Haben wir etwas aus der COVID-19 Pandemie gelernt?
Text: Marion Krejci
Spätestens seit dem österreichweiten Shut Down am 16.03.2020 ist uns allen bewusst geworden, wie klein doch die Welt ist. Ein Erreger, der in mehr als 8000 km Entfernung sein Unwesen trieb, hat die österreichische Bevölkerung in wenigen Tagen in einen Ausnahmezustand versetzt. Betroffen waren plötzlich alle Menschen dieses Landes und nicht nur PatientInnen und BewohnerInnen in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens.
Schnell waren die Aussagen und Handlungen jener Personen vergessen, die vor der Pandemie professionelles Hygiene-Management als zu übertrieben und kostspielig bezeichnet haben, die der Meinung waren, dass zu viel Hygiene krank machen würde!
Nicht selten wurde bei der Ausstattung von Gesundheitseinrichtungen dem Design mehr Bedeutung als der hygienischen Aufbereitungsmöglichkeit gegeben. Wie sonst ist die Entscheidung, einen Teppichboden oder Möbel mit Stoffbezug für eine Pflegeeinrichtung anzukaufen, zu erklären?
Die Hinweise der HygieneexpertInnen, dass beispielsweise nur die mindestens einmal jährlichen Hygieneüberprüfungen der medizintechnischen Gerätschaften Sicherheit über ein einwandfreies Hygieneergebnis geben, wurden von vielen Betreibern oder dem Management in den Wind geschlagen. Begründet wurde dies meist mit einem Unverständnis für die Notwendigkeit oder dem vorherrschenden Kostendruck. Nicht zuletzt führten diese Sichtweisen auch zu einer geringen Bevorratung an Desinfektionsmitteln oder Personalschutzausrüstungen. Qualität und Service des Anbieters waren nicht immer kaufentscheidend.
…. mit COVID-19 wurde plötzlich alles anders!
Die Versäumnisse der Vergangenheit führten in einigen Einrichtungen rasch zur Ressourcenknappheit an Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln. Beliefert wurden von Seiten der Industrie nur mehr bestehende Kunden – Neukunden konnten aufgrund der Produktionsauslastungen nicht mehr aufgenommen werden. Wer vorher bei professionellem Hygienemanagement eingespart hatte, sah sich plötzlich mit Lieferengpässen und stark verunsichertem Personal konfrontiert. Wird der Umgang mit speziellen Erregern nicht regelmäßig trainiert, bricht im Anlassfall Verunsicherung und Angst bei den MitarbeiterInnen aus. Beispielgebend für regelmäßiges und erfolgreiches Training ist die in Österreich gut etablierte freiwillige Feuerwehr, die regelmäßig trainiert und daher im Krisenfall den Bürgern professionell zur Seite stehen kann.
Trotz aller widriger Umstände gab und gibt es sie, die erfolgreichen KrisenmanagerInnen!
Es sind Menschen, die bereits vor der COVID-19 Krise mit Weitblick entschieden haben, Hygienemanagement als Teil des Qualitätsmanagements in ihren Einrichtungen zu implementieren, und darüber hinaus gemeinsam mit allen MitarbeiterInnen an kontinuierlicher Verbesserung der Hygienestandards arbeiten.
Gelebte Hygiene dient in erster Linie der Prävention. Nach Prof. Dr. W. Popp1 gliedert sich Hygiene-Management in:
Primärprävention
Diese hat zum Ziel, eine Erkrankung zu verhindern. Alle vorbeugenden Maßnahmen setzen vor dem Eintreten einer Krankheit an.
Beispiele hierfür sind die Händehygiene, Impfung, Sterilisation von OP-Instrumenten, Lebensmittel und Wasserhygiene, Qualifizierung und laufendes Training des medizinischen Personals.
Sekundärprävention
Dabei geht es um die Früherkennung von Erkrankungen und die Erfassung bereits vorhandener Krankheiten. Als Beispiel können das Screening auf COVID-19 und Surveillance genannt werden.
Tertiärprävention
Der Schwerpunkt liegt in diesem Stadium auf der Verminderung der Krankheitsfolgen. Eine Verschlimmerung der Situation soll verhindert werden. Dazu zählt beispielsweise das Ausbruchsmanagement.
Bei dieser Darstellung der Stadien zeigt sich deutlich, dass eine Fokussierung auf die Primärprävention neben einer Qualitätssteigerung für PatientInnen und Personal auch eine erhebliche Kostenersparnis mit sich bringt.
Es lohnt sich, in Hygiene zu investieren
Wir alle hoffen auf eine Zeit „nach COVID-19“ und wollen möglichst bald wieder zurückkehren zu einem vertrauten Arbeitsalltag. Werden wir jemals wieder unbekümmert ans Werk gehen können? Wird das Bewusstsein über die Bedeutung präventiver Hygienemaßnahmen erhalten bleiben?
Es wird sie geben – die Zeit nach der COVID-19 Pandemie.
Trügerisch wäre es allerdings zu glauben, dass dann alle Gefahren gebannt sind. Auch wenn in den letzten Wochen die Aufmerksamkeit ausschließlich auf SARS-CoV-2 gerichtet war, es gibt weiterhin eine Fülle gefährlicher Infektionserreger, Resistenzen gegenüber Antibiotika und Hospitalismus.
Es ist wichtig dafür zu sorgen, dass zukünftig der hohe Stellenwert der Hygiene im Rahmen des Infektionsschutzes nicht mehr verloren geht. Gelebte Primärprävention ist der beste Schutz gegenüber möglichen mikrobiellen Gefahren und den damit verbundenen Auswirkungen auf die PatientInnen, BewohnerInnen und MitarbeiterInnen.
Marion Krejci MAS, MBA, ist Gründerin und CEO der HYGline GmbH hygiene isssues & management