Reinigungsroboter bauen mache nur Sinn, wenn man den Gesamtprozess autonom gestalte. Sagt Markus Asch, Stellvertretender Vorsitzender der Kärcher-Geschäftsführung.
Die Interclean in Amsterdam hat auch gezeigt, dass es immer mehr Anbieter von Reinigungsrobotern gibt. Was treibt die Branche zur Robotik? Der Wettbewerb oder der Markt? Markus Asch, Stellvertretender Vorsitzender der Kärcher-Geschäftsführung: „Ich kann nur sagen, was uns antreibt. Das Thema ist nicht nur allein von der Robotik her zu betrachten, sondern um was es in unserer Branche geht. Wir sind eine Branche, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht gerade durch eine besonders hohe Innovationsfreude hervorgetan hat. Zunächst muss man begreifen, dass Reinigung kein Produkt ist, sondern ein Prozess – und ein Prozess bedeutet viele Einzelschritte, die am Schluss zu einem Ergebnis kommen.“ Zwischen 70 und 85 Prozent des Kostenblocks eines Gebäudereinigers seien Personalkosten und nur 1 bis 3 Prozent Maschinenkosten, damit sei klar, dass Innovation nicht allein auf ein Produkt fokussiert sein sollte, sondern dass Innovation den gesamten Prozess im Blick haben müsse, betont Asch. Nur dann könne man im Personalkostenbereich ansetzen. Deswegen habe Kärcher Robotik auch ganz anders interpretiert als die Mitbewerber: „Wer den Roboter nur so sieht, dass er aus manuellem ein maschinelles Reinigen macht, hat nur einen ganz kleinen Teil des Prozesses erfasst. Wenn man also ein scheinbar autonom arbeitendes Gerät mit Wasser befüllen, Schmutzwasser entleeren und es zum Batterieladen bringen muss, hat man nur einen ganz kleinen Teil des Prozesses automatisiert“, erklärt Asch. Daher habe Kärcher, als man sich dazu entschlossen habe, einen Roboter zu bauen, dann auch definiert: „Das Ganze macht nur Sinn, wenn wir den Gesamtprozess autonom gestalten. Bei allen Diskussionen aufgrund der technischen Komplexität stand außer Frage, dass der Roboter autonom zur Dockingstation fahren muss, denn nur dann bringt er die gewünschte Effizienz.“
Cleaning on Demand und Connected Cleaning
Letztlich, so Asch weiter, gehe es darum, die Qualität mindestens auf gleichem Niveau zu halten, besser noch zu erhöhen, und gleichzeitig die Effizienz zu steigern, und das erreiche man, indem man Verluste im Prozess reduziere und Arbeitsteilungen durchführe. Zum Beispiel: „Wenn man einen Raum betritt und sieht, dass hier Wasser verschüttet wurde und dort Papierschnipsel auf dem Boden liegen, dann kann ein Mensch sofort erkennen, was zu tun ist – aufwischen und den Stuhl wegschieben, um das Papier aufzusaugen oder aufzuheben. Einem Roboter kann man das – zumindest aus heutiger Sicht – unmöglich beibringen.“ Die Reinigung großer Flächen wie Korridore dagegen könne man vergleichsweise einfach automatisieren. „Das heißt, Innovation – oder in diesem Fall Robotik – bedeutet nicht, radikal in die eine oder andere Richtung zu gehen, sondern sehr klug zu kollaborieren, sprich: der Roboter muss das machen, was er gut in der Lage ist zu tun, und der Mensch das, was er eben gut kann. Und die beiden müssen miteinander kommunizieren. Das ist für uns das Verständnis der Zukunft – nämlich zu begreifen, dass es nicht nur um ein Produkt geht, sondern darum, elementar die Prozessschritte anders zu zerlegen und Transparenz herzustellen – Stichworte Cleaning on Demand und Connected Cleaning – und dann die Einzelschritte wieder so aufzubauen, wie es der Mensch, der Roboter, die Maschine und der Reinigungswagen jeweils am besten können.“
Alle bestehenden Roboter-Lösungen würden sehr große Flächen brauchen, um überhaupt wirtschaftlich zu arbeiten. Aufgrund des Feedbacks zahlreicher Kunden wage er, Asch, zu behaupten, „dass 80 – 90 Prozent aller heute eingesetzten Roboter sich wirtschaftlich nicht rechnen.“ Kärcher habe daher definiert, „dass unser Roboter bereits auf Flächen deutlich unter 1000 Quadratemetern wirtschaftlich arbeiten muss, wenn wir dieses Marktsegment exponentiell erhöhen wollen.“ So erreiche man schlagartig zahlreiche neue Anwendungsgebiete. Und damit ergebe sich eine exponentielle Steigerung von Applikationen. Wenn der Roboter sich nicht rechne, bleibe er in der Nische, nur wenn er breiter verwendet werden könne, werde er zum Massenprodukt.
„Roboter bedeuten keinen Paradigmenwechsel in unserer Industrie, sondern sie werden eine sinnvolle Ergänzung von Anwendungen“, sagt Asch abschließend. Und übrigens: „Von großer Bedeutung ist auch die Batterietechnik – weil sie hilft, Prozesse viel produktiver zu machen. Gebäudereiniger, die umfangreich auf akkubetriebene Geräte umgestellt haben, sagen uns, dass sie Produktivitätsfortschritte von bis zu 25 Prozent haben.“