Das Berufsbild von Mitarbeitenden der Sicherheitsdienstleister ist vielfältig. Über die Herausforderungen für die Unternehmen und die Mitarbeitenden sprach Reinigung aktuell mit Martin Wiesinger, Vorstand der Fachgruppe Sicherheitsdienstleister (VSÖ).
TEXT: Erika Hofbauer
Reinigung aktuell: Security umfasst vielfältige Geschäftsfelder. Können Sie kurz beschreiben, wie (unterschiedlich) anspruchsvoll diese sind?
Martin Wiesinger: Die Berufe der Sicherheitsdienstleister sind abwechslungsreich und interessant, ebenso wie die unterschiedlichen Einsatzbereiche. So sind Mitarbeitende im Wachdienst, Service und Sicherheitsdienst, Museumsaufsichtsdienst, Sonderdienst, Mobilen Dienst, Veranstaltungssicherheitsdienst sowie Flughafensicherheitsdienst tätig. Mit 76 Prozent nahm das Marktsegment Bewachung 2022 den größten Teil des Umsatzkuchens bei den VSÖ Mitgliedsbetrieben ein, gefolgt von Geld- und Werttransporten mit 13 Prozent und Streifendienst mit sieben Prozent. Sicherheitsdienst-Mitarbeitende bei Veranstaltungen sind zwar stets allgegenwärtig, aber dieser Bereich spielt mit einem Prozent nur eine kleine Rolle im Leistungsportfolio unserer Mitgliederbetriebe.
Was muss Security-Personal – je nach Einsatzgebiet – können?
2022 gab es einen Aufschwung bei den Gewerbeberechtigungen der Sicherheitsdienstleistungsunternehmen: Gut 570 aktive Betriebe waren registriert, über 17.300 Mitarbeitende sind im Bewachungsgewerbe in Österreich tätig. Bei unseren Mitgliedsbetrieben war die zertifizierte Grundausbildung sehr gefragt. 2022 wurden über 1.650 neue Mitarbeitende im VSÖ Bildungszentrum Sicherheit ausgebildet. Wir sprechen uns prinzipiell für eine verpflichtende, qualifizierte Ausbildung in allen Bereichen der Branche aus. Schließlich sind die Anforderungen an das Personal enorm, da für jeden einzelnen Kunden spezielle Sicherheitslösungen mit entsprechend geschultem Personal eingesetzt werden müssen. Weiters tragen die Mitarbeitenden beim Einsatz zum Schutz kritischer Infrastruktur wie Energieversorger oder Krankenhäuser große Verantwortung. Aktuell gibt es eine gesetzliche Ausbildung nur für Mitarbeitende der Flughafensicherheit und in einigen Segmenten in öffentlichen Bereichen wie beispielsweise Kurzparkzonenüberwachung oder Verkehrsregelung. Jedenfalls müssen alle Mitarbeitenden im Bewachungsgewerbe – unabhängig von der konkreten Beschäftigung – volljährig sein und sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen.
Ein Mitarbeiter kann aus unserer Sicht entweder in der Reinigung oder im Security-Bereich eingesetzt werden, aber nicht wahlweise in beiden Jobs.
Wie haben sich die einzelnen Segmente in den vergangenen Jahren verändert?
Sicherheitsdienstleister liegen im Trend und bieten sichere Jobs. Zudem sind sie extrem flexibel. Das haben sie in den herausfordernden Zeiten von Corona eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Einzelne Bereiche wie unter anderem Veranstaltungssicherheit und Flughafensicherheit fielen in dieser Zeit ja fast komplett weg. Dieser Ausfall wurde in anderen Segmenten kompensiert. Das war nur möglich, weil sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitende höchste Flexibilität an den Tag gelegt haben.
Apropos Flexibilität: Gibt es im Personaleinsatz auch flexible Möglichkeiten, Mitarbeiter mit unterschiedlicher Qualifikation in unterschiedlichen Bereichen einzusetzen?
Der flexible Einsatz von Mitarbeitenden in verschiedenen Bereichen der Sicherheitsunternehmen ist nicht zielführend. Ein Mitarbeiter kann aus unserer Sicht entweder in der Reinigung oder im Security-Bereich eingesetzt werden, aber nicht wahlweise in beiden Jobs. Denn für verschiedene Bereiche sind deutlich unterschiedliche Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich. So brauchen Security-Mitarbeitende meist sehr gute Deutschkenntnisse. Ein fliegender Wechsel bei den Tätigkeiten ist daher nicht sinnvoll, beispielsweise FM/Reinigung und Security sollen prinzipiell streng getrennt bleiben.
Es ist vielfach für Veranstalter bzw. Auftraggeber nicht einfach, im Vorfeld sicherzustellen, dass Unternehmen, die mit den Sicherheitsagenden beauftragt werden, alle notwendigen Standards einhalten.
Wie „technisch“ ist Security geworden?
Das Berufsfeld der Sicherheitsdienstleister ist in den vergangenen Jahren tatsächlich technischer geworden. Technik ist in vielen Bereichen ein integrativer Bestandteil umfassender Sicherheitslösungen. Im Fokus steht jedoch nach wie vor der Mensch. Technik wird zur Unterstützung eingesetzt, sodass komplexe und individuelle Sicherheitsanforderungen der Kunden 24/7 erfüllt werden können.
In vielen Bereichen gibt es Personalmangel. Gibt es auch im Bereich Security Personalknappheit?
Die österreichische Sicherheitsbranche steht vor enormen Herausforderungen, da sich der allgemeine Arbeitskräftemangel auch in diesem stabilen Wirtschaftszweig stark bemerkbar macht. Das verdeutlicht die Mitarbeiter:innenstatistik der Sicherheitsdienstleister: Während sich der Umsatz durchwegs positiv entwickelt hat, ist die Zahl der Mitarbeitenden in dieser – seit jeher personalintensiven – Branche leicht zurückgegangen. Derzeit können schätzungsweise fünf bis sieben Prozent der freien Stellen nicht besetzt werden. Die Sicherheitsdienstleister sind hier weiterhin gefordert, flexibel zu sein, um in Zukunft alle Aufträge in hoher Qualität erfüllen zu können.
Wie „hart“ ist der Security-Wettbewerb? Gibt es hier Preisdumping?
Am Markt gibt es sehr viele Sicherheitsdienstleister, die Konkurrenz ist groß. Mit Preisdumping versuchen manche Unternehmen, Aufträge an Land zu ziehen, oft werden von diesen unseriösen Unternehmen Qualitätsstandards nicht eingehalten. So soll laut Medienberichten beim Frequency-Festival in St. Pölten Sicherheitspersonal zum Teil ohne sozialversicherungsrechtliche Anmeldung sowie ohne entsprechende Zuverlässigkeitsüberprüfung eingesetzt worden sein. Vorfälle wie dieser bringen eine ganze Branche in Verruf und zeigen einmal mehr, dass die Forderungen des VSÖ aktueller sind als je zuvor.
Bemerken Sie, dass Security-Leistungen auch „missbraucht“ werden, zum Beispiel nur „zur Beruhigung der Versicherung“ einen Mitarbeiter vor ein Juweliergeschäft stellen ? Weiß der Security-Kunde auch immer genau, was er bekommt?
Es ist vielfach für Veranstalter bzw. Auftraggeber nicht einfach, im Vorfeld sicherzustellen, dass Unternehmen, die mit den Sicherheitsagenden beauftragt werden, alle notwendigen Standards einhalten. Dazu gehören unter anderem die Anmeldung der Mitarbeiter bei der Sozialversicherung, eine Zuverlässigkeitsüberprüfung, die Einhaltung der kollektivvertraglichen Löhne und Arbeitszeiten sowie eine entsprechende Ausbildung. Wir wollen als Verband potenziellen Auftraggebern wertvolle Unterstützung bieten, um im Vergabe- oder Auswahlprozess den passenden Dienstleister zu finden.
Wie geschieht dies?
Dazu hat der Verband bereits 2013 das auf der VSÖ-Website kostenfrei abrufbare „Handbuch zur Auswahl des richtigen Sicherheitsdienstleisters“ veröffentlicht. In diesem werden die Grundkriterien eines qualitätsvollen Selektionsprozesses definiert. In Kürze erscheint die 3. Auflage dieses Handbuchs mit aktualisierten Checklisten. Mit diesen kann Punkt für Punkt die Seriosität von Sicherheitsdienstleistern überprüft werden. Zudem gibt es weitere Informationen, um unter anderem potenzielle Haftungsrisiken für Auftraggeber auszuschließen.
Seriöse Unternehmen führen zunächst eine Sicherheitsanalyse durch und erstellen bedarfsgenaue Sicherheitskonzepte
für den Kunden.
Wie muss man sich solch einen Selektionsprozess vorstellen?
Seriöse Unternehmen führen zunächst eine Sicherheitsanalyse durch und erstellen bedarfsgenaue Sicherheitskonzepte für den Kunden. Gemeinsam mit dem Auftraggeber wird erörtert, warum welche Maßnahmen sinnvoll und notwendig sind. Betrieben muss bewusst sein, dass nur gut ausgebildete Mitarbeitende Aufträge optimal erfüllen. Zufriedene Kunden stehen gleichzeitig für langjährige Geschäftsbeziehungen.
Was wird künftig noch wichtiger werden?
Um die immer größer werdenden Anforderungen der Kunden oder auch mögliche Bedrohungssituationen optimal einschätzen zu können, müssen Sicherheitsdienstleister einiges an Aufgaben erfüllen. Wir denken dabei an die Investition in Know-how, Mitarbeiter:innenausbildung sowie technische Infrastrukturen.
Eine Antwort
Sehr guter Artikel. Danke.