Zum Unterschied von der Innung der Tischler und Holzgestalter – die fortan als Saison-Gewerbe definiert sind – trifft die Angleichung Arbeiter/Angestellte die Gebäudereiniger ohne branchenspezifische Regelung. Gespräche zwischen den KV-Partnern zu einer allfälligen Sonderregelung wurden seitens der Gewerkschaft VIDA (zum Unterschied von den Tischlern und Holzgestaltern) kategorisch abgelehnt. Die neue Regelung (siehe REINIGUNG AKTUELL 6/21 bzw. www.dfg.at) würde diese Branche mit sehr hohen Mitarbeiterfluktuationen, verursacht durch die knapperen Kündigungsfristen der Auftraggeber, sehr hart treffen. Mangels Gesprächsbereitschaft gäbe es seitens der Innung die Möglichkeit, den KV per 30.9. 2021 mit Jahresende zu kündigen. Würden die Unternehmen das (die Kündigung des KV) befürworten bzw. welche Konsequenzen ergäben sich für die Unternehmen daraus? Ein Rundruf.
Stefan Babsch, STRABAG Property and Facility Services:
„Die Frage einer Kündigung des KV stellt sich für die STRABAG Property and Facility Services nicht. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der geänderten Kündigungsfristen werden wir verschmerzen können, eine hohe Mitarbeiterfluktuation sehen wir nicht kommen. Auch die knapperen Kündigungsfristen unserer Kunden sehen wir gelassen. Wir pflegen mit dem Großteil unserer Kunden ein sehr partnerschaftliches Verhältnis, daher werden wir auch hinsichtlich der Kündigungsfristen gemeinsam mit unseren Auftraggebern Lösungen schaffen, die sowohl für Auftraggeber als auch für uns als Auftragnehmer zufriedenstellend sind und ausreichend Spielraum für etwaige personelle Anpassungen unserer gewerblichen Mitarbeiterkapazitäten zulassen.
Im übrigen waren die bisherigen Kündigungsfristen für die Branche zwar „nice to have“, aber aus unserer Sicht wenig sozial (wer will schon von einem Tag auf den anderen bzw. innerhalb einer Woche seinen Job verlieren!), daher nicht mehr zeitgemäß und auch keinesfalls ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.“
Werner Pillwein, ifms – Infrastrukturelles Facility Management Service:
„Für unsere Branche ist es unumgänglich und ein großer Rückschritt, wenn es zu keinem gemeinsamen Lösungsmodell in Zusammenarbeit von Gewerkschaft und Bundesinnung kommt. Es werden zusätzliche Kosten aufgelastet und die Situation am Arbeitsmarkt ist ohnehin schon mehr als schwierig. Unternehmer werden bei Neueinstellungen von MitarbeiterInnen vorsichtiger sein müssen, wenn durch die Verlängerung der Kündigungsfristen noch höhere Kosten anfallen. Eine Kündigung des KV wäre ein Rückschritt, und die jahrelangen Bemühungen auf beiden Seiten würden zunichte gemacht.
Der KV regelt zum Teil das Angebotswesen und die gerechte und reglementierte Entlohnung der MitarbeiterInnen. Die Kündigung der RKV ist die letzte Option für unsere Branche – es muss zu einer wirtschaftlich und für die MitarbeiterInnen vertretbaren Lösung kommen. In schwierigen Zeiten wie diesen sollte man gemeinsam an einer Lösung arbeiten, die für beide Seiten vertretbar ist.“
Peter Edelmayer, Dussmann Service Österreich:
„Aus unserer Sicht ist diese Möglichkeit (Kündigung des KV) eine theoretische. Wir wissen, dass es laufend Verhandlungen mit der Gewerkschaft gibt, und sind überzeugt, dass es eine entsprechende Lösung bei den strittigen Punkten geben wird. Natürlich ist eine Kündigung des KV möglich, dieser stellt aber aus meiner Sicht nur die ultimo Ratio dar, weil die bestehende Lohnordnung noch eine Zeitlang bestehen bleibt und Neuverhandlungen unter diesen Umständen sicher nicht einfacher werden und für beide Seiten ein „herzeigbares“ Ergebnis so schwieriger zu erreichen ist. Wenn man die Ergebnisse des KV-Abschlussprotokolls für das Bewachungsgewerbe ansieht, der kürzlich fixiert wurde, gibt es interessante Themen wie die Einrichtung eines Sozialfonds oder betriebswirtschaftlich annehmbare Kündigungsfristen für AG wie auch AN. Also wird es auch im Bereich Reinigung eine zufriedenstellende Lösung geben.“
Karl Dauerböck, Schmidt Saubere Arbeit. Klare Lösung.:
„Vorab, wir fordern von den Verhandlungspartner eine Einstufung als Saisongewerbe! Sollte die Gewerkschaft diesem Wunsch nicht nachkommen, sind wir für eine Aufkündigung des KV. Da eine „Aufräumaktion“ innerhalb des KV ohnehin überfällig ist, würde dies zusätzlich zu einer sinnvollen Evaluierung führen. Wir als Unternehmen Schmidt brauchen keinen KV, um unsere MitarbeiterInnen ordentlich zu beschäftigen bzw. zu entlohnen.“
Viktor Wagner, REIWAG Facility Services:
„Gerade in der Zeit (hoffentlich) nach COVID verursacht die Angleichung mit Sicherheit Kostenerhöhungen. Die Branche geht von ca. 3 Prozent aus.
Bei REIWAG ist die Fluktuation erfreulicherweise um einiges niedriger als im Branchendurchschnitt. Wenn man das voraussichtliche Ergebnis der Lohnverhandlungen abschätzt, ergibt sich ein Bedarf von zumindest einer Preisanpassung von 5 Prozent. Da werden nur wenige Kunden Verständnis aufbringen. Da ist es legitim, dass man an die Kündigung des KV per 30.9. denkt.“
Ursula Simacek, CEO SIMACEK FM Group:
„Aus unserer Sicht ist es unabdingbar, dass die VIDA mit der Bundesinnung im Sinne der MitarbeiterInnen und UnternehmerInnen unserer Branche verhandelt.
Das Thema ist für alle Beteiligten zu wichtig, als dass man es auf die leichte Schulter nimmt, und die Verhandlungsführenden auf beiden Seiten sollten eine praxisorientierte Lösung finden. Der Markt ist mehr als kompetitiv und es braucht machbare wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Beschäftigung.“
Michael Freitag, Sodexo Service Solutions Austria:
„Als einer der größten Arbeitgeber weltweit begrüßen wir bei Sodexo sämtliche Entwicklungen, die dazu führen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter fairen und sozial gerechten Umständen arbeiten. Ich gebe aber zu bedenken, dass wir uns mit der Weltwirtschaft in einer herausfordernden Zeit befinden, in der die Auswirkungen der Pandemie noch nicht komplett abzuschätzen sind. In diesen Zeiten stellt die Gleichstellung eine zusätzliche Herausforderung für die Branche dar. Die konkreten finanziellen Auswirkungen sind derzeit schwer hochzurechnen. Sobald die Auswirkungen aus wirtschaftlicher Sicht vorliegen, müssen diese aber definitiv in zukünftigen Preiskalkulationen und Vertragswerken berücksichtigt werden.“
Thomas Schiefer, hectas Facility Services:
„Eine jahrelange Forderung der Gewerkschaft wurde im November 2017 endlich erfüllt. Die Angleichung der Rechtsposition von Arbeiterinnen und Arbeitern an jene der Angestellten. Grundsätzlich eine gute Sache.
Bisher wurde bei der Definition eines Saisonbetriebes (grob gesagt) auf eine Witterungsabhängigkeit der Tätigkeit an sich abgestellt. Den Gebäudereinigern wurde diese Einstufung verwehrt. Ob die Einstufungen der Sozialpartner, wenn man sich die Branchen im Detail ansieht, die hier als Saisonbranche gelten, bei einem Einspruch vor Gericht halten, bin ich mir nicht sicher.
Auch innerhalb der Saisonbranchen selbst gibt es große Unterschiede. Warum soll sich eine Kellnerin in einem Ganzjahresbetrieb die gleiche Kündigungsfrist gefallen lassen wie ihre Kollegin in einer Skihütte? Eine einzige, erfolgreiche Prozessführung eines Arbeiters/einer Arbeiterin in einer „Saisonbranche“, hätte Auswirkung auf alle Arbeiterinnen und Arbeiter in sämtlichen Betrieben, die dem gleichen Kollektivvertrag unterworfen sind. Damit ist auch für alle Betriebe, die einer Saisonbranche zugerechnet werden, ein hohes Risiko verbunden. Werden die Sozialpartner dieses Risiko auch in Zukunft eingehen oder nur für tatsächliche Saisonarbeit die Verkürzungen der Kündigungsfristen regeln? Und wenn sie das tun, warum dann nicht auch für unsere Branche?
Denn genau diese Unterschiede gibt es auch in unserem Gewerbe. Dass Fensterreiniger im Winter weniger bis gar keine Arbeit haben, ist wohl unbestritten. Ebenso unbestritten ist wohl auch, dass Mitarbeiter in der Unterhaltsreinigung eines Krankenhauses davon weniger betroffen sind. Auch dass die Fluktuation insgesamt beim gewerblichen Reinigungspersonal eine andere ist als bei den Angestellten in diesem Bereich, ist kein Geheimnis. Warum muss man mit Gewalt alles gleich machen, was nicht gleich ist?
Warum hier die Gewerkschaft Gespräche verweigert, ist mir unverständlich. Da müsste dann wohl der Gesetzgeber erneut tätig werden, um Ausnahmen zuzulassen, wo sie sinnvoll sind, und Klarstellungen zu treffen, wo es nötig ist, im Sinne der MitarbeiterInnen und der ehrlichen Betriebe. Denn wenn gar keine Gespräche mehr möglich sind, dann bleibt wirklich nur mehr die Kündigung des Kollektivvertrages.“