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Ein Löwenzahn ist keine Bedrohung

Die Ökologie spielt in der Gestaltung des öffentlichen Grünraums eine immer größere Rolle. In Niederösterreich beispielsweise wurde schon vor 20 Jahren eine Initiative gegründet, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Text Erika Hofbauer

Katja Batakovic
Katja Batakovic,
fachliche Leiterin von „Natur im Garten“

Gärtnern ohne Kunstdünger, Pestizide oder Torf. Mit diesem Anspruch startete 1999 in Niederösterreich die Aktion „Natur im Garten“. Mit dieser Initiative, die das Gärtnern mit der Natur zum Ziel hatte, sollte die Vielfalt im Garten gefördert werden. Seither ist die Organisation zu einer wichtigen Unterstützungsplattform geworden – nicht nur für naturnahes Gärtnern im privaten Bereich, sondern auch im öffentlichen Grünbereich im ganzen Bundesland. Und der Stellenwert des Ökologie-Themas in der Pflege des öffentlichen Grünraums gewinnt zunehmend an Bedeutung, weiß Katja Batakovic, fachliche Leiterin von „Natur im Garten“: „In der Bevölkerung findet die Ökologisierung der Grünräume immer mehr Zustimmung. Laut einer Statistik wünschen sich mehr als 75 Prozent der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher ökologisch gepflegte Grünräume. Immer mehr Gemeinden leisten diesem Wunsch Folge. Aktuell setzen bereits mehr als die Hälfte der niederösterreichischen Gemeinden auf biologischen Pflanzenschutz.“ Dass dies einmal so kommen würde, war zu Beginn der ersten Schritte noch nicht abzusehen, aber: „Die Gemeinden haben nicht zuletzt aufgrund gesetzlicher Veränderungen reagieren müssen. Viele haben diese Veränderung zum Anlass genommen, ihre Grünraum-Konzepte zum Positiven für die Umwelt zu überarbeiten“, so Batakovic. Durch richtige Planung der Gestaltung mit den richtigen Pflanzen und Bäumen können sich langfristig sogar Einsparungspotenziale eröffnen, ist die Expertin überzeugt: „Man denke an die zeitintensiven Arbeiten an Rasenflächen oder Wechselflor – die richtige Bepflanzung spart im Unterhalt der Grünflächen Geld in Form von reduziertem Personalaufwand.“

Aber auch beim Thema Baum stünden die Gemeinden vor schwerwiegenden Herausforderungen: „Das Eschentriebsterben hat den Baumbestand teils erheblich reduziert. Im Zuge des Klimawandels sind weitere Herausforderungen zu erwarten, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu wahren.“ Die Organisation „Natur im Garten“ habe daher einen Fokus auf das Thema Klimawandel gelegt. Zu nachhaltigen Bepflanzungskonzepten müsse auch das Thema Baum – vor allem die richtige Auswahl von Straßenbegleitbäumen – mitbedacht werden, berichtet Batakovic von weiteren Trends.

Richtige Auswahl

Die richtige Planung und Gestaltung beherrscht den Nutzen und auch den Arbeitsaufwand für Gemeinden in der Zukunft. „Wir raten zu extensiver Bepflanzung, sprich Stauden statt Einjährige, Blühwiesen statt Mährasen. Dadurch wird der Pflegeaufwand langfristig reduziert“, erläutert Batakovic. Aber gerade in der Phase des Umstiegs von konventioneller zu ökologischer Pflege sei ein Mehreinsatz gefragt: „Wichtig ist dabei, die Bevölkerung einzubeziehen und ihr den Sinn der Maßnahmen zu erklären.“ Denn ökologische Pflege benötige zunächst einmal ein Umdenken, und das beginne im wahrsten Sinne des Wortes im Kopf, betont die Expertin: „Für Blühwiesen, Baumpflanzung und -pflege ist Erfahrung notwendig. Auch die Unkrautbekämpfung verlangt Wissen über thermische bzw. mechanische Methoden. Generell gilt, dass Vorbeugung in Form von Gesundhaltung von Boden und Pflanzen, z.B. durch Bodenbelebung und vor allem den Verzicht auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Düngemitteln und Pestiziden,  die wichtigste Maßnahme ist, um eine gesunde Umwelt und damit auch deren Organismen zu fördern.“

Blick in die Zukunft

Was sind die großen Herausforderungen der Zukunft sowohl für Erhalter bzw. Betreiber öffentlichen Grünraums, aber auch für Dienstleister der Grünraumpflege? Batakovic: „Ganz klar: Unkrautregulierung! Die Methoden sind zwar ausgereift, aber teilweise aufwändig. Hier muss ebenfalls noch ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden: Ein Löwenzahn ist keine Bedrohung!“ Jede und jeder könne auch vor dem Haus oder am Friedhof mithelfen, ist Batakovic überzeugt, gefragt sei aber auch ein Stück Gelassenheit, sowohl bei Betreibern und Erhaltern, aber auch in der Bevölkerung. Welche aktuellen Entwicklungen ortet sie? „Extensive, naturnahe Flächen sind wichtige Maßnahmen, um den Kreislauf der Natur zu fördern und gegen das Insektensterben und Vogelsterben anzukämpfen. Siedlungsräume haben oft die seltenen Arten beheimatet, denn Gärten und Grünräume bieten oft einzigartige, kleinstrukturierte Lebensräume. Auch die Klimawandelanpassung – Bäume, Entsiegelungen gegen Starkregen – ist stark im Kommen“, so die Grünraum-Expertin, die Niederösterreich als Vorreiter sieht: „Die meisten unserer „Natur im Garten“-
Gemeinden leben und praktizieren die ökologische Pflege und schaffen naturnahe Grünflächen. Gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bauhöfe sind sehr oft dem Zeitgeist voraus und kümmern sich sogar um Insekten und Vögel.“

Praxis-Einsatz

Wie gehen Dienstleister mit dem Thema Grünraumpflege um? Auch Peter Sauer, Teamleiter Grünflächenbetreuung bei Attensam, sieht wachsendes Interesse: „Ökologie hat in den letzten Jahren definitiv an Bedeutung gewonnen, die Standards sind strikter geworden. So sind im öffentlichen Grünraum chemische Mittel wie Herbizide verboten, Unkraut und andere unerwünschte Gewächse müssen deshalb mechanisch bekämpft oder entfernt werden. Das muss auf Grünflächen dann meist händisch passieren, beispielsweise mit einem Unkrautstecher. Auf Hartflächen können auch sogenannte Wildkrautbürsten zum Einsatz kommen“, erzählt Sauer aber auch von ganz anderen Herausforderungen: „Bei unseren Kunden können wir feststellen, dass die Erwartungshaltung an die Unkrautbekämpfung zwar gleichgeblieben ist, die Pflanzenschutzmittel aber gleichzeitig geringere chemische Wirkstoffe enthalten und dadurch unwirksamer geworden sind.“ Was sind für ihn die wichtigsten Parameter für eine optimale Umsetzung ökologischer Ansprüche in der öffentlichen Grünraumgestaltung und -pflege? „Wesentlich ist hier die Pflanzenauswahl“, ist Sauer überzeugt: „Es gilt darauf zu achten, auf möglichst resistente Arten und Sorten zu setzen – ein geeigneter Bodendecker ist zum Beispiel die Heckenmyrte, die das Unkraut am Durchkommen hemmt. Unsere Kunden entscheiden aber meist nach optischen Kriterien. Hier muss das Bewusstsein gestärkt werden, dass nicht nur die Gestaltung zählt, sondern auch die nachhaltige Pflege.“ Und Aufklärungsarbeit sei ebenfalls nötig: „Nicht alle Arten sind für die ökologische Bewirtschaftung geeignet und somit anfälliger für Krankheiten und Schädlinge wie den Dickmaulrüssler oder Pilzkrankheiten.“ Unterschiede gebe es auch bei der Versorgung mit Näherstoffen, so der Attensam-Experte weiter, denn mineralischer Dünger wirke schneller, organischer dafür nachhaltiger: „Unseren Kunden versuchen wir biologische Alternativen näherzubringen – doch oft zählen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit in der Behandlung und Bekämpfung mehr als ökologische Aspekte.“

Große Zukunftsfragen

Für Erhalter öffentlichen Grünraums und Dienstleister sieht Attensam-Spezialist Sauer ebenfalls wichtige Entwicklungen: „Eine Herausforderung ist sicherlich das mögliche Verbot von Glyphosat, das ja in Kärnten schon vor der Tür steht. Wir sehen diesen Umstand positiv, weil damit das gegenwärtig einzige Totalherbizid vom Markt verschwindet.“ Alternativen dazu seien allerdings aufwändiger und kostenintensiver, denn es müssten neue teure Gerät angeschafft werden. Auch könne der Wasserverbrauch steigen, wie bei thermischen Alternativen der Unkrautbekämpfung mit Wasserdampf oder Heißwasser. „Auch mitarbeiterseitig wird das Änderungen nach sich ziehen, da intensivere Einschulungen notwendig und überhaupt mehr qualifizierte Personen benötigt werden“, ist Grünraum-Spezialist Sauer überzeugt.

kommentare

2 Antworten

  1. Vielen Dank für die Informationen zum Grünflächenmanagement. Meine Frau und ich wollen einen umweltfreundlichen Lebensstil führen. Ich werde nach einem Spezialisten für Grünflächenmanagement suchen, der uns dabei helfen kann.

  2. Die betonte Nachhaltigkeit verspricht nicht nur Umweltvorteile, sondern auch langfristige Einsparungen. Ein vielversprechender Weg für eine grünere Zukunft in Niederösterreich! Wenn jeder seinen ‚kleinen‘ Beitrag leistet, sind wir auf dem richtigen Weg zu einer Lösung.

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