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Chemie versus Mikrobiologie

Oder ergänzen sich die beiden Bereiche? Ganz unterschiedlich sind jedenfalls die beiden Herangehensweisen im Bereich Sanitärhygiene.

Text: Hansjörg Preims

Dr. Reiner Hofmann ist Leiter der Anwendungstechnik und des Seminarbereichs der Johannes KIEHL KG. Egbert Kniffler war ebenfalls viele Jahre für einen großen Hersteller von chemischen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln tätig, hat dann aber vor zwei Jahren zusammen mit drei Gesellschaftern die BIODOR GmbH gegründet, um sich auf einen anderen Zugang zu Hygienekonzepten zu spezialisieren: auf mikrobiologische Reiniger. Reinigung aktuell lud die beiden auf der CMS in Berlin zu einem Austausch über ihre unterschiedlichen Herangehensweisen an das Thema Sanitärreinigung.

Herr Kniffler, welche Vorteile bietet aus Ihrer Sicht der mikrobiologische Ansatz im Sanitärbereich gegenüber einer rein chemischen Reinigung?

Kniffler: Es gibt es in diesem Bereich Felder, wo man mit der Chemie nicht weiterkommt. Und da hat die Mikrobiologie – wir mit dem Produkt Biodor – eine gute Lösung, die funktioniert, einfach in der Handhabung ist und – ganz wichtig für den Anwender: Bei gleichem Arbeitsaufwand ist das Ergebnis um ein vielfaches besser, sowohl im Bereich Geruchsvernichtung, aber auch – noch viel wichtiger – dadurch, dass es gleichzeitig den Hygienestatus verbessert. Denn dass eine Toilette dann nicht mehr stinkt, ist eigentlich nur ein Nebenprodukt dessen, dass Nährböden für Fremdkeime effektiv abgebaut wurden. Das ist unser wesentlicher Ansatz: Ein verbessertes Hygienekonzept, und es riecht nicht mehr.

Wie funktioniert dieses Produkt?

Kniffler: Das sind Sporen, die zu Bakterien werden, sobald sie organische Rückstände als Nahrung sowie Feuchtigkeit und Wärme vorfinden. Treffen die Bakterien dann zum Beispiel auf Harnstoff, entwickeln sich Enzyme – ein Werkzeug, mit dem sie den Harnstoff spalten und das Stickstoffmolekül aus der Harnstoffverbindung herausziehen. Das benötigen die Bakterien für ihren Stoffwechsel. Auf diese simple biologische Weise werden die organischen Reststoffe völlig abgebaut, die geruchsabgebenden Bakterien verlieren ihre Nahrungsquelle und die Geruchsursache wird beseitigt. Durch den Einsatz von Biodor in der Unterhaltsreinigung dominieren unsere guten Bakterien. So können wir sogar von einer nachhaltigen Wirkung sprechen.

Wie schnell wirkt es?

Kniffler: Die Praxis hat gezeigt, dass eine Behandlung teilweise schon ausreichte um das Ergebnis deutlich zu verbessern. Das ist aber immer abhängig von der Intensität und dem Alter der Belastung. Bei einer stark kontaminierten Toilette kann der Prozess bis zu zehn Tagen dauern, um eine Geruchsneutralität zu erzielen. Aber dann ist es wirklich geruchsneutral. Herkömmliche Raumsprays oder andere Überdecker schaffen nur eine kurze Linderung und erzeugen häufig noch unangenehmere Mischgerüche. Durch die reguläre Unterhaltsreinigung – mit unserem mikrobiologischen Produkt – kann der Geruchs- und der Hygienestatus dauerhaft gehalten werden.

Herr Hofmann, kennen Sie diesen mikrobiologischen Reiniger Biodor? 

Hofmann: Wir wissen, dass dieses Produkt als Geruchsvernichter gut funktioniert. Mit dem KIEHL Omni-fresh haben wir ein ähnliches Produkt. Es erschien uns aber für bestimmte Bereiche zu schwach, weil es lediglich eine mikrobiologische Wirkung hatte, aber keine chemische, so dass wir – in dem neuen Produkt Oxycal – beides zusammengebracht haben. Dieser Sanitärreiniger löst Kalk und vernichtet unangenehme Gerüche durch eine moderne Säurekombination und Wasserstoffperoxid. Damit haben wir die Verfahrenskosten für den Kunden drastisch gesenkt, weil er beides in einem Arbeitsgang machen kann: die geruchsbildenden Bakterien zerstören und Kalk lösen. Es ist also durchaus möglich, den Geruch auch chemisch zu vernichten, indem man Wasserstoffperoxid einsetzt.

Kniffler: Natürlich kann man mit Wasserstoffperoxid Geruchsfreiheit herstellen, wenn man bereit ist, diese chemische „Keule“ einzusetzen …

Hofmann: Nein, das ist keine „Keule“. Für die Umwelt ist Keimreduktion mit Wasserstoffperoxid das Beste, was man machen kann. Die Endprodukte bei der Zersetzung sind Wasser und Sauerstoff. Zusätzlich habe ich mit Oxycal eine viel schnellere Wirkung – und vor allem auch eine gute Reinigungsleistung. Wir sind Hersteller von Reinigungsmitteln, die auch gleichzeitig desinfizieren. Das ist ein Unterschied in der Herangehensweise. Das Oxycal verkauft sich erfolgreich. Viele klagen ja, was für negative Auswirkungen die Umstellung auf CLP, auf die neue Kennzeichnungspflicht, hätte. Dazu kann ich nur sagen: An der Herangehensweise in der Reinigung hat sich nichts geändert, man braucht für einen bestimmten Einsatz immer das richtige Produkt. Es hat keinen Sinn, in einer Großküche mit einem pH-neutralen Produkt zu reinigen, nur weil es angeblich umweltfreundlich ist. Dort braucht man nun mal ein alkalisches Produkt, sonst kommt man in der Zeit, die zur Verfügung steht, nicht zu Rande. Und so sehe ich auch unser Oxycal: Ich habe ein Produkt, das zwei Dinge gleichzeitig macht – es löst den Kalk und es hat eine luftverbessernde bzw. geruchsvernichtende Wirkung. Aber auf einer ganz anderen Basis, als Sie es betreiben.

Kniffler: Man muss letztlich offen sein für die Frage, wo chemische Verfahren oder rein biologische Verfahren von Vorteil sind.  Man muss dem Anwender erklären, wo er mit der biologischen Leistung weiterkommt und wo er damit das Problem nicht löst. Zum Beispiel bei Objekten mit stark kalkhaltigem Wasser empfehlen wir in der Zwischenreinigung den Einsatz von einem herkömmlichen Sanitärreiniger, um Kalkbelag zu entfernen. Nach heutigem Entwicklungsstand in unserem Haus kann ich dieses Problem mit einem biologischen Produkt nicht gut lösen. Das sage ich meinen Kunden auch so. Ich sage aber auch: Unser Produkt funktioniert hervorragend, wenn es zum Beispiel um die Problematik der Harnstoffdepots geht, die sich über die Jahre in einer Urinalwand eingelagert haben, auch wenn eine Toilette immer top gepflegt und gereinigt wurde. Mit dem chemischen Reiniger bekommt man den Boden sauber und die Fliesen an der Wand, aber gegen die Harnstoffdepots kommt er nicht an. Der chemische Reiniger kann die Geruchsquellen nicht erreichen und wirkt nur auf der Oberfläche. Das heißt, sobald der Duft des Sanitärreinigers verflogen ist, schlägt der unerwünschte Geruch wieder in voller Stärke durch.

Unser Ansatz ist eben: Warum sollen wir immer weiter chemische Produkte auf den Markt werfen, die letztendlich immer irgendwelche nachteiligen Effekte haben? Stichwort Desinfektion. Wir wissen ja auch aus dem Bereich der Antibiotika, dass nach jahrzehntelanger massiver Anwendung die Natur jetzt zurückschlägt und wir und unsere Umwelt immer resistenter dagegen werden. Warum nützt man also nicht das stärkere, was die Natur ohnehin bereitstellt und noch dazu völlig umweltfreundlich ist. Diese natürlichen Möglichkeiten in ein Produkt zu gießen, bietet eine hervorragende Lösung. Im Bereich der Reinigungschemie ist die Zeit der großen Innovationen ohnehin seit nunmehr zehn Jahren vorbei.

Hofmann: Die Innovationen liegen heute eben in anderen Bereichen, nicht mehr in der Substanz des Reinigungsmittels selbst. Wir haben zum Beispiel vor einigen Jahren den ersten Grundreiniger auf den Markt gebracht, bei dem keine Einwirkzeit mehr notwendig ist – ein Zusatznutzen für den Kunden, wenn er nicht mehr die Einwirkzeit abwarten muss. Das konnte man durchaus als Innovation bezeichnen. Oder auch unser Oxycal: Wo man früher zwei Produkte gebraucht hat – einen mikrobiologischen Reiniger und einen Sanitärreiniger – benötigt man heute nur noch ein Produkt – Oxycal. Und das ist die Innovation. Ohne eine neue chemische Substanz erfinden zu wollen, kann man also bekannte Substanzen so kombinieren, dass wiederum eine Innovation entsteht.

Kniffler: Den Sanitärreiniger braucht man mit unserem Produkt aber auch nicht mehr. Denn wir haben es ja analysiert und mit Abklatschtests bewiesen, wie sich das Hygieneverhalten in einer Toilettenanlage deutlich verändert. Nachweislich nimmt die Anzahl schädlicher Fremdkeime deutlich ab. Ohne den Einsatz scharfer Desinfektionsmittel.

Hofmann: Man muss aber auch ganz klar sagen, dass Sie weit weg von der Desinfektion sind.

Kniffler: Das wollen wir auch bewusst sein, Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind unsere Innovation. Ich habe schon das Thema Antibiotika angesprochen – die Gefahr liegt doch auch bei der Desinfektion. Sie schafft multiresistente Keime – und wir werden dafür bestraft. Wir müssen immer mehr Desinfektionsmittel anbringen, um ein Ergebnis zu realisieren.

Hofmann: Aber nein. Im Krankenhaus zum Beispiel ist die Desinfektion ja rückläufig, die Oberflächen werden nur noch im patientennahen Bereich desinfiziert. Früher hat man alles desinfiziert, das macht man heute nicht mehr. Aber davon abgesehen – wenn Sie Ihr mikrobiologisches Produkt so darstellen, dass es eine Keimreduktion bewirkt, wird das im Sprachgebrauch der Dienstleister mit Desinfektion verglichen. Und deswegen habe ich darauf hingewiesen, dass Sie weit weg sind von der Desinfektion.

Kniffler: Und wie lösen Sie mit Ihrem Produkt die Nahrungsgrundlage der Keime im Untergrund auf? Die knacken Sie nicht durch Desinfektion.

Hofmann: Wenn ich desinfizieren und den Biofilm knacken will, nehme ich eben ein Desinfektionsmittel. Dann habe ich die Reduktion um 5 Log-Stufen, Sie haben mit Ihrem Produkt eine Reduktion um eine oder zwei Log-Stufen.

Kniffler: Ohne Desinfektion ist das doch ein tolles Ergebnis. Wo es einen Biofilm gibt, wird er mit unserem Produkt in einem Arbeitsgang abgebaut. Über diese Möglichkeit müssen sich doch alle freuen. Wir machen etwas, das für die Umwelt gut ist, das den Menschen hilft und nicht mehr Arbeit ist.

Hofmann: Für Deutschland ist genau beschrieben, was eine Desinfektion leisten muss. Demnach muss eine Desinfektion in der Lage sein, aus 100.000 Keimen einen zu machen, bei einer definierten Einwirkzeit. Das ist die Vorgabe an ein Desinfektionsprodukt, welches in Deutschland zugelassen ist. Deswegen gefällt es mir nicht, wenn Sie, wie ich den Eindruck habe, sagen wollen, mit einer Keimreduktion wären Sie nahe dran an der Desinfektion. Das sind Sie nämlich nicht. Aber Sie wollen ja auch bewusst nicht diese festgeschriebene Form der Desinfektion, das habe ich schon verstanden. Nur ist die Desinfektion in manchen Bereichen eben absolut notwendig.

Kniffler: Keine Frage, in bestimmten Bereichen ist Desinfektion absolut unerlässlich. Aber in Situationen, wo man keine Desinfektion benötigt, erzielt man mit unserem Produkt ein  deutlich verbessertes hygienisches Klima. Das muss gesamtheitlich überdacht werden. Es gibt sehr viele Bereiche, wo nicht desinfiziert werden muss, wo aber eine deutliche Veränderung der Keimlage wünschenswert wäre. Und hierfür, sage ich, hat die Mikrobiologie eine Reinigungslösung, wo mit geringem Aufwand diese Anforderung erfüllt werden kann. Nachhaltig und im Einklang mit der Natur.                           j

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