Verteuerung und Verknappung der Energie allenthalben, rasante Preissteigerungen: Wie wollen die Unternehmen das bewältigen? Dazu Andreas Ubl, IFMS, im Gespräch.
Reinigung aktuell: In welchen Bereichen sind Reinigungsdienstleister von der Energieverteuerung besonders betroffen? Transportkosten (KFZ), also Treibstoff? Heizkosten? Sonstige?
ANDREAS UBL: In allen! Und genau da setzt das Problem ein. Alle Unternehmen und natürlich auch die der Reinigungsbranche haben 2021 ihre Budgets verabschiedet, ohne auf die derzeitig herrschenden wirtschaftlichen Gegebenheiten vorbereitet zu sein. Wir haben alle gewissenhaft budgetiert unter Heranziehen der bis 24. Februar geltenden Preise und Prognosen. Dann, nach Start des Ukraine Krieges, kam es zu den bekannten Teuerungen und zu der derzeit herrschenden Inflation. Jedes Reinigungsunternehmen – und wir sprechen hier von Reinigungsunternehmen ab einer gewissen kritischen Größe – ist auf einen Fuhrpark angewiesen, um die bestehenden Kunden zu betreuen. Diese großen Reinigungsunternehmen, zu denen wir als IFMS ohne Zweifel zählen, haben selbstverständlich Bürogebäude und Lager, die mit Strom und Heizkosten verbunden sind. Die Überlegungen, ihren laufenden Kunden zu erklären, dass die Preise vor Jahreswechsel erhöht werden müssen, sind müßig! Im Gegenteil, die Preise bleiben zum Teil unter der Selbstkostengrenze (durch die Teuerungen), und die Kunden spüren auch die Teuerungen und wollen Reinigungsdienstleistungen und Aufträge mit Argumenten wie Homeoffice und Teuerungen reduzieren. Die Reinigungsunternehmen befinden sich in einer klaren Kostenkrise.
Sollte es zu Energieverknappung kommen, welche Maßnahmen können getroffen werden?
Die IFMS setzt hier auf Nachhaltigkeit, und selbstverständlich haben wir unsere Überlegungen auch in Richtung Solarpanele auf dem Dach unserer Zentrale und Elektrofuhrpark weiterentwickelt. Allerdings überholt uns die Energieverknappung von links, indem auch die Alternativen ausgehen. Ein Beispiel: Wenn mein gesamter Fuhrpark morgen auf Elektrofahrzeuge umgestellt würde, was schon allein aufgrund der wirtschaftlichen Lage unmöglich wäre, und ich alles in der Zentrale mit Solarenergie versorgen könnte, müssten meine Reinigungsmitarbeiter, wenn sie zu den Kunden fahren, aufgrund der geringen Reichweite von Elektrofahrzeugen auswärts auf teuren Strom zurückgreifen. Ich bin auch davon überzeugt, dass hier die Systemrelevanz gefragt sein wird. Und wenn uns die Corona-Pandemie in der Reinigungsbranche eines positiv hinterlassen hat, dann ist es die Tatsache, dass wir systemrelevant sind. Wir müssen wie die Gesundheitseinrichtungen und Spitäler, Supermärkte und öffentliche Stellen bevorzugt behandelt werden.
Welche Preissteigerungen sind in welchen Bereichen zu erwarten?
Wir erwarten eine Preissteigerung für das Jahr 2023 von rund 11 %, vielleicht sogar mehr. Ich sitze in vielen Gremien und politischen Debatten über die nächstjährige Indexanpassung, und zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir mindestens mit der aktuellen Inflationsrate arbeiten können.
Mit welcher KV-Erhöhung ist zu rechnen? Wie viel davon wird im nicht öffentlichen Bereich (unabhängige Schiedskommission) an die Kunden weiterverrechnet werden können?
Diese Informationen sind noch zu verhandeln und es gibt noch keine Informationen, die ich hier weitergeben will und kann. Allerdings muss auch hier ein dramatisches Umdenken bei den Kunden stattfinden. Wir sprechen alle von Personalengpässen. Wenn wir keine Reinigungskräfte mehr finden, weil wir zu wenig an Löhnen zahlen können – weil die Kunden nicht die Bereitschaft haben, mehr zu zahlen –, wird Reinigung, ökonomisch logisch erklärbar, durch Verknappung automatisch teurer werden. Pflege, Reinigung und Gastronomie sind von diesem Phänomen betroffen.
Betriebsmittel (Maschinen, Chemie, Zubehör …) werden ebenfalls teurer. Wie kann hier Preisstabilität herbeigeführt werden, so dass Aufträge ausgeführt werden. Für welche Dauer sollen Preise garantiert sein?
Bis zu diesem Jahr konnten wir mit einer Preisstabilität von einem Jahr und marginalen Preiserhöhungen in einem vorhersehbaren Rahmen rechnen. Diese neue Wirtschaftssituation lässt uns derzeit nicht einmal monatlich planen. Das kann niemand aus der Reinigung ändern, sondern hier müssen klare politische Schritte gesetzt werden. Wir sind in Österreich derzeit im Schlafland der Regulierungen. Gerade einmal beim Strom haben wir die Strompreisbremse eingezogen. Gas wird gerade einmal verhandelt und vom Rest spricht niemand. In Deutschland ist man da in allen Bereichen deutlich weiter.
Wie sieht es mit Vertragslaufzeiten und der Preisgarantie überhaupt aus? Werden Aufträge für kürzere Zeit abgeschlossen werden?
Ich würde es wirtschaftlich kontraproduktiv finden, wenn die Sicherheit der Reinigungsunternehmen auch noch mit einer Verkürzung von Laufzeiten der Verträge bestraft werden würde. Die Laufzeit der Verträge ist momentan eines der wenigen sicheren Parameter, die uns noch bleiben.