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Eine Frage der Bewusstseins­bildung

KommR Gerhard Komarek, Landesinnungsmeister der Wiener Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger sowie Bundesberufsgruppensprecher, und Mag. Nicolaus Drimmel, Generalsekretär-Stellvertreter des Österreichischen Gemeindebundes, im Austausch zum Thema „Eigenreinigung versus Fremdreinigung in den Gemeinden“.

Text Hansjörg Preims

Gerhard Komarek
Gerhard Komarek

Komarek: Für unsere Mitgliedsbetriebe ist es natürlich interessant zu wissen, wie man in den Kommunen und Gemeinden denkt bzw. was diese veranlasst, eher auf Eigenreinigung zu setzen. Daher geht es mir als Interessensvertreter natürlich darum, unsere Betriebe dahingehend zu beraten, welche Ängste, Befürchtungen und Bedürfnisse hinsichtlich der Frage Eigenleistung oder Outsourcing der Reinigung es in den Gemeinden gibt. Mittlerweile nehmen einige Gemeinden auch schon die Ausschreibungsdienstleistung der Bundesbeschaffung, die sich unter anderem auch auf den Bereich Gebäudereinigung spezialisiert hat, in Anspruch. Für mich wäre es also wichtig zu wissen, wo wir als Interessensvertreter für unsere Betriebe ansetzen könnten, um mit den Gemeinden und Kommunen stärker ins Geschäft zu kommen.

Nicolaus_Drimmel
Nicolaus Drimmel

Drimmel: Der Gemeindebund vertritt – zum Unterschied vom Städtebund – die relativ kleinen Gemeinden, wo im Vergleich zu den großen Städten das Volumen von FM-Dienstleistungen doch um einiges geringer ist und man sich daher in den letzten Jahrzehnten nicht unbedingt große Gedanken darüber gemacht, wo man hier vielleicht den Sparstift ansetzen könnte. Aber Not macht erfinderisch, sprich: die finanzielle Situation der Gemeinden hat es mit sich gebracht, dass man wirklich in jedem Bereich schaut, was man noch einsparen könnte. Das ist einmal der ökonomische Gedanke, der durchaus anzuwenden ist und wo man sich treffen kann. Weil sich die kleineren Gemeinden, allein auf weiter Flur, doch etwas schwer tun und es hier also Mittler geben muss, die Informationen weitergeben und zum Beispiel anhand von Best-practice-Beispielen zeigen, wie es gehen kann. Bei der Beschaffung von Gütern und auch von bestimmten Leistungen haben die Gemeinden ja schon gezeigt, wie sie etwa über Einkaufsverbände etwas einsparen können. Bei Dienstleistungen, die von Personen erbracht werden, ist es aber schon heikler, weil es hier nicht nur das ökonomische Kriterium gibt, sondern auch noch andere Schwerpunkte, welche die Gemeinden beachtet haben wollen. Zumal den sozialen Aspekt, sprich: dass man Menschen einstellt, die eine besondere Nähe zur Gemeinde haben, Leute, die auch keinen weiten Weg machen müssen, um ihre Dienstleistung zu erbringen. Und letztlich auch den Aspekt, dass die Wertschöpfung in der Region verbleiben soll. Diese Themen müssen aber in keinem Widerspruch dazu stehen, die Leistungen extern zu vergeben. Es ist vielmehr eine Frage der Bewusstseinsbildung, ob man es schafft, diese Kriterien auch bei einer externen Vergabe zu berücksichtigen. Wenn man das schafft, ist man jedenfalls schon viel aufgeschlossener als wenn man sagt, das machen wir so, weil wir es immer schon so gemacht haben. Natürlich spielen manchmal von außen gesehen auch subjektive Kriterien eine Rolle, aber das ist heute schon weitgehend ausgeräumt, denn gerade in den kleinen Gemeinden kann sich ein Bürgermeister oder ein Verantwortlicher der Gemeinde nicht leisten, solche Dinge nach Gutdünken zu entscheiden. Da wird einem schon genau auf die Finger geschaut. Es ist für die Gemeinde wichtig zu begründen, warum sie welche Lösung wählt, und da spielen natürlich die ökonomischen Gedanken in der heutigen Zeit eine gewichtige Rolle, aber man darf nicht vergessen, dass es, wie gesagt, eben auch andere Kriterien gibt, die in einer Gemeinde zur Entscheidung führen können, Dinge in Eigenleistung zu erbringen. Dann kommt sie vielleicht nicht in den Genuss eines größeren Pools, der flexibler ist, der vielleicht auch mit moderneren Strukturen arbeitet und eine Dienstleistung leichter abarbeiten kann. Ich bin mir der Vorteile durchaus bewusst, wenn man das in einem größeren Ganzen machen möchte, denn die Gemeinden wissen ja auch, dass es bei gewissen Leistungen, die sie erbringen müssen, auch nach dem Volumen geht bzw. dass man als größerer Abnehmer mehr gestalten kann. Wenn man als Abnehmer ein größeres Volumen nachfragt, bekommt man auch bessere Preise. Und das mögen heute durchaus schon gewichtigere Argumente sein als früher.

Komarek: Gemeinden, die die Reinigungsdienstleistung gerne auslagern würden, wie gehen die vor? Gibt es diesbezüglich Empfehlungen vom Gemeindebund?

Drimmel: Wir als Dachverband sind dafür nicht der direkte Ansprechpartner. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass die Gemeinden untereinander auch kommunizieren, und dass unsere Landesverbände, die näher an den Gemeinden dran sind, hier einen besseren Überblick haben als wir als Dachverband. Ich bin mir sicher, dass die Reinigung zwar nicht die größte Rolle spielt, dass es aber durchaus auf Landesebene immer wieder auch ein Thema ist. Es gibt ja auch eine laufende Begleitung und Aufsicht der Gemeinden, die den Kommunen Lösungsvorschläge zum Beispiel dahingehend machen kann, sich einer guten Lösung einer anderen Gemeinde anzuschließen oder sich an denselben Dienstleistungsanbieter zu wenden, der vielleicht Synergien hat und einen besseren Preis anbieten kann.

Reinigung aktuell: Aber gibt es nicht auch das eine und andere hartnäckige Missverständnis? Zum Beispiel die Angst der Gemeinden, mit einem externen Dienstleister würde ortsfremdes oder gar ausländisches Personal kommen? Und das, obwohl die Dienstleister sagen, dass es ja auch in ihrem Interesse wäre, Personal aus der Region zu beschäftigen?

Drimmel: Ich kann mir schon vorstellen, dass es da oder dort die Befürchtung gibt, die Reinigungsfirma würde Leute anstellen, die weniger die angestammte Kultur teilen. Solche Stereotype mögen immer wieder vorhanden sein, zumal gerade in der Reinigungsdienstleistung gutes Personal unter den Österreicherinnen und Österreichern nicht leicht zu finden ist. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein Anbieter mit dem Argument, dass dem gar nicht so sei bzw. dass er auch mit Personal aus der einheimischen Bevölkerung arbeite, leichter gewisse vorgefasste Meinungen überwinden kann.

Komarek: Es hat sich in der Reinigung ja auch sehr viel geändert. Wir sind beim Kollektivvertrag in der niedrigsten Lohngruppe bereits über 1500 Euro, wir haben Quadratmeterleistungen im Kollektivvertrag hinterlegt, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Arbeit über Gebühr zu schützen, es wurden hier Leistungswerte eingezogen, die von den Firmen nicht überschritten werden dürfen; im Bereich Aus- und Weiterbildung ist sehr viel geschehen, wir haben in Wien mit der Gebäudereinigungsakademie Europas modernste Ausbildungsstätte für Gebäudereinigung; und wir haben eine ÖNORM, die Ausbildungsrichtlinien vorgibt. All das macht auch den Unterschied deutlich zwischen der landläufigen Meinung, „das bisschen Putzen“ könne jeder, und dem wirklich professionellen, oberflächen- und materialkundigen Reinigen auch im Sinne der Werterhaltung eines Objekts. Es haben sich auch die Materialien vielfach verändert. Heute werden in Kindergärten moderne Vinylbeläge verlegt, wo es keine Beschichtung und keine Grundreinigung mehr gibt. Auch ökologische Grundprinzipien sind heute gefragt, genauso wie zum Beispiel der richtige und sichere Umgang mit Chemikalien, auch Tuchfaltsysteme und die Farbcodierung der Reinigungstücher gehören zur professionellen Reinigung. Man könnte unzählige Beispiele aufzählen, wo durch nicht geschulte Reinigungskräfte der Werterhalt, die Hygiene und die Gesundheit von Menschen gefährdet ist. Zum Beispiel im Wiener AKH mussten alle Reinigungskräfte vorher einen Basiskurs Reinigung und einen Basiskurs Krankenhausreinigung absolvieren. Hier hat sich also wirklich sehr viel getan in den letzten Jahren. Andererseits wird nach einer deutschen Studie 2014 vom Prüfungs- und Beratungsunternehmen Rödl & Partner die Reinigung in den Gemeinden und Kommunen zu 53 Prozent noch in Eigenleistung erbracht, in Österreich dürften es sogar etwas mehr sein. Daher bin ich als Interessensvertreter natürlich sehr an einer Möglichkeit interessiert, diese Dinge den Gemeinden medial oder in irgendeiner Informationsveranstaltung darzustellen, bzw. dass das für den Gemeindebund von Interesse wäre und Sie das entsprechend unterstützen würden.

Drimmel: Ich würde es schon begrüßen, dass wir die Gemeinden darüber informieren. Wie gesagt – eine Gemeinde, die eine gewisse Größe hat und so einen gewissen Pool zur Verfügung hat, der die entsprechenden Kriterien erfüllt und der auch diese Vertrauensposition verdient, eine solche Gemeinde wird sich das möglicherweise selbst organisieren. Aber in einer kleinen Gemeinde, wo nicht so viel von dieser Arbeit anfällt, ist es natürlich praktisch, wenn sie sich irgendwo ankoppeln kann, an einen größeren Verbund, und wo sie das Ganze von einem Dienstleister organisiert bekommt. Viele wiegen sich in Sicherheit und sagen, man habe eh eine „Perle des Hauses“, die die Reinigungsarbeit mache. Aber was ist, wenn diese „Perle“ einmal krank ist? Oder wenn sie in Pension gehen will? In einem Verbund springt einfach ein anderer ein, wenn jemand ausfällt, daher ist es durchaus auch für kleinere Strukturen interessant, sich in einem größeren Verbund zu organisieren. Das ist eigentlich auch die Überlebensstrategie der Kleinen, die ja nicht von heute auf morgen wachsen können, weil sie geografisch-strukturell eine Vorgabe haben, aber trotzdem gewisse Leistungen und natürlich auch die entsprechenden Reinigungsleistungen in den kommunalen Einrichtungen zu erfüllen haben. Daher glaube ich, dass es für uns durchaus interessant sein könnte, in unserem Medium auch einmal Beispiele erfolgreichen Outsourcings zu publizieren. Ich arbeite gern mit Beispielen, weil man dadurch am besten die Praxisrelevanz zeigen kann. Und eben auch deutlich machen kann, dass es tatsächlich eine Lösung ist, die von den Kollegen durchaus ernstgenommen wird. Wahrscheinlich ist es auch die beste Referenz, wenn ein Bürgermeister damit zufrieden ist.

Komarek: Es gibt ja auch gute Beispiele für Outsourcing in diesem Bereich, wo auch Personal aus der Region eingesetzt wird. Da gibt es viele Aspekte, die man positiv herausstreichen kann. Auch was die Lehrlingsausbildung in unseren Betrieben betrifft, tut sich einiges, Stichwort Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit. Wir können auch immer wieder aufzeigen, welche Vielzahl an Karrieremöglichkeiten der Lehrberuf Denkmal-, Fassaden und Gebäudereiniger bietet. Und auch viele kleine Gemeinden haben ein Gemeindehaus, einen Kindergarten, eine Volksschule und eine Hauptschule und vielleicht noch weitere Einrichtungen, auch dort ist ein transparentes und fixes Budget sowie die Flexibilität der Gebäudereinigungsdienstleistung ein großer Vorteil. Man kann die Leistungsverzeichnisse individuell anpassen und auch jederzeit ändern, man braucht sich nicht um die Krankenstands- und Urlaubsvertretung zu kümmern – und vor allem auch: Das Budget ist fix, man weiß genau, was die Dienstleistung im Monat und im Jahr kostet. Diese Flexibilität beim Personal und diese Kostentransparenz hat die Gemeinde mit Eigenreinigungskräften nicht. Und die Gemeinde hat auch noch den Vorteil beim Dienstleister, dass er die Meisterausbildung hat, viele haben mittlerweile die Facharbeiterausbildung, die Objektleiterausbildung – wir bringen pro Jahr rund 140 Facharbeiter hervor, die auch über den zweiten Bildungsweg in die Branche kommen oder schon länger in der Branche sind und dann noch die Lehrabschlussprüfung machen. Facharbeiter, die beispielsweise speziell in der Fassadenreinigung, in der Sanierung von Steinböden oder Holzböden oder in anderen Industriereinigungsbereichen beschäftigt sind. Und durch die ÖNORM für Ausbildungsrichtlinien lassen mittlerweile sehr viele Firmen das gewerbliche Personal ebenfalls ausbilden. Wir haben in der Gebäudereinigungsakademie im Jahr 2017 mehr als 3000 Personen geschult.
Und wenn es eine Möglichkeit gibt, würden wir jedenfalls sehr gerne auch die Gemeinden mit einigen Fakten über den ökologischen, den ökonomischen und den sozialen Aspekt unserer Dienstleistung informieren. Zum ökonomischen Aspekt möchte ich noch einmal auf die oben erwähnte deutsche Studie hinweisen, in der eruiert wurde, dass die Umstellung von Eigen- auf Fremdreinigung in den in der Studie betrachteten Gemeinden zu einem Einsparpotenzial von durchschnittlich 4,27 Euro je Einwohner führt. Eine Gemeinde mit 100.000 Einwohnern würde demnach 427.000 Euro einsparen.

Drimmel: Ich glaube, dass es eben eine Frage der Bewusstseinsbildung ist, wie eine Gemeinde mit dieser Situation umgeht und wie sie dann unter Umständen zu den Fakten kommt, die eine Entscheidung erleichtern. Und wie sie überhaupt an dieses Thema herangeführt werden kann – und das geht meiner Meinung nach nur über das Aufzeigen von Beispielen. Bei der Kommunikation solcher Themen vertreten wir den Gedanken, dass wir gerne gute Beispiele aufzeigen, aber wir stellen dann auch alle Fakten und Informationen zur Verfügung, die einer Weiterentwicklung dienlich sind. Letztlich muss jede Gemeinde selber eine Entscheidung treffen, aber die Argumente sprechen dann für sich.

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