KR Gerhard Komarek, LIM Wien und Bundesberufsgruppenobmann, und Mag. Wolfgang Muth, stellvertretender Bundesinnungsgeschäftsführer, über die ambitionierte Aufgaben-Liste der Standesvertretung für die nächsten Jahre.
Was will, was kann die Kammer für ihre Mitglieder des Reinigungsgewerbes in der aktuellen Wahlperiode tun?
Komarek: Wir haben uns mehrere Schwerpunkte vorgenommen. Einer wird die Öffentlichkeitsarbeit sein und die weitere Verbesserung des Branchenimages. Schwerpunkte sind weiters die Aus- und Weiterbildung, der Hausbetreuungsbereich und der Arbeitnehmerschutz. Ein neuer Themenschwerpunkt wird der Bereich Betriebswirtschaft mit Themen wie Mindeststundensatzkalkulation, Lohn- und Sozialdumping-Gesetz und Bekämpfung von Kopfsteuern sein. Auch im Bereich Nachhaltigkeit haben wir einiges vor. Ebenso bilden die technische Weiterentwicklung von Reinigungsverfahren und das Normenwesen Schwerpunkte. Stolz sind wird darauf, dass der Lehrberuf weiterentwickelt werden konnte, zum dreijährigen Reinigungstechniker. Wir werden den Lehrberuf forcieren, da wir weiter auf die duale Ausbildung setzen. Wir sind bemüht, sowohl Betriebe als auch Lehrlinge für den neuen Lehrberuf zu motivieren.
Und last but not least bleibt der Kollektivvertrag sowohl im Bereich Rahmen als auch Löhne ein wichtiges Thema.
Was steht als Nächstes bzw. schon im Jahr 2015 an?
Muth: Das erste, das wir in Angriff nehmen, ist die Umsetzung des neuen Lehrberufes der Reinigungstechnik, begleitet mit einem Qualitätsmanagementsystem, wofür die Unterlagen bereits vor der Fertigstellung sind, sie werden noch vor dem Sommer mit der Gewerkschaft abgeklärt und sollen im Herbst zur Verfügung stehen. Der zweite Schwerpunkt im Jahr 2015 sind die Kollektivvertragsverhandlungen, vor allem die Lohnverhandlungen, natürlich gibt es auch wieder Gespräche zum Rahmen. Und der dritte große Schwerpunkt des heurigen Jahres ist die Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Bereich haben wir heuer einen neuen TV-Spot produziert und auch schon auf Sendung gehabt, wir haben einen neuen Radio-Spot entwickelt, der zur Zeit auf Sendung ist. Und im Herbst werden wir sicher noch einen weiteren Schwerpunkt setzen, das entsprechende Programm muss noch genau definiert werden.
Wird auch das Gewerbe unbenannt in Reinigungstechnik?
Komarek: Nein, nur der Lehrberuf. Das Handwerk nennt sich weiter Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger, eine Änderung der Gewerbeordnung wird nicht angestrebt, der Lehrberuf für das Handwerk kann anders heißen wie in dem Fall eben „Reinigungstechnik“. Mit 1.6.2015 ist er vom Ministerium verordnet worden, das heißt, alle, die jetzt mit der Lehre in der Gebäudereinigung beginnen, tun dies mit der dreijährigen Lehre „Reinigungstechnik“.
Was ist beim Thema Behindertenausgleichstaxe zu erwarten?
Muth: Wir hätten gerne ein Vollzeitäquivalent gehabt, das bedeutet, dass Teilzeit-Mitarbeiter auf Vollzeit-Mitarbeiter umgerechnet werden. Aber die Politik zeigt keine Bereitschaft, in diese Richtung zu gehen. Wir haben das in einem Verfassungsgerichtshof-Verfahren prüfen lassen, weil wir der Meinung waren, dass es dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht, das Höchstgericht hat dies aber nicht bestätigt. Daher MUSS der Gesetzgeber auch nicht reagieren, und es bleibt eben so, wie es ist.
Komarek: Die Behindertenausgleichstaxe (die an das Bundessozialamt zu entrichten ist, wenn ein Unternehmen der Verpflichtung, auf jeweils 25 Beschäftigte einen „begünstigten“ behinderten Menschen einzustellen, nicht nachkommt – Anm. d. Red.), ist unserer Meinung nach gegenüber den Teilzeitbeschäftigungen ungerecht. Wir haben ja über alle Instanzen versucht, rechtlich dagegen anzukämpfen, waren damit aber leider nicht erfolgreich. Jetzt sind wir gerade dabei, gewisse Vorhaben abzuwehren. So war ursprünglich geplant, diese Kopfquote von 25 herabzusetzen, eine Zeitlang wurde eine Quote von 10 Köpfen kolportiert, mittlerweile hört man von 20 statt 25. Und es ist auch im Raum gestanden, dass die Höhe der Ausgleichstaxe wesentlich erhöht werden soll, bis auf das Doppelte, wurde kolportiert. Diese hohen Kosten würden die Betriebe aber nicht tragen können. Außerdem sind wir der Meinung, dass die Wirtschaft viel zu viele behinderte Menschen quasi „bezahlt“ beziehungsweise viel mehr, als der Arbeitsmarkt überhaupt zur Verfügung stellen kann. Dazu möchte ich ein Schreiben eines unserer Mitgliedsbetriebe an den Sozialminister erwähnen, in dem diesem mitgeteilt wird, dass man versucht habe, behinderte Menschen einzustellen, dass aber von 14 Bewerbern nur ein einziger bereit gewesen sei, die Tätigkeit anzunehmen. Das zeigt: Selbst wenn man als Betrieb einen behinderten Menschen einstellen WOLLTE, ist es fast nicht möglich, einen zu bekommen.
Thema „Gesetz gegen die Unterentlohnung“ – wie viel darf noch gearbeitet werden?
Muth: Das hat mit dem Arbeitszeitgesetz zu tun, welches regelt, wie viele Stunden man pro Tag, pro Monat und pro Jahr arbeiten darf. Und das ergibt eben die 40-Stunden-Woche mit 60 Stunden pro Jahr, die man noch zusätzlich arbeiten darf.
Komarek: Die Unterentlohnung wird jetzt aufgrund des neuen Lohn- und Sozialdumping-Gesetzes sehr strikt und intensiv kontrolliert. Und zwar wird kontrolliert, ob sämtliche Entgeltansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch gegeben sind, nicht nur, was den Grundlohn betrifft, sondern auch alle anderen Ansprüche wie zum Beispiel Urlaubszuschuss und Weihnachtsrenumeration oder Überstunden. Wobei hier das Hauptproblem wahrscheinlich gar nicht die Unterentlohnung ist, denn ich gehe davon aus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Betrieben auch das bekommen, was sie verdienen. Ich glaube eher, dass hier das geltende Arbeitszeitgesetz ein Problem ist, weil manche Mitarbeiter in unserer Branche, speziell in der Sonderreinigung, mehr verdienen möchten, aber offiziell nicht mehr Stunden, als das Arbeitszeitgesetz zulässt, arbeiten dürfen. Deswegen weichen dann manche dahingehend aus, dass sie zwei Jobs annehmen, bei einer Firma acht Stunden und bei einer anderen am Abend von 17 bis 21 Uhr. Das ist möglich, weil es noch kein Zeitkonto gibt, aber auch das ist angeblich bei der Gewerkschaft schon geplant.
Thema Auftraggeberhaftung: Soll diese auf alle gewerblichen Tätigkeiten ausgedehnt werden?
Komarek: Das wäre nicht schlecht, speziell auch für unsere Betriebe, denn wenn der Auftraggeber mit dafür verantwortlich ist, ob der Auftragnehmer seine Sozialversicherungsbeiträge und die Umsatzsteuer abliefert, wird er sich gut überlegen, wem er einen Auftrag gibt bzw. ob er ihn wirklich dem Billigstbieter gibt, bei dem man gar nicht weiß, wie er diesen Preis zustande bringt oder welche Leistung er wirklich bringt.
Muth: Das würde auch zu mehr Kostenbewusstsein führen und zu einer Fokussierung auf die Kalkulationstätigkeit.
Was kann die Standesvertretung gegen Gewerbeüberschreitungen im Bereich Hausbetreuer tun?
Komarek: Wir haben ja die so genannte „Ampelkarte“ kreiert, auch in verschiedenen Sprachen, die wir jetzt noch einmal überarbeitet haben. Damit haben wird den Betrieben grundsätzlich ein Werkzeug an die Hand gegeben, um zu wissen, was ein Hausbetreuer machen darf, wo die Grenze ist und was er auf keinen Fall machen darf. Natürlich gibt es diese Gewerberechtsüberschreitungen, die dann aber meistens von einem anderen, der den Auftrag verliert oder nicht bekommen hat, gemeldet werden. Das Pfuscherbekämpfungsreferat der jeweiligen Landeswirtschaftskammer kümmert sich dann darum und bringt es zur Anzeige.
Aber auch in den Kursen „Geprüfter Hausbetreuer“, die wir geschaffen haben – mit den Modulen Reinigung, Grünraumbetreuung und Schneeräumung –, werden die Teilnehmer selbstverständlich auch darauf hingewiesen, welche Arbeiten sie durchführen dürfen und welche nicht. Wir setzen hier also möglichst auf Aufklärung und Information.
Muth: Wir setzten auf Information und klare Regelungen wie zum Beispiel bei der Gewerbeabgrenzung Handwerk – freies Gewerbe auf die genauen Festlegungen in der Liste der „freien Gewerbe“ beim Wirtschaftsministerium, wo im Anhang die Tätigkeiten des freien Gewerbe im Einzelnen angeführt sind. Als Verband setzten wir diese Liste durch die Ampelkarte um.
Wir organisieren Veranstaltungen zum Beispiel in der GebäudereinigungsAkademie zu einzelnen Themen wie Stundensatzkalkulation, wo die Firmen eingeladen werden und Informationen erhalten, wie sie ihre Selbstkosten errechnen.
Komarek: Dazu ist auch angedacht, auch die Auftraggeber entsprechend zu informieren, damit diese die Möglichkeit haben zu verifizieren, ob ein Dienstleister wirklich eine plausible Stundensatzkalkulation abliefert. Auch der Kunde sollte die Möglichkeit haben, mit dem neuen Tool für die Stundensatzkalkulation, das wir Anfang dieses Jahres in der Wiener GebäudereinigungsAkademie präsentiert haben, den Stundensatz, zu welchem der Gebäudereiniger anbietet, zu hinterfragen. Wir werden dieses Instrument in weiterer Folge um eine auftragsbezogene Stundensatzkalkulation erweitern, wo dann auch noch Dinge wie Fahr- und Wegzeiten sowie andere Kosten, die bei einem Auftrag für ein bestimmtes Objekt dazukommen, berücksichtigt sind. Diese Stundensatzkalkulationen werden der Branche sicher etwas bringen. Genauso wie die neue Norm für Quadratmeterleistungen, die am Anfang große Diskussionen ausgelöst hat, wo es jetzt aber so ist, dass bei Ausschreibungen, die diese Norm berücksichtigt haben, plötzlich die Preisunterschiede nicht mehr zwischen 50 bis 70 Prozent liegen, sondern nur noch zwischen 8 und 12 Prozent. Das hat also einen sehr positiven Veränderungsfaktor mit sich gebracht.
Muth: Noch ein Wort zum Branchenimage – dieses ist immer nur so gut wie die einzelnen Mitgliedsbetriebe. Ein Image aufzubauen, ist schwer, es zu beschädigen, dazu reicht schon ein größerer Fehler eines einzelnen Mitgliedsbetríebs. Deshalb sollte sich jeder bewusst sein, dass er als Einzelner das Bild der ganzen Branche in der Öffentlichkeit mitträgt.