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Kündigungsfristen für Arbeiter in Gefahr

Text: Christian Wolfsberg

Gemäß §4 (4) des RKV (Rahmenkollektivvertrag) für Arbeiterinnen/Arbeiter, gültig ab 1.1.2022, sind Gebäudereiniger – wie einige andere Berufsgruppen – eine Saisonbranche. Die per 1.10.2021 gesetzlich beschlossene Angleichung der Kündigungsbestimmungen von Arbeitern und Angestellten konnte für Saisonbetriebe im jeweiligen KV für die Arbeiter gesondert geregelt werden. 

Für Angestellte gelten nach wie vor gemäß AngG folgende Kündigungsfristen:

im 1. und 2. Dienstjahr6 Wochen
ab dem 3. Dienstjahr2 Monate
ab dem 6. Dienstjahr3 Monate
ab dem 16. Dienstjahr4 Monate
ab dem 26. Dienstjahr5 Monate

Für die Gebäudereiniger gelten gemäß dem aktuellen RKV für Arbeiterinnen/Arbeiter folgende verkürzten Kündigungsfristen:

nach Ablauf der Probezeit
bis zum vollendeten 3. Jahr
2 Wochen
von mehr als 3 Jahren
bis zum vollendeten 5. Jahr
4 Wochen
von mehr als 5 Jahren
bis zum vollendeten 10. Jahr
6 Wochen
von mehr als 10 Jahren8 Wochen

So weit, so gut … bisher. Vertreten durch die Arbeiterkammer und durch Rechtsanwälte gibt es nun vereinzelt bei den Gebäudereinigern und auch in anderen Branchen Arbeitsrechtsprozesse von gekündigten Arbeitnehmern, die die Inanspruchnahme der längeren Kündigungsfristen einklagen. Das ging zuletzt bis zum OGH (Obersten Gerichtshof), der wiederum den VfGH (Verfassungsgerichtshof) bemüht. Dieses Verfahren beim VfGH soll nun die Verfassungsmäßigkeit wegen Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz der Bestimmungen des AGBG überprüfen, die die Rechtsgrundlage für die verkürzten Kündigungsfristen bei Saisonbetrieben bilden. Bei Aufhebung dieser Bestimmung würden alle KV, die verkürzte Kündigungsfristen auf Basis der Saisonbetriebsregelungen festgelegt haben, ihre Rechtsgrundlage verlieren, und die gesetzlichen Kündigungsfristen würden mit dem in der Entscheidung festgelegten Zeitpunkt in Kraft treten. Hieße also: Für die Gebäudereiniger würden dann die Regelungen wie für die Angestellten gelten (siehe oben).

„Der Ausgang der VfGH-Verfahrens ist völlig offen“

Berufszweigobmann Gerhard Komarek

Dazu Berufszweigobmann Gerhard Komarek: „Der Ausgang der VfGH-Verfahrens ist völlig offen. Es gibt in mehreren Branchen anhängige Gerichtsverfahren. Die Urteile sind zwar Individualurteile, haben aber selbstverständlich Wirkung darüber hinaus. Da eine Aufhebung durch den VfGH nicht ausgeschlossen ist, wurden bereits informell mit dem Sozialpartner die möglichen Auswirkungen diskutiert. Die Entscheidung des VfGH muss aber abgewartet werden, bevor entsprechende Anpassungen im KV verhandelt werden können. Derzeit laufen auch schon Gespräche auf Sozialpartnerebene, um eine gesetzliche Sanierung vorzubereiten.“

Da die Angleichung der Kündigungsbestimmungen von Arbeitern und Angestellten im Nationalrat beschlossen wurde, könnte die Sonderregelung für Saisonbetriebe wohl auch nur vom Nationalrat verändert werden. Im Falle einer Aufhebung der Saisonregelung stellt sich daher die Frage, ob sich eine Novelle, die Rechtssicherheit für jene Branchen schafft, die diese Regelung schon in ihren KV haben, noch ausgeht. Komarek meint: „So der politische Wille vorhanden ist, ginge sich das aus. Zuständig ist der Minister (Anm.: Martin Kocher).“

Eine Entscheidung des VfGH ist zwar noch für heuer zu erwarten, aber die Auflösung des Nationalrats auch. Bei Aufhebung und keiner Novelle wäre der Ausgang nicht so lustig. Komarek: „Gibt es keine Klarstellung oder Neuregelung, bedeutet das einen Mehraufwand an Personalkosten von bis zu 2,5 % für die Unternehmen. Aber eigentlich wurde ja deshalb auch der Sozialfond DFG mit der Gewerkschaft gegründet, von dem gekündigte Mitarbeiter aus unserer Branche eine „Abgeltung“ für die derzeitigen kurzen Kündigungsfristen erhalten (www.sf-dfg.at).“

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