Stephan Winds, Gebäudereiniger und Geschäftsführer der
Budaber GmbH, im Gespräch über die Praxis der Hotelreinigung.
Reinigung aktuell: Wie hoch ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund bzw. ausländischer Herkunft beim Personal in der österreichischen Hotellerie?
Winds: Im Wiener Raum sind es nahezu 100 Prozent, vor allem beim Personal für einfache Arbeiten wie Zimmerreinigung, sehr stark aber auch schon im Bereich Rezeption bis hin zur Direktion. Sehr viele aus den östlichen Nachbarländern – Ungarn, Slowakei – haben schon entsprechende Positionen. Und es gibt eine enorme Fluktuation in diesem Bereich, weniger bei den Reinigungsdamen, sondern eher bei den höher Positionierten. Wenn ich beim Akquirieren in einem Hotel nach zwei Jahren wieder anrufe, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass es die Menschen von vor zwei Jahren in diesem Hotel noch gibt.
Reinigung aktuell: Aber alle werden doch gemäß österreichischem KV bezahlt. Warum sind dann so viele Nicht-Österreicher in diesem Bereich beschäftigt?
Winds: Ich würde sagen – erstens, weil es als 365-Tage-Job kein sehr attraktiver Job ist, in der Rezeption zum Beispiel. Zweitens ist die Bezahlung grundsätzlich schlecht. Die KVs der Hotellerie und Gastronomie sind noch tiefer als der des Reinigungsgewerbes, wenn auch nur ganz geringfügig. Und es wird meines Wissens nirgends über dem KV bezahlt, zumal das Arbeitsangebot in diesem Bereich sehr groß ist. Für Leute aus dem Osten ist das aber trotzdem nicht unattraktiv, für die ist der österreichische Kollektivvertrag immer noch eine deutliche Verbesserung gegenüber den dortigen Löhnen.
Reinigung aktuell: Was ist der Unterschied zwischen der Zimmerreinigung in einem Vier- oder Fünfsterne-Hotel und der in den Kategorien darunter?
Winds: Erstens sind die Zimmer natürlich anders ausgestattet. In einem Dreisterne-Hotel nur mit dem Nötigsten – Bett, Kasten, Tisch. Im Fünfsterne-Bereich gibt es unter anderem auch eine Espresso-Kaffeemaschine und sehr viele Dinge im Badezimmer, die noch dazu genau positioniert sein müssen. Und diese Zimmer sind meistens größer. Im Drei-, aber auch im Viersterne-Bereich gibt es großteils auch kaum mehr Teppichböden, sondern meistens nur noch Laminate, die natürlich deutlich einfacher zu reinigen sind. Und keine Bett-Überdecken mit Pölstern wie im Fünfsterne-Bereich.
Reinigung aktuell: Eigenreinigung oder Fremdreinigung im Hotel – das ist die alte Diskussion. Die einen meinen, die Qualitätskriterien, die das Hotel an sich selbst stellt, könnten mit häufig wechselndem Fremdpersonal nicht erfüllt werden, sondern nur mit Eigenpersonal. Stimmt das?
Winds: Jein. Eine hoteleigene Reinigungskraft, die viele Jahre in dem Hotel beschäftigt ist, ist wahrscheinlich sehr gut. Das heißt aber noch lange nicht, dass mit einer Fremdreinigung nicht Ähnliches entstehen kann, sofern das Geschäftsverhältnis lang genug besteht. Ich glaube, das vernünftigste Modell für ein Hotel egal welcher Kategorie ist ein Mix aus Eigenpersonal und einer Fremdfirma. Die größte Problematik beim Eigenpersonal entsteht nämlich durch Krankenstände, Urlaube und schwankende Auslastungen. Das heißt: Entweder man hält auch Personal für Zeiten vor, in denen man es eigentlich nicht braucht, oder man hat zu wenig Personal in Zeiten mit besagten Ausfällen, und dafür einen Ersatz zu bekommen, ist relativ schwierig. Eine Kombination aus Eigenpersonal und Fremdfirma hat meiner Meinung nach den Vorteil, dass man einerseits dieses stetige und sehr gute Eigenpersonal behalten kann, dass man auf der anderen Seite aber bei den Problemen wie Krankenständen, Urlaub und Auslastungsschwankungen auf die Fremdfirma zurückgreifen kann. Wobei eines auch klar ist: Die Fremdfirma ist, wenn man auf Stundenbasis abrechnet, immer teurer als das Eigenpersonal.
Reinigung aktuell: Ist Fremdreinigung hauptsächlich in Ballungsgebieten ein Thema?
Winds: Ja, am stärksten in Wien. Im ländlichen Bereich ist das Personal für eine Fremdreinigung nicht vorhanden. Wobei es auch schon in Salzburg schwieriger sein dürfte, dieses Personal heranzubekommen. Überhaupt dürfte es im Westen mehr österreichische Mitarbeiter geben.
Reinigung aktuell: Und in touristischen Gebieten, kann da Fremdreinigung funktionieren?
Winds: Wenn es keine entsprechende Immigrationscommunity gibt, die bereit ist, dort zu leben, oder schon dort lebt, wahrscheinlich nicht. Weil es dann eben kein Personal dafür gibt. Man hat in den Urlaubsorten zwar auch viele aus dem Osten beschäftigt, Stichwort Saisonarbeiter, aber den Kern bilden Einheimische.
Reinigung aktuell: Heißt das, die Logik der Fremdreinigung ist, dass sie dort, wo es Menschen mit Migrationshintergrund gibt, funktioniert, und dort, wo es diese Menschen nicht gibt, nicht?
Winds: Es ist vor allem auch eine Frage des Preises. Die Reinigung ist zum Beispiel in Wien deutlich billiger als in Salzburg.
Reinigung aktuell: Von welchen Faktoren hängt es letztlich ab, ob man sich für Fremd- oder Eigenreinigung entscheidet? Auch von der Hotelgröße?
Winds: Das ist erstens eine Frage der Philosophie des Hotels oder der Hotelkette. Manche Hotelketten wollen grundsätzlich nur Fremdreinigung haben, und es gibt Hotels, die grundsätzlich nur Eigenreinigung haben wollen. Von den Kosten her würde ich sagen: Wenn man die Eigenreinigung gut organisiert hat, ist sie sicher nicht teurer als die Fremdreinigung – ausgenommen Arbeit im Akkord, was in der Eigenreinigung meistens nicht umgesetzt wird, aus welchen Gründen auch immer. Und: Fremdreinigung bedeutet für das Hotel auch mehr Flexibilität. Wenn man irgendwo einen Engpass hat und zwei Leute zusätzlich braucht, kann man sich an die Fremdfirma wenden, mit der man im laufenden Geschäft ist, was bei Eigenpersonal, wie gesagt, nicht so einfach zu organisieren ist.
Reinigung aktuell: Wie viel Minuten braucht man für die Reinigung eines Bleibezimmers, wie viele für ein Abreisezimmer?
Winds: Das hängt auch von der Ausstattung des Zimmers ab. Für ein durchschnittliches Zimmer im Abreiser-Bereich zwischen 20 und 35 Minuten, im Bleiber-Bereich 8 bis 20 Minuten.
Reinigung aktuell: Wohin geht der Trend – in Richtung mehr Fremdreinigung oder mehr Eigenreinigung?
Winds: Im Moment geht der Trend eher wieder in Richtung Eigenreinigung. Vermutlich weil man glaubt, dass es billiger ist. Möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass es bei den Hotelketten konstruktive Modelle mit ausländischen Mitarbeitern gibt. Faktum ist jedenfalls, dass man momentan bei der Akquisition mehr mit Eigenreinigung konfrontiert wird, als es vor zwei, drei Jahren noch der Fall war. Faktum ist sicherlich auch, dass im Osten Österreichs die gesamte Hotellerie unter extremen finanziellen Anspannungen leidet. Vor allem weil derzeit unglaublich viele neue Betten entstehen, die teilweise zu sehr attraktiven Preisen angeboten werden. Und vor allem die bestehenden Häuser im Viersterne-Bereich, deren Ausstattung nicht mehr modernsten Ansprüchen entspricht, kommen dadurch sehr stark unter Druck.
Reinigung aktuell: Preis und Qualität – wie verhält sich das im Bereich Hotelreinigung?
Winds: Für einen höheren Preis bekommt man eine höhere Qualität. In Minuten umgerechnet: Wenn man – preislich abgedeckt – fünf Minuten mehr für ein Zimmer zur Verfügung hat, kann man natürlich auch eine bessere Qualität liefern.
Reinigung aktuell: Und das wollen auch manche so?
Winds: Sehr wenige. Die meisten hoffen, dass sie für einen sehr niedrigen Preis die gleiche Qualität bekommen wie für einen höheren. Das funktioniert aber nicht, denn die Super-Reinigungsdamen, die in 25 Minuten das schaffen, was andere in 35 Minuten leisten, gibt es nicht. Diese Rechnung geht also nicht auf.
Reinigung aktuell: Ist die Regel, je mehr Sterne, umso höher die Qualität?
Winds: Ja. Die haben ja auch mehr Geld zur Verfügung für die Reinigung. Wer für ein Doppelzimmer 60 Euro bekommt und Frühstück und alle Fixkosten abrechnet – was bleibt dem dann für die Reinigung noch übrig?
Reinigung aktuell: Wird dann bei der Kontrolle gespart, bei den Hausdamen?
Winds: Ja. Es gibt schon Häuser, die gar keine Hausdame mehr haben, wo nur noch stichprobenartig kontrolliert wird. Und die Reduktion der Kontrolle führt letztlich natürlich zu einer Qualitätseinbuße. Denn es ist eine völlige Illusion zu glauben, dass die Zimmermädchen selbstständig immer auf dem gleichen Level arbeiten. Schlussendlich ist die Qualität eine Frage des Preises.