schlusspunkt01

Schöne Hüllen

Schulung, Personal, Qualität – bloße Bezeichnungen sagen bekanntlich nicht aus, was Sache ist.

Personalauswahl und Personalführung sind zweifellos ein Herzstück jeder Unternehmensleitung. Denn gerade auch in der Reinigungsbranche hängt Qualität am Ende des Tages in hohem Maß nicht zuletzt von der persönlichen Dienstleistungsorientierung jedes einzelnen Mitarbeiters und jeder einzelnen Mitarbeiterin ab. Diese müssen wissen, was sie vor Ort tun, wie und womit. Schulung als permanenter Prozess wird inhaltlich und logistisch eine Selbstverständlichkeit. Und ein wichtiger Faktor für das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter. Jeder Objektleiter und jede Objektleiterin hat bei uns laufend den Schulungsbedarf zu erheben und, gemeinsam mit der Geschäftsleitung, entsprechende Schulungspläne zu entwickeln und umzusetzen. Soll man das „Reinigungspass“ nennen?
Oder ist der „Reinigungspass“ nur einfach ein Zettel mehr? Ich behaupte, der allgemeine Trend zu Gütesiegeln aller Art dient hauptsächlich zur Abgrenzung vom Mitbewerb. So wichtig diese sein mag: Die entscheidende Frage, mit und ohne Reinigungspass, bleibt, ob ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin ein vereinbartes Qualitätsniveau vor Ort umsetzen kann. Oder alles nur Schein, schöne Hülle, Schlagwort bleibt. Nehmen wir die vieldiskutierte „Ergebnisorientierte Reinigung“.
Ergebnisorientierte Reinigung heißt derzeit, dass in der Praxis der einzelne Mitarbeiter subjektiv entscheidet, was „sauber“ ist. Und zwar in einer Bandbreite, die weit mehr mit „gefühlter“ Sauberkeit als mit irgendwie beweisbaren, messbaren Kriterien zu tun hätte. Ich erspare mir jeden Seitenhieb auf vielleicht auch unterschiedliche mentale Prägungen in Bezug auf Sauberkeit in unterschiedlicher Herkunftskulturen unserer Belegschaften.
Kerngedanken der Ergebnisorientierten Reinigung sind geringere Kosten für Auftraggeber, bessere Margen für Auftragnehmer – geschätzter Leser, werte Leserin: das kann sich nicht ausgehen. Bezogen auf die Quadratmeterleistung sinken im Lauf meiner 26-jährigen Tätigkeit in der Reinigungsbranche die Preise, Löhne und Kosten steigen überproportional im Verhältnis zu den Erlösen. Der irre Preiskampf führt den Unternehmer zwingend zu weniger und vermutlich schlechter geschultem Personal. Der Mitarbeiter entscheidet unter Zeitdruck vor Ort „sauber“, das heisst, der Kunde ist der Dumme. Das kann weder im Sinn unserer Auftraggeber noch im Sinn unserer Unternehmen sein. Mein Unternehmen geht einen anderen Weg, nämlich den der intensiven Kommunikation.
Wenn Bedürfnisse und Wünsche eines Auftraggebers vor Ort und vor Vertragsabschluss möglichst detailliert geklärt werden, sollten er und wir als Auftragnehmer und Partner bei Vertragsunterzeichnung eine gemeinsame und zutreffende Vorstellung davon haben, was an Reinigung geleistet werden soll und kann – und was nicht. Ein gemeinsam möglichst klar definierter, beiderseitiger Anspruchsrahmen schützt im Idealfall sowohl den Kunden vor überhöhten Abrechnungen als auch den Auftragnehmer vor, womöglich ungerechtfertigten, Kundenansprüchen.
Ein solches Service Level Agreement nach innen den eigenen Führungskräften, Objektleitern und last not least Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen klar zu kommunizieren und sie laufend dafür fit zu halten, dürfte der leichtere Teil der Übung sein. Mit und ohne Reinigungspass.


Der Verfasser ist Geschäftsführer einer der größeren Facility Services Dienstleister in Wien.


kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

neueste beiträge