Zur Erinnerung: Die Inspiration für das Setting dieses Interviews war der Film von Louis Malle „Mein Essen mit André“ (1981). Das von uns gewählte Lokal war aber nicht ein französisches in New York, sondern, wie letztes Jahr, das Plachutta in Wien. Mein Gast, diesmal sogar mit dem passenden Vornamen, KommR Andreas Ubl, Gründer und Chef der IFMS.
Interview: Christian Wolfsberg
Christian Wolfsberg: Wie kam Andreas Ubl zur Reinigung?
Andreas Ubl: Ganz zufällig. Nach dem Bundesheer habe ich einen Job gesucht und bin bei Dussmann im KH Gugging quasi aufgeschlagen. Dort habe ich ganz unten als Grundreiniger und Fensterputzer begonnen. Nach einem Jahr war ich dann Objektleiter (vom KH Gugging), nach 4 Jahren Betriebsleiter und nach 7 Jahren Niederlassungsleiter von Wien, Niederösterreich und Burgenland mit etwa 1.500 Mitarbeitern. 1997 bin ich zur Firma Fach (Inhaber KommR Erich Fach, damals Innungsmeister DFG Wien) gewechselt, die dann an die DIW verkauft wurde. Eigentlich wären Werner Fach und ich dort als Geschäftsführer vorgesehen gewesen. Nach einem wirren Besetzungs-Hin-und-Her haben wir uns im Juli 1998 mit dem Gebäudeservice W. Fach selbständig gemacht. Nach dem frühen Tod von Werner Fach ist Erich Fach wieder in die Firma zurückgekehrt – bis März 2013 ist das gut gegangen. Ich bin dann freiwillig ausgeschieden und habe die IFMS gegründet, indem ich die Firma Pfaffinger mit 27 Mitarbeitern übernommen habe. Dann haben wir einfach gehackelt wie die Wahnsinnigen. Im ersten Jahr setzten wir etwa 6 Millionen um. Aktuell liegen wir mit etwa 900 Mitarbeitern bei 35 Millionen.
Wie kommt man von 6 auf 34 Millionen?
Ubl: Man muss fleißig sein! (Lacht.) Natürlich gehört auch ein wenig Glück dazu, und wir haben auch bei einigen öffentlichen Ausschreibungen schnell punkten dürfen. Ich habe mir ein gutes Netzwerk aufgebaut, bin ständig unterwegs und treffe viele Leute. Wenn man Menschen kennenlernt und miteinander spricht, dann eröffnen sich immer auch geschäftliche Möglichkeiten. Es ist eben Akquisition mittags, abends und dazwischen. Ausschreibungen und Kontakte – das sind meine Wege.
Wofür steht IFMS?
Ubl: Seit 2022 für Innovativ, Fair, Miteinander, Sicher. Wenn die Frage allerdings lautet, warum die IFMS wirtschaftlich so erfolgreich geworden ist, ist die Antwort einfach: Wir sind immer flexibel gewesen, schneller als alle anderen und wir hatten immer gut geschultes Personal – sowohl technisch als auch operativ. Das wichtigste in der Dienstleistung ist das Jetzt, Jetzt, Jetzt … jetzt will der Kunde eine Leistung, nicht in drei Tagen. Da sind meine Mitarbeiter von mir eindringlich geschult! (lacht) Das Geheimnis ist ganz einfach: Fleißig arbeiten!
Wird Technik bei der zunehmenden Personalknappheit helfen können?
Ubl: Es gibt keinen Roboter, der Stiegen wischt. Großflächen, Gänge ja … angeblich wird an Robotern gearbeitet, die sich selbst befüllen und selbst entleeren, aber können diese Roboter auch selbstständig Lift fahren? Erkennen sie Glaswände? Die Reinigung ist in meinen Augen und in erster Linie eine Dienstleistung durch Menschen, und deshalb wird die Reinigungskraft nie ersetzt werden.
Erich Fach ist 87 Jahre alt. Haben Sie noch Kontakt?
Ubl: Nicht mehr viel! Zuletzt 2020 bei einer Verleihung. Er ist eine interessante Person aus einer anderen Zeit. Sehr dominant, egozentrisch und duldete keine andere Meinung neben seiner – von der Ausdrucksweise ganz zu schweigen. Aber: Ohne ihn gäbe es jetzt keinen Lehrberuf! Er hat sehr viel für die Branche getan. Ich sage nur: Raue Schale weicher Kern! Schlussendlich habe ich beim Abgang dann einfach auf meine 49 % Anteil am Gebäudeservice W. Fach verzichtet. Er – Fach – hat am Schluss einfach die Veränderungen der Zeit nicht erkannt.
Wie geht es weiter mit der Branche?
Ubl: Personalmangel wird das massive Thema der nächsten Zeit werden. Auch beim Reinigungspersonal ist das nicht anders. Derzeit gibt es die größten Probleme bei den Objektleitern, Bereichsleiter und beim gesamten Führungspersonal. Die Leute können es sich aussuchen, wo sie arbeiten, und in der Reinigung hat die heute so wichtige „Work-life Balance“ einen geringen Stellenwert – wir arbeiten immer, und es gibt für den Objektleiter kein Home Office. Das ist praktisch nicht umsetzbar. Vor 15 Jahren lag das Gehalt für die Position eines Objektleiters bei 1.500 – 1.800 brutto, heute ist diese Stelle mit 3.500 Euro dotiert, und trotzdem finden wir aktuell nur sehr schwer Leute!
Wie steht es um das Image der Reinigungsbranche?
Ubl: Das Ansehen der Branche kann nur durch den Fokus auf Ausbildung gehoben werden. In der Pandemie waren wir auf einmal wichtig, obwohl nur jene, die im Gesundheitswesen gereinigt haben eine Prämie bekommen haben – der Rest: keinen müden Cent! Das war von der Regierung schlicht und einfach ungerecht und ungerechtfertigt.
Was ist das Geheimnis von Andi Ubl?
Ubl: Es gibt keine Geheimnisse. Mein Beruf hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, vom Fensterputzer bis heute. Wenn man mit Freude in die Arbeit geht, packt man die Sachen anders an. Ich habe immer für die Arbeit gelebt. Ich habe nie gehofft, dass die Zeit vergeht. Für mich war alles immer wie eine Grundreinigung: Es hat mir Spaß gemacht einen schmutzigen Boden zu reinigen, die alte Beschichtung abzutragen und einen neuen Schutz aufzubringen. Das ist ein Erfolgserlebnis. Und so ist es bei allem, beim Verkauf sowieso. Es ist ein großer Unterschied, ob ich zu einem Kunden motiviert und überzeugt hingehe oder nur hoffe, dass der Termin bald vorbei ist. Und natürlich der Ehrgeiz, der Ehrgeiz, der war auch immer da.