Seit 2008 wählen wir für unsere jeweils letzte Ausgabe des Jahres eine Person oder Personen (denkbar für die Zukunft sind aber auch Institutionen, Vereine etc.), die sich für die Reinigungsbranche besonders verdient gemacht haben, und stellen sie mit ihren herausragenden Leistungen in einem Portrait vor. Heuer wollen wir gleich all jene Personen vor den Vorhang holen, ohne die diese Branche nichts wäre: die rund 51.000 Reinigungskräfte Österreichs. Sie sind statistisch zu 88 Prozent Frauen, 67 Prozent sind Teilzeit beschäftigt, 67 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Und sie alle sind viel zu oft unsichtbar, weil sie zu den Randzeiten arbeiten müssen. All diesen Reinigungskräften, die unseren Boden wischen, unseren Müll beseitigen, all diesen Menschen, die unsere Krankenhäuser sauber halten und die wir oft nicht einmal grüßen, geschweige denn ihnen Danke sagen – all diese Menschen ehren wir heuer. Wir sagen danke und hoffen auf Nachahmung!
Text: Hansjörg Preims
Ein hoher Funktionär der Standesvertretung hat es einmal so auf den Punkt gebracht: Man sollte einen Minister mit einem Staubsauger in der Hand durch die Werbung flitzen und sagen lassen, „so geht es mir, wenn die Reinigung nicht da ist.“ Wenn sie aber da sei, wolle man sich nicht gestört fühlen, so der Standesvertreter. Immer öfter ist, auch in diesem Medium, denn auch die Rede und Schreibe davon, dass mehr Tagreinigung stattfinden sollte, davon, dass es der Wertigkeit der Reinigung und der Anerkennung derer, die sie tagtäglich durchführen, eigentlich unwürdig ist, sie an die „unsichtbaren“ Ränder des Tages abzudrängen. „Der Wunsch nach dem Ende der Unsichtbarkeit“ titelte sinngemäß auch eine Veranstaltung der Gewerkschaft vida und der Arbeiterkammer Ende Oktober in Wien, wo eine IFES-Studie zur Beschäftigungssituation im Reinigungsgewerbe vorgestellt wurde (siehe Seite 23). Und auch für die Innung wäre es „Richtung weisend, wenn vermehrt Tagreinigung zum Einsatz käme“, so wie es auch international von den Sozialpartnern forciert wird. Vielen Mitgliedsbetrieben würde es entgegen kommen, wenn eine Reinigungskraft nicht zwei Stunden in der Früh und zwei Stunden am Abend, sondern an einem Tag zumindest vier bis fünf Stunden ohne Unterbrechung ihre Arbeiten durchführen könnte. Doch es ist eben üblich, dass gereinigt wird, wenn noch niemand oder niemand mehr im betreuten Objekt ist. Woran sich so schnell – wohl aus soziokulturellen Gründen – auch nichts ändern wird für die rund 51.000 Reinigungskräfte in Österreich. Fast 90 Prozent davon sind Frauen, der weit überwiegende Teil mit Migrationshintergrund. Und die meisten bekommen gerade mal das ohnehin nicht dem Wert ihrer Tätigkeit entsprechende kollektivvertragliche Minimum bezahlt. Laut der erwähnten IFES-Studie kommen bei vier von zehn Befragten auch noch falsche Lohnabrechnungen vor. „Die Mitarbeiter werden nicht leistungsgerecht bezahlt, der Stundenlohn ist viel zu niedrig“, sagt denn auch Wenzel Schmidt, Chef des gleichnamigen oberösterreichischen Reinigungsdienstleisters. Eine Reinigungskraft sei in gewisser Weise genauso eine Fachkraft wie ein Automechaniker, der 50-60 Euro für die Stunde bekomme. Warum? Weil das Auto eben einen gewissen Status habe, Reinigung werde aber als notwendiges Übel gesehen, das nichts kosten sollte. Die gewerblichen Reinigungsmitarbeiter müssten, so Schmidt, auf einen völlig anderen Level angehoben werden. („Wir müssen raus aus dieser Billigst-Ecke!“).
Gründe genug, diese Menschen, die Tag für Tag unsere Böden wischen, unseren Müll beseitigen, unsere Krankenhäuser sauber halten und so unsere gewohnte Alltagsqualität erst ermöglichen, wenigstens an dieser Stelle einmal in die vorderste Reihe zu bitten. Stellvertretend für alle Frau Vukica Stojkov. Sie kam im Jahr 2005 von Serbien nach Österreich, acht Monate nach ihrem Mann, dem sie mit den zwei gemeinsamen Kindern, damals sechs und acht, als Asylbewerberin folgte. Es gab zu dieser Zeit zwar keinen Krieg mehr in Serbien, aber gewisse Feindseligkeiten unter der serbischen Bevölkerung reichten noch immer aus, um jemandem seine Existenzgrundlage mutwillig zu zerstören, im Falle von Frau Stojkov ihr eigenes Geschäft als Textilverkäuferin. 2006 brachte sie in Wien das dritte Kind zur Welt, ein Jahr später bekam sie den positiven Asylbescheid. Nach der Karenzzeit und einem Deutschkurs fing Frau Stojkov als Reinigungskraft an zu arbeiten. Am Anfang nur zu Randzeiten: von 6 bis 10, dann ging sie nach Hause und ab 15 oder 17 Uhr noch einmal arbeiten. Um 8 oder halbneun am Abend kam sie wieder nach Hause. „Es war schwierig mit den kleinen Kindern, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen, aber gemeinsam mit meinem selbstständig tätigen Mann ging es. Wenn ich arbeitete, schaute er auf die Kinder“, sagt sie, wissend, dass sie zum Unterschied von vielen anderen Müttern von kleinen Kindern Glück hatte, einen Mann zu haben, der bei der Kinderbetreuung und –versorgung mithalf, in der Früh oder am Nachmittag, wenn der Hort schon um 16 Uhr schloss. Jetzt geht es besser. Die Arbeit beginnt für Frau Stojkov zwar nach wie vor um 6 Uhr, aber die Kinder sind 13, 11 und 7, sodass sie den Weg zur Schule auch dann frühversorgt antreten können, wenn auch ihr Vater einmal schon um 6 aus dem Haus muss. Vergleichsweise gut erwischt hat es Frau Stojkov auch mit ihrem Arbeitgeber. Sie kennt andere Reinigungsdamen, die für eine Leihfirma arbeiten, zwei Monate da, drei dort, jede Woche oder alle zwei drei Tage an einem anderen Ort. Sie hingegen arbeitet heute noch – und gerne – bei der Firma, wo sie 2007 eingeschult worden ist. Zu den 20 Stunden Teilzeit beziehungsweise Montag bis Freitag von 6 bis 10 Uhr kommen noch Vertretungseinsätze dazu, die zusätzlich bis zu 20 Wochenstunden ausmachen können. Und Frau Stojkov will gerne auch weiter bei dieser Firma arbeiten. Auf jeden Fall will sie in Österreich bleiben, nächstes Jahr wird sie den Antrag auf die österreichische Staatsbürgerschaft stellen. Vor allem für ihre Kinder, die voll in den österreichischen Schul- und Freizeitalltag integriert sind und miteinander nur noch deutsch reden, sieht sie in Österreich ungleich bessere Zukunftschancen, als sie sie in Serbien je haben könnten. Und schließlich macht Frau Stojkov ihre Arbeit auch gerne, zumal sie selbstbewußt genug ist zu wissen: „Reinigen ist wichtig, ohne Reinigung geht nichts.“
* Quelle: The Cleaning Industry in Europe, an EFCI survey, Edition 2012 (data 2010), der Survey kann bei der European Federation of Cleaning Industries für 180 E erworben werden unter: EFCI/FENI, Rue de l’Association 27, 1000 Brussels, Belgium, www.efci.eu