Um mit seiner Familie – Frau und zwei Kinder – in eine größere Wohnung ziehen zu können, möchte „Arkan“ (Bild – richtiger Name der Redaktion bekannt) mehr arbeiten, darf aber nicht.
Text: Hansjörg Preims
Arkan arbeitet seit sechs Jahren bei einer Firma in der Gebäudereinigung als Sonderreiniger, „meine Familie und ich hätten die Möglichkeit, in eine etwas größere Wohnung zu übersiedeln, allerdings benötige ich Geld für den Genossenschaftsanteil“, sagt Arkan, deshalb habe er bei seiner Firma nachgefragt, ob er in der nächsten Zeit etwas länger arbeiten könne und zusätzliche Arbeiten übernehmen dürfe. Sein Sonderreinigungsleiter habe dann mit der Firmenchefin gesprochen, und die habe mitgeteilt, dass er nur 40 Stunden pro Woche und nur 60 Überstunden pro Jahr machen dürfe; wenn das nicht eingehalten werde, müsse die Firma hohe Strafen zahlen.
„Ich verstehe das nicht“, sagt Arkan – „warum darf ich nicht mehr Stunden arbeiten? Mich zwingt dazu ja nicht die Firma, sondern ich will das doch selber! Wie soll ich mir jetzt die neue Wohnung leisten können?“
Er habe dann mit einem Freund gesprochen, der ihm erzählt habe, dass er auch bei einer Firma in der Reinigung am Vormittag arbeite, am späten Nachmittag noch bei einer anderen Firma, so täglich 11 Stunden arbeite und dafür von zwei verschiedenen Betrieben seinen Lohn erhalte. „Das werde ich jetzt auch machen“, so Arkan, „aber ich verstehe nicht, warum ich das auf eine bestimmte Zeit nicht auch in meiner Firma machen darf“! Oder er putze einfach privat dazu, „da bekomme ich 10 Euro die Stunde auf die Hand.“
KR Gerhard Komarek zum Fall „Arkan“:
KR Gerhard Komarek zu Herrn „Arkans“ Problematik: „Die Aussage der Firmenleitung von Herrn Arkan ist nicht ganz richtig und wird wohl eher eine Schutzbehauptung sein. Überstunden mit den entsprechenden Überstundenzuschlägen verteuern die Arbeitskosten massiv, die ja letztendlich die Kunden ebenfalls bezahlen müssen. Überstunden beeinflussen daher die Preisgestaltung immens, weshalb man natürlich versucht, solche zu vermeiden.“
Komarek weist auf die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), wieviel Überstunden an sich im Normalfall geleistet werden dürfen, hin: Verlängerung der Arbeitszeit bei Vorliegen eines höheren Arbeitsbedarfes.§ 7. (1) Bei Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes kann die Arbeitszeit unbeschadet der Bestimmungen des § 8 über die nach den §§ 3 bis 5 zulässige Dauer um fünf Überstunden in der einzelnen Woche und darüber hinaus um höchstens 60 Überstunden innerhalb eines Kalenderjahres verlängert werden. Wöchentlich sind jedoch nicht mehr als 10 Überstunden zulässig. Die Tagesarbeitszeit darf 10 Stunden nicht überschreiten.
„Dass der Freund von Herrn Arkan sein Bedürfnis, mehr zu verdienen, mit zwei Arbeitgebern abdeckt, ist laut Gesetz auch nicht erlaubt“, so Komarek. Wie bereits oben ausgeführt, betrage nach dem AZG die tägliche Höchstarbeitszeit 10 Stunden. Egal ob bei einem oder mehreren Arbeitgebern. Das Arbeitszeitgesetz sehe Möglichkeiten der Erweiterung dieser Grenzen vor, allerdings in vielen Fällen nur dann, wenn der Kollektivvertrag solche Regelungen enthalte und zulasse.
„Wir, die Arbeitgebervertreter, würden gerne diese Möglichkeiten im Interesse aller Beteiligten ausschöpfen!“, sagt Komarek, in der Praxis scheitere es aber sehr oft – insbesondere auf Kollektivvertragsebene – an der Zustimmung der Arbeitnehmervertreter, solche zeitgemäßen Regelungen zu treffen. Deshalb wünsche man vom Gesetzgeber, dass betriebliche Ebenen gestärkt würden. Betriebe würden ihre Bedürfnisse am besten kennen. „Sie sollen daher im Einvernehmen mit dem Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer mehr Möglichkeiten zur Gestaltung ihrer Arbeitszeit erhalten. Das Arbeitszeitgesetz sollte eine praxisorientierte und betriebsbezogene Arbeitszeitgestaltung ermöglichen. Eine kollektivvertragliche Regelung sollte nicht mehr Voraussetzung dafür sein. Regelungen unmittelbar auf Betriebsebene, die durch Betriebs- oder Einzelvereinbarungen erfolgen, könnten passgenaue Lösungen für die individuellen Betriebsanforderungen schaffen.“
Auch die Normalarbeitszeit von 10 Stunden pro Tag sollte, so Komarek weiter, wie in Deutschland, per Gesetz ermöglicht werden. „Die gesetzliche Normalarbeitszeit von 10 Stunden pro Tag wäre ja bereits per Kollektivvertrag möglich, leider scheitert es hier an der Gewerkschaft.“
Und auch die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 12 Stunden pro Tag sollte ausgeweitet werden: „Das Gesetz erlaubt in wenigen Fällen eine Höchstarbeitszeit von 12 Stunden täglich. Diese Fälle sollten auf Bereiche mit geringer gesundheitlicher Belastung ausgeweitet und ermöglicht werden. Natürlich auch alles immer nur unter Voraussetzung der Zustimmung der MitarbeiterIn.“
Komareks Wunsch an alle Beteiligten wäre, „sich den Herausforderungen der Branche und deren Bedürfnissen in Zeiten wie diesen zu stellen und gemeinsam Lösungen zu finden, denn es kann nur dann gearbeitet werden, wenn Arbeit vorhanden ist.“
Gewerkschaft vida: „Überstundenbeschränkung nicht aufweichen!“
Monika Rosensteiner, Vorsitzende des Fachbereiches Gebäudemanagement in der Gewerkschaft vida, kommentiert den Fall „Arkan“ so: „Gerade dieses Beispiel beweist einmal mehr, wie schwierig es für viele ArbeitnehmerInnen in Österreich ist, mit den derzeitigen Lohnstrukturen für ihre Familien zu sorgen.“ Daher sei es umso wichtiger den Mindestlohn in einem ersten Schritt auf 1.500 Euro anzuheben und in der Folge rasch auf 1.700 Euro zu bringen. Nicht in Frage kommt für die Gewerkschafterin, die Beschränkung von 60 zusätzlichen Überstunden pro Jahr aufzuweichen: „Nur so können wir eine noch größere Arbeitsbelastung für die Beschäftigten verhindern!“ Die Aussage der Chefin von Herrn „Arkan“ entspreche nicht den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen: „Neben der Jahresbeschränkung, die es nur bei einem erhöhten Arbeitsbedarf geben kann, können nämlich täglich statt acht zehn Stunden gearbeitet werden. Der Fall des Herrn „Arkan“ bestärkt uns, dass unsere Ablehnung für eine generelle Einführung eines Durchrechnungszeitraums im Reinigungsgewerbe richtig ist“, so Rosensteiner abschließend.