Ein Gespräch mit Dr. Harald Peterka MSc, MBA, GF der Greenbird Vertriebs GmbH über Veränderungen der Reinigungsbranche durch die Digitalisierung.
Text Christian Wolfsberg
Reinigung aktuell: Welchen Einfluss hat die Digitaliserungswelle auf die Branche der Gebäudereinigung? Was versteht man unter Digitalisierung der Gebäudereinigung?
Harald Peterka: Diese Fragen beschäftigen zur Zeit nahezu jeden von uns – die Sichtweise dazu ist jedoch alles andere als immer gleich. Modisch betrachtet, antwortet die Mehrzahl der Befragten auf die Frage, wie sie in ihrem Unternehmen damit umgehen, mit Stellungnahmen wie: „Es ist wichtig, wir sehen das als notwendig, es ergeben sich große Möglichkeiten“ usw. Auf nachgereihte Fragen wie „Was macht ihr da konkret? Woran arbeitet ihr? Wieviele Mitarbeiter beschäftigen sich bei euch damit?“ können zumeist wenig konkrete Antworten gegeben werden. Österreichisch betrachtet heißt das: „ Man tut halt ein bisserl was…“
Die Begründung für dieses verhaltene Vorgehen liegt vermutlich darin, dass diese Digitalisierungsentwicklung von vielen weder als Chance noch als Bedrohung wahrgenommen wird – vielmehr glaubt man, dass unsere Branche davon wenig betroffen sein wird. Auch gilt die Devise: „Warten wir mal ab, was die anderen machen…“ Ist unsere selbstauferlegte Innovationskraft überhaupt vorhanden?
Sie sind seit fast 30 Jahren im Facility Management tätig. Womit beschäftigen Sie sich derzeit konkret?
Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit der Entwicklung von Dienstleistungsprozessen – mit dem Ziel, die Managementqualität im FM zu heben und Services auf den tatsächlichen Bedarf von Organisationen anzupassen. Und mithilfe der Digitalisierung habe ich eine Technologie zur Digitalisierung der gewerblichen Gebäudereinigung entwickelt. Der Grund, warum ich mich diesem Thema verschrieben hatte, lag darin, dass ich in den letzten 30 Jahren Erfahrungen sowohl mit der Auftraggeber-Seite wie auch mit der Auftragnehmer-Seite gesammelt habe. Dabei musste ich leider den immer tiefer fallenden Stundensatz wie auch die immer höher werdenden Flächenleistungen beobachten. Unser Kollektivvertrag wie auch die gültige NORM 2050d scheinen am „Marktplatz“ oft nicht vorhanden zu sein.
Das Ergebnis sind oft schlechte Leistung wegen nicht auskömmlicher Reinigungsverträge – darunter leiden Auftraggeber wie Auftragnehmer gleichermaßen. Die Digitalisierung bietet nun die Chance, diesem Trend entgegenzuwirken – eine Chance, die es noch zu erkennen und zu belegen gilt.
Und Sie haben dafür ein serienreifes Produkt entwickelt? Wie hat man sich dieses vorzustellen?
Bekanntermaßen erfolgt die Reinigung von Büroimmobilien in der Regel mit der so genannten Unterhaltsreinigung. Aufgrund des immer größer werdenden Kostendruckes wird die Unterhaltsreinigung meist mit reduzierten Services wie zum Beispiel der Sichtreinigung kombiniert. Bei der Sichtreinigung werden wesentlich reduzierte Services erbracht – das heißt, es werden nur offensichtliche Verunreinigungen entfernt.
Wenig bis gar keinen Einfluss auf die Reinigungsleistung hat die Tatsache, dass Räume aufgrund von Urlaub, Krankenstand oder Außerhausterminen tageweise bzw. wochenweise gar nicht verwendet werden. Es wäre in den betroffenen Räumen also keine Reinigung in dieser Zeit notwendig. Der Grund, warum derartige Optimierungspotentiale vom Reinigungsdienstleister bzw. Auftraggeber nicht wahrgenommen werden, wird durch die Tatsache bestimmt, dass es bisher keine Möglichkeit gegeben hat, die Nutzungsintensität von Büroflächen einfach zu ermitteln. Unser systemischer digitalisierter Ansatz beruht nun darauf, grundsätzlich nur jene Flächen zu reinigen, welche auch tatsächlich genutzt und somit verschmutzt wurden. Die notwendige Reinigungsintensität wird ebenso automatisch ermittelt und ist durch verschiedene Einflussfaktoren geprägt, so z.B. die Nutzungsintensität, aber auch das Wetter oder der Jahreszeiteneinfluss. Wir erfassen sensorisch bis zu 5 verschiedene Einflussgrößen und verarbeiten diese Information digital. Zudem kann mittels unseres Ordering-Systems die Reinigungsleistung via APP bzw. Orderbutton bestellt werden. Das heißt, der Kunde hat die Möglichkeit, für spezifische Räume die Reingungsleistung anlassbezogen zu bestellen.
Für Räume, welche über längere Perioden keine Reinigung erhalten haben, stellen wir mittels Basishygiene sicher, dass ein definierter Mindestsauberkeitsgrad nicht unterschritten wird. Das Ergebnis dieses Verfahrens ist ein täglicher, auf der tatsächlichen Verunreinigung und Nutzungsintensität basierender Reinigungseinsatzplan. Jede Reinigungskraft kann mit einem Tablet sowohl die Einsatzplanung als auch alle Leistungsverzeichnisse, Gebäudepläne und Gebrauchsanweisungen abrufen. Um sprachliche Hürden zu beseitigen, stehen diese Informationen für die Reinigungskräfte in 14 verschiedenen Sprachen zur Verfügung.
Mit welchen Messmethoden arbeitet Ihr System? Und was sind konkret die Ergebnisse?
Bewegungssensoren erfassen die Frequenz des Personenverkehrs. Wettersensoren messen Temperatur und Feuchtigkeit. Personenerfassungssysteme geben Auskunft über Anwesenheiten und Abwesenheiten. Technische Systeme wie Apps, Telefone und/oder s.g. Orderkomponenten können manuelle – also nutzerspezifische Anforderungen übermitteln. Und zusätzlich messen wir raumweise Temperatur, CO2 und Licht.
Die Datenübertragung der batteriebetrieben Funksensoren erfolgt mit Hilfe des LoRa-Wan Standards (Internet der Dinge), damit werden Reichweiten von über 3 km innerhalb eines Gebäudes und Batteriehaltedauern von zirka 10 Jahren erreicht. Diese Technologie erlaubt eine rasche und kostengünstige kabellose Installation im Bürogebäude. Die erfassten Daten werden dem Cleanbird-Server übergeben, und mittels patentierten mathematischen Algorithmus‘ wird die Reinigungsplanung automatisch durchgeführt.
Das Ergebnis dieser Berechnung ist ein täglich abrufbarer Reinigungseinsatzplan, der von den Reinigungskräften via Tablet in 14 verschiedenen Sprachen abgerufen werden kann. Die Reinigungskräfte erhalten Informationen über: Gesamtreinigungsdauer, Raumnummer, Raumart, Reinigungsart, Leistungsverzeichnisse, Gebäudepläne, Sicherheitsuntertweisungen und Anwendungtechnik.
Wie würden Sie Optimierungsmöglichkeiten, die Ihr digitalisiertes System bietet, zusammenfassen?
Neben der wirtschaftlichen Optimierung von bis zu 20 % und mehr stellt das System sicher, dass die Reinigungsintensität genau an das Nutzerverhalten automatisch angepasst ist. Auch bringt das System eine nie dagewesene Transparenz für Auftraggeber und Auftragnehmer – die Vielzahl der Daten ermöglicht es, Reinigungsmanagement in einer zeitgemäßen Qualität durchzuführen. Die Einbindung von vernetzten Elementen wie z.B. Washroomhygiene führt dazu, dass Sanitärräume immer mit Verbrauchsmaterial versorgt sind. Die Möglichkeiten der vernetzten Einbindung von weiteren synergetischen Bereichen wie zum Beispiel selbstfahrenden Reinigungsmaschinen, Raumpflanzen, Abfallbehälter usw. sind nahezu unbegrenzt und in unserer Entwicklungs-Pipeline bereits vorgesehen.
Für mich stellt sich nicht die Frage, ob in naher Zukunft die Gebäudereinigung nach so einem System funktioniert, sondern vielmehr, ab wann das so sein wird. Was passiert,wenn ein Kunde morgen eine solche Leistung haben möchte? Wir schulden unseren Kunden laufende Innovation – aber kommen wir diesem Kundenverlangen nach? Wenn wir unsere Services nicht verbessern, sind wir auch nicht in der Lage, höhere Preise zu erzielen.
Welchen Vorteil haben Dienstleister an einer solchen Entwicklung?
Der Dienstleister hat, bedingt durch die Investition in die Technik, ein sehr gutes Argument, längere Vertragslaufzeiten vom Kunden zu erhalten – zudem ist durch das höhere Maß an notwendiger Flexibilität und Schulung der MitarbeiterInnen ein belegbares Argument für höhere Stundensätze gegeben. Sehr wichtig ist dabei, dass sich sowohl die Investition wie auch höhere Stundensätze durch die erreichte Optimierung auch belegbar finanzieren lassen, und trotzdem soll sich der Kunde Geld sparen.
Ich sehe diese Entwicklung eindeutig als Chance für unsere Branche – Reinigungsdienstleistung ist mehr als nur einfach sauber zu machen!
Infos: www.cleanbird.fm