: In Österreich – angeblich das einzige europäische Land in dieser Hinsicht – fehlen noch immer einheitliche Ausbildungsstandards für Security-Mitarbeiter. Ist die Kritik berechtigt?
Wiesinger: Die Situation ist extrem unbefriedigend und die Kritik berechtigt. Die Branchenvertretungen VSÖ und WKO arbeiten seit Jahren an einer tollen Regelung im Rahmen der Gewerbeordnung, die auch umfassend zwischen allen Stakeholdern akkordiert ist. Wir haben große Hoffnungen, dass das Thema von der kommenden Bundesregierung wirklich ernst genommen und einer Lösung zugeführt wird.
Reinigung aktuell: Wenn man manchmal Sicherheits-Fachkräfte vor den zu bewachenden Geschäften beobachtet, könnte auch der Verdacht aufkommen, dass diese nur zu Versicherungszwecken dort stehen. Was können oder dürfen solche Mitarbeiter eigentlich tatsächlich?
Wiesinger: Mitarbeiter im Bewachungsgewerbe handeln innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die für jedermann in Österreich gelten. Diese sind in der Regel – die richtige Ausbildung vorausgesetzt – auch ausreichend, um präventiv tätig zu sein bzw. im Rahmen von z.B. dem Hausrecht die nötigen Schritte zu setzen. Wichtig ist immer, das Gewaltmonopol des Staates zu berücksichtigen und den Punkt zu treffen, ab dem die Kollegen der öffentlichen Sicherheit herangezogen werden müssen.
Reinigung aktuell: Immer mehr Facility-Unternehmen überlegen, Security als Zusatz-Segment anzubieten. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Wiesinger: Wir arbeiten häufig mit FM-Unternehmen zusammen und wissen, dass diese auch selber da und dort Security-Personal stellen. Das reine Stellen von Personal ist aber meist absolut nicht zeitgemäß. Sicherheitsexperten bieten stattdessen praktisch immer Sicherheitslösungen an (Kombinationen aus Sicherheitstechnik und Personal), die in der Regel ein höheres Sicherheitsniveau zu geringeren Kosten für den Kunden bringen. Auch im Lichte der von FM-Anbietern häufig geforderten laufenden Einsparungen lassen sich solche im Sicherheitsbereich nur erzielen, wenn man auch das Thema Technologie und Digitalisierung beherrscht. So wie Sicherheitsunternehmen gut beraten sind, nicht FM anzubieten, so kann man FM Anbietern nur raten, den Sicherheitsteil in Partnerschaft mit Sicherheitsprofis anzubieten.
Reinigung aktuell: In vielen Bereichen ersetzt die Technik zunehmend den Menschen bzw. menschliche Leistungen. Wie sieht diese Situation im Bereich der Security aus?
Wiesinger: Reine technische Lösungen wird es auch zukünftig nur selten geben. Technische Anlagen sind immer auf eine zertifizierte Notrufzentrale aufzuschalten und im Alarmfall sind Interventionskräfte wie Alarmstreife oder Brandschutzbeauftragter notwendig.
Reinigung aktuell: Wie beurteilen Sie mittelfristig die Marktentwicklung? Welche Leistungen werden noch stärker nachgefragt werden?
Wiesinger: Gesucht ist Sicherheitsexpertise bzw. Sicherheitsplanung, Lösungen statt Manpower, Technologie, digitale Erfassung und Aufbereitung der erbrachten Dienstleistung inklusive Incident Reporting, also ein Berichtsystem über kritische Vorgänge.