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„Auch ein bisschen Old school 4.0“

Über die „Riesenchance“, die Robotik in der Reinigung bietet. Von Rainer Kenter, Inhaber der gleichnamigen GmbH, am ReinigungsTag 2022.

Text: Hansjörg Preims

Das Thema Robotik wird auch in der Reinigung zunehmend bedeutender. Man kann auch von einer „Decade of Robotic“ sprechen. In Zukunft wird der neue Arbeitskollege der Reinigungskraft der Roboter sein. Wobei er nicht Arbeitsplätze wegnimmt, sondern die Lücken füllt, wo man gar keine Leute mehr dafür findet. Und der Fachkräftemangel wird auch noch durch die Alterspyramide verschärft. Daher wird sich das, was wir heute als Fachkräftemangel sehen, aller Voraussicht nach nicht verbessern. So wird das Thema Robotik ein bestimmendes sein, denn es ist ein Teil der Lösung. Auch Daytime Cleaning ist ein Lösungsszenario, und auch da sind die Roboter enorm hilfreich. 

Mitarbeiterentlastung

Es gibt aber auch noch andere wichtige Dimensionen. In einem Arbeitsmarkt, wo immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung sind, wo man sich die Mitarbeiter nicht mehr aussuchen kann, sondern froh sein muss, wenn man überhaupt welche bekommt – in einem solchen Arbeitsmarkt, muss man als Arbeitgeber umso besser schauen, dass es den Mitarbeitern, die man hat, gut geht, und da ist Mitarbeiterentlastung natürlich auch ein Thema. Wer 1 – 2 Stunden eine 8er-Schleife geschwungen hat, weiß, welch anstrengende Arbeit das ist. Und auch die Arbeit mit dem Scheuersaugautomat kann je nach Objekt sehr anstrengend sein. Die Robotik bringt hier Entlastung.

24 Stunden, Leistungskonstanz

Ganz wichtig: Haben Sie, wenn Sie Roboter einsetzen, den Mut, die Reinigung in Ihrem Objekt neu zu denken! Man ist nicht mehr darauf angewiesen, die Arbeit von 20 bis 22 Uhr zu erledigen, man kann es je nach Objekt auch zu ganz anderen Zeiten machen, oder zusammen mit dem Kollegen. 

Hier bieten sich neue Arbeitsvarianten. Und Stichwort Leistungskonstanz: Von den wenigen uns zur Verfügung stehenden Mit­arbeitern sind, wie wir wissen, nicht alle immer die besten, dem­ent­sprechend ist die Qualität nicht immer optimal. Der Roboter dagegen fährt jeden Tag die gleiche Linie, mit 1 cm Über­lap­pung, und die Leistung wird auch noch dokumentiert. 

Robotik und Nachhaltigkeit

Wie passt das Thema Nachhaltigkeit mit Robotik zusammen? In der Herstellung der Robotik wird man mit den Prozessoren und der enthaltenen Computer-Technik ein paar Prozent mehr Aufwand haben, aber: Mit der Robotik kommt gerade wieder ein bisschen Old school in die Maschinen rein. In den letzten 10 – 20 Jahren war die Entwicklung die, dass vieles immer „günstiger und noch günstiger“ wurde, zumal auch die Motoren. Mit der Robotik kommen jetzt wieder deutlich teurere Motoren in die Maschinen rein. Aber diese halten auch drei- oder viermal so lang und verbrauchen 30 bis 40 Prozent weniger Energie. Beim Roboter spielt es daher keine Rolle, wenn der Motor im Einkaufspreis etwas mehr kostet. 

Oder: Ein Roboter, der schon nach einer halben Stunde kein Wasser mehr hat, ist ineffizient. Deshalb wird auch sehr viel getüftelt, wie man diese Technologie möglichst Wasser sparend macht bzw. wie man mit dem zur Verfügung stehenden Wasser so viel Quadratmeter wie möglich machen kann. So kann man – nicht für alle, aber für die meisten – als Faustformel sagen, dass die Robotik eine sehr energieeffiziente Technologie ist und auch eine wassersparende Technologie sein muss.

Älter werdende Bevölkerung, steigende Löhne

Es kommt noch hinzu, dass unsere Mitarbeiter immer älter werden und wir ihnen Technologien anbieten müssen, mit denen sie ihrem Alter entsprechend zurechtkommen. Und: Viel krasser, als wir es vor einem Jahr noch prognostiziert haben, werden die Löhne steigen. In der Robotik dagegen bleiben die Preise, denke ich, eher stabil oder gehen nach unten – der Return of Investment wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Reinigungsqualität, Branchenimage

Die Reinigungsqualität wird durch Robotik immer besser. Und ich glaube auch, dass die Robotik eine sehr große Chance für die gesamte Branche ist, ihr Image weiter zu verbessern. Robotik zieht auch ganz andere Menschen an, junge technik-affine Mitarbeiter. Wir prognostizieren, dass in fünf Jahren mindestens die Hälfte der Reinigungsmaschinen Robotik sind. 

„Schwarmintelligenz“

Die große Zukunft werden meiner Meinung nach nicht die ganz großen Reinigungsroboter sein, sondern eher kleinere, die möglicherweise im Schwarm fahren. Ich glaube, dass man zu Anfang etwas zu „groß“ gedacht hat. Das Rennen werden eher die kleinen Roboter machen, weil sie viel agiler sind und in kleineren Bereichen besser zurecht kommen, gleichwohl aber auch – vielleicht auch zu zweit oder zu dritt – in großen Objekten eingesetzt werden können. In dem Bereich wird es in den nächsten Monaten und Jahren eine enorme Entwicklung geben.

Verstanden hat man mittlerweile auch, dass Robotik nicht funktioniert, wenn sie komplex ist. Die Reinigungskaft, egal ob sie 25 oder 65 Jahre alt ist, muss einfach damit umgehen können. Es wird hier denn auch alles sehr viel einfacher, daher wissen wir aus der Praxis, dass diese Geräte von der Mitarbeitern auch gut angenommen werden. 

Robotik und Kehrmaschinen

Spannend auch: Robotik und Kehrmaschinen. Wobei es im Außenbereich nochmal komplexer ist, man hat dort viel weniger Referenzpunkte als im Gebäude mit Wänden und festen Gegenständen. Aber es ist mittlerweile möglich, auch draußen zuverlässig Reinigungsmaschinen einzusetzen. An diesem Punkt sind wir heute schon. 

Auch der ServiceRoboter (siehe Bild oben) wird für den Gebäudereiniger ein interessantes Thema werden. Der ServiceRoboter reinigt zwar nicht, führt aber Dienstleistungen durch, die der Gebäudereiniger neben der Reinigung dem Kunden anbieten kann, vom Gastrobereich und der Hotellerie über Gesundheitseinrichtungen bis hin zu Botendiensten.

Fachkräftemangel und Robotik

Die Kosten eines durchschnittlichen Gebäudereinigers: 85 Prozent Personal, 1,5 Prozent Maschinen, 1,5 Prozent Verbrauchsartikel, 7 Prozent Overhead, Miete, Autos etc. Und im günstigsten Fall bleiben ihm 5 Prozent Gewinn. Wir sind uns aber sehr sicher, dass sich das stark verändern wird, weil die Robotik einen erheblichen Teil annehmen wird (siehe Grafik Seite 28). These:

  • Ca. 35 Prozent der Zeit für die Reinigung eines Objekts ist für Bodenreinigung.
  • Ca. 85 Prozent der Bodenflächen können heute roboterisiert gereinigt werden.
  • 30 Prozent des Personals des Dienstleisters wird in naher Zukunft von Robotern übernommen.

Und das ist nichts Schlimmes, sondern – ganz im Gegenteil – eine Riesenchance.

4D Cleaning

Auch 4D Cleaning wird, glaube ich, ein Thema der Zukunft werden. 4D Cleaning bedeutet: Die drei „normalen“ Dimensionen sind hier der Boden, Wände und Decken und Oberflächen, die 4. Dimension ist die Luft. Wie kommt Schmutz ins Gebäude? In erster Linie über die Füße, aber auch über die Luft. Wenn man nun nicht nur Böden und Oberflächen reinigt, sondern auch die Luft, hat man nicht nur deutlich – messbar, oft auch sichtbar – weniger Staub im Gebäude, sondern auch eine ganze Reihe von weiteren Vorteilen: Viren und Feinstaub werden aus der Luft herausgefiltert, die Leute fühlen sich wohler, die Krankheitsraten gehen nach unten. Mit Luftfiltern lässt sich das machen, und das wird auch kommen. Ich bin überzeugt, dass ein Dienstleister in Zukunft seinen Kunden anbieten kann: Willst du Reinigung konventionell? Oder besonders nachhaltig und chemiefrei? Oder auch noch vierdimensionale Reinigung?

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