Rudolf Bromberger, Bromberger Betriebe GmbH, über die Kalkulationsproblematik, welche der „grundsätzlich begrüßenswerte“ Qualitätsanspruch der Bundesbeschaffungsgesellschaft mit sich bringt.
Herr Bromberger, was tut sich am Markt der Winterdienstleister im Raum Wien?
Der Markt ist so bunt gemischt wie nie zuvor. Es gibt sehr viele neue Anbieter, aus unterschiedlichsten Bereichen, viele kleine Firmen, die denken, sie könnten den Markt erobern. Der Markt ist an sich ist ja groß genug , aber die große Problematik ist halt, dass – und viele Kunden nehmen das ja auch gerne in Anspruch, machen diesbezüglich den Firmen auch ziemlichen Druck – immer wieder versucht wird, möglichst billig anzubieten, und damit bestimmte Qualitätskriterien dann gar nicht eingehalten werden können. Wir haben zum Teil Preise am Markt, wo es offensichtlich ist, dass es nicht umsetzbar ist. Viele neue und auch manche „alten“ Unternehmer, denke ich, unterschätzen diese Perspektiven und auch die eventuellen Probleme, die dahinter stehen.
Wie sehr drückt das auf das Preisniveau?
Das Preisniveau ist leider Gottes gesunken, aber es trennt sich auch immer deutlicher jener Bereich, wo die Auftraggeber bereit sind, für gute Leistung auch entsprechend gut zu bezahlen. Bei etwa einem Drittel des gesamten Auftragsvolumens sehen die Leute wirklich ein, dass diese Leistung auch einen gewissen Kostenfaktor mit sich bringt, den man auch in der heutigen Zeit, bei allen Spargedanken, nicht einfach wegrationalisieren kann, und dass Menschen, die gut arbeiten, auch entsprechend verdienen wollen und müssen. Aber es gibt leider auch sehr viele Kunden – auch große und öffentliche – die wirklich nur auf den Preis schauen.
Kommen die neuen Anbieter auch aus dem Ausland, vom Osten?
Großteils, ja. Wogegen grundsätzlich ja nichts einzuwenden ist, wenn Mitbewerber sich an Preisen, die notwendig sind, orientieren, und sich auch an die arbeitsrechtlichen Bedingungen halten. Bei seriöser Kalkulation müssten eigentlich alle ziemlich auf demselben Preisniveau sein, die Kleinen wie auch die Größeren. Die Kalkulationen liegen im Billigbereich nur knapp beieinander, das zeigt sich im „Billigstbereich“ ebenso wie in der „Qualitätskalkulation“. Wenn Quadratmeter-Preise um ca. 30 Cent liegen, bleibt nur die Frage… wie macht das der „sowieso“?
Wie ist die Auftraggeberschaft strukturiert?
Klassische Auftraggeber sind natürlich die Privatkunden mit den Kleinliegenschaften, die teilweise selbst beauftragen, teilweise über Hausverwaltungen. Dann diverse Facility-Firmen, Firmen mit Parkplätzen, für die sie den Winterdienst brauchen, die Supermarktketten und natürlich die ganzen öffentlichen Bereiche wie die Stadt Wien mit ihren diversen Magistratsabteilungen.
Stichwort öffentliche Bereiche – was tut sich da bezüglich Ausschreibungen für den Winterdienst?
Soweit ich weiß, schreibt die Stadt Wien nächstes Jahr neu aus – die aktuellen Aufträge der letzten Ausschreibung laufen noch. Und die BBG macht derzeit eine Ausschreibung für alle öffentlichen Liegenschaften, in einem sehr harten Auswahlmodell, sage ich einmal vorsichtig. Und nächstes Jahr werden meines Wissens wieder Straßenbahn- und Bushaltestellen ausgeschrieben. Derzeit läuft auch eine Ausschreibung von der ÖBB, bei der wir auch mitmachen.
Was meinen Sie mit sehr hartem Auswahlmodell der BBG?
Bei dieser Ausschreibung – mittlerweile war schon Abgabeschluss – ist es ist für den Anbieter äußerst mühsam mitzutun. Es sind sehr viele Erfordernisse zu erfüllen und es steckt ein sehr hohes Qualitätsdenken von den Verantwortlichen dahinter, was grundsätzlich durchaus zu begrüßen ist. Das Problem ist aber, dass dieses hohe Qualitätsdenken samt den Risikofaktoren mit Pönale, mit Uhrzeit-Vorgaben etc. eine Kalkulation erfordert, die die Preise extrem erhöht. Da geht es nicht mehr um ein paar Prozente, sondern wirklich um ein Verdoppeln bis Verdreifachen, wenn man das alles erfüllen will.
Wie viele Branchenkollegen befürworte ich dieses System und kann im Grunde genommen den Verantwortlichen der BBG-Ausschreibung (Herrn Deninger und seinem Team) nur meine Anerkennung aussprechen, diesen intensiven Qualitätsgedanken aufgegriffen zu haben.
Das große Problem dabei ist, die meisten der Nutzer dieser Bereiche wollen und können diese Preisentwicklung nicht verstehen oder akzeptieren. Es geht, wie schon in der Vergangenheit, wieder darum, billiger und noch billiger zu sein. Oft auch, auf Grund von Budgetvorgaben und dem Gedanken, „wir haben doch kein Geld“.
Einerseits also Hut ab – bei der BBG hat man sich mit dieser Ausschreibung sehr viel über Qualitäts-Winterdienst und Bedarfssituationen den Kopf zerbrochen und es fast bis zur Perfektion getrieben.
Was meinen Sie da konkret?
Ein einfaches Beispiel: Ausschreibungsbedingung ist, dass bei nächtlichem Schneefall um 6 Uhr in der Früh die Gehsteige völlig verkehrssicher geräumt sind – gemäß §93 StVO und nachvollziehbar. Dasselbe erwartet man sich dann aber auch, wenn der Schneefall erst um 5 Uhr in der Früh einsetzt. Dort, wo wir ein großes Team permanent vor Ort haben – Hofburg zum Beispiel oder Parlament –, ist das sicher machbar und wird auch sehr erfolgreich umgesetzt. Kaum machbar ist es aber bei den vielen kleinen Liegenschaften, wie Schulen oder kleinen Gehsteigen der Bundesimmobilien, weil man 100 bis 200 Leute samt Fahrzeugen extra für diese Situationen bräuchte. Eine Stunde Zeit, um alle Liegenschaften zu betreuen, das ist technisch nicht machbar – und wäre auch fast nicht kaufbar, wenn man das in ganz Wien anbieten würde. Deshalb haben wir uns aufgrund der BBG-Kriterien entschlossen, nur mehr ein Los anzubieten, nämlich dort, wo wir Kundendichte haben und der Risikofaktor minimiert ist. Man müsste sonst ja jedem Haus einen eigenen Betreuer beistellen – für 300 bis 400 Euro, die man im Schnitt für ein Haus pro ganzem Winter bekommt. Damit könnte ich keinen Mitarbeiter finanzieren, der eine Hausbesorger-Tätigkeit ausführt, auch nicht, wenn ich den Preis auf 600 Euro verdoppeln würde. Das ist sicherlich ein Kriterium, wo man sagen muss: Der Nutzer muss diese Aufklärungsarbeit verstehen – und müsste bereit sein, diese hohe Qualität auch zu bezahlen. Und die Branche sollte es auch verstehen. Mittlerweile wissen wir auch, dass unser Unternehmen – trotz wirklich knapper Kalkulation und Nutzung aller Synergie-Effekte dieser Region – nicht einmal unter den ersten drei Anbietern vom Preis her liegt.
Müssen sich die Bundesstellen als Nutzer denn nicht an die Wünsche der BBG halten?
Die Idee einer zentralen Einkaufsstelle ist sicher sehr gut und begrüßenswert, aber leider kümmern sich auch viele Nutzer der BBG nicht um deren Wünsche. Und wenn die Nutzer, seien es Schulen, Bundesliegenschaften oder Universitäten, sich nicht daran halten, weil sie jeweils ihr eigenes Süppchen kochen, dann bringt die ganze Ausschreibung nichts. Weil der Anbieter dann ja nicht weiß, was er gewinnen kann. Er bietet ein Los an – oder auch alle – und es gibt einen Endpreis, aber es ist nicht gewährleistet, dass all diese Dinge auch bestellt werden. Man hat nur einen Rahmenvertrag mit der BBG, hinter dem aber ein großes Fragezeichen steht. Denn nach dieser Rahmenvereinbarung ist es so, dass eine Bundesstelle zu dem bestimmten Preis bestellen KANN. Wenn diese aber keine Lust hat, das abzurufen, aus welcher Motivation heraus auch immer, dann ist der Auftrag nicht da. Das heißt, der Anbieter erhofft sich aufgrund der Ausschreibung einen bestimmten Umsatz, Hausnummer 500.000 Euro, und kann im Endeffekt vielleicht nur 100.000 oder gar nur 20.000 Euro bekommen. Das macht das Kalkulieren natürlich wahnsinnig schwer. Und das war, wie gesagt, für uns auch der Grund, nicht mehr ganz Wien anzubieten, obwohl wir es von der Kapazität her sicherlich schaffen könnten.
Die Stellen, für welche die BBG ausschreibt, rufen das Angebot nicht ab? Warum nicht?
Weil sie sparen wollen, weil sie eigene Leistungen haben, weil sie einen Schneeräumer nutzen wollen, den sie kennen, weil sie zu irgendwem mehr Vertrauen haben, weil irgendeiner billiger ist, weil er sympathischer ist. Wir haben neun Jahre lang Ausschreibungen für die Universitäten gewonnen und haben von denen keinen einzigen Auftrag bekommen – weil es dort ein Nahverhältnis zu einem Mitbewerber gibt. Auch Stellen, die laut BBG bestellen MÜSSTEN, nehmen einfach irgendeinen anderen, weil er halt billiger ist, weil sie ein Nahverhältnis haben oder weil sie – wie es heuer sein wird – diesen sehr hoch kalkulierten Vertrag aufgrund des Leistungspotenzials gar nicht wollen.
Naturgemäß schwer kalkulierbar ist auch, wie der nächste Winter wird. Wie bereitet man sich als Dienstleister auf diese Unwägbarkeit vor?
In unserem Fall ist es so, dass wir mittlerweile doch auf 35 Jahre Erfahrung zurückgreifen. Da hat man bezüglich Kalkulations- und Mitarbeiter-Beschäftigungsmodellen schon eine gewisse Linie gefunden. Der Durchschnittswinter liegt bei 25 echten Räumungseinsätzen. Alles in allem – mit Kontrollfahrten, Nacharbeiten etc. – ergibt sich ein Durchschnittswert von 50 aktiven Arbeitseinsätzen. In krassen Wintern – im Durchschnitt alle 8 bis 10 Jahre – können es dann bis zu 90 Einsätze sein, in milden Winter, ebenfalls etwa alle 8 bis 10 Jahre, eben weniger als 50.
Durch unsere umfangreiche Dienstleistungspalette mit vielen Tätigkeiten ergeben sich hier aber interne Strukturen, die auch gut und erfolgreich in alle Wetter-Kapriolen integriert werden können. Viele Dienstleistungen erfordern Schönwetter, oder können auch so flexibel erbracht werden, um alle notwendigen Ressourcen für den Winterdienst frei zu halten.
Ein Danke und Bravo kann ich nur immer unseren treuen Kunden zum Ausdruck bringen, aber auch der Mann-/Frauschaft, die dafür sorgt, dass das Leistungs- und Qualitätsniveau passt.