Individuelle und maßgeschneiderte Konzepte sind in Betrieben in unterschiedlichsten Bereichen das Um und Auf. Auch im (Groß)-Küchenbetrieb sind solche Herangehensweisen zunehmend auf dem Vormarsch.
Text: Erika Hofbauer
HACCP und GHP sind die wichtigsten Buchstabenkombinationen in Sachen Küchenhygiene. Die Anforderungen sind in diesen gesetzlichen Vorgabekatalogen klar geregelt. Dennoch möchten die Dienstleister und Betriebsmittel-Lieferanten aus der „chemischen Ecke“ diese Vorschriften noch darüber hinaus erfüllen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass fest etablierte Hygieneprozesse in Kombination mit einem Eigenkontrollsystem nach HACCP & GHP am besten funktionieren“, meint beispielsweise Andreas Marksteiner, Abteilungsleiter der hollu Anwendungstechnik. Basis dafür sind, so Marksteiner, sieben wichtige Grundsätze: Risiken ermitteln, Kontrollpunkte etablieren, Grenzwerte bestimmen, Werte regelmäßig überprüfen, sinnvolle Korrekturmaßnahmen setzen, Eigenkontrolle und genaue Dokumentation. „Entscheidend ist, dass alle Maßnahmen exakt auf den Betrieb angepasst werden. Die Erstellung eines individuellen Hygienekonzeptes bedeutet zwar einen einmaligen Mehraufwand – dafür profitiert man nachhaltig von hoher Hygienesicherheit. Kontinuierliche Personalschulungen sorgen für die Einhaltung der Hygienemaßnahmen und sichern die hohen Standards“, ist Marksteiner überzeugt.
Für Matthias Juranek, Produktmanager Großküchenhygiene von DR.SCHNELL, bilden das Fundament einer guten Küchenhygiene zunächst die baulichen Voraussetzungen zur Trennung von reinen und unreinen Prozessen, geeignete und leicht zu reinigende Oberflächen, gewartete und gute Küchenarbeitsgeräte, ein gutes Abfallmanagement, die passende Schädlingsprävention und -bekämpfung sowie saubere und gesunde Raumluft: „Darauf bauen die drei Säulen der hygienischen Lebensmittelproduktion in der Küche auf: die einwandfreie Personalhygiene, also Händehygiene und Hygieneschulungen der Mitarbeiter, eine einfach durchzuführende Produktionshygiene durch die Erstellung von Reinigungs- und Desinfektionsplänen und -intervallen sowie die richtige Geschirraufbereitung und schließlich die Produkthygiene“. Freilich gehe für ihn als „Chemielieferant“ Küchenhygiene über die passende Chemie hinaus: „Wir sehen uns als Systemlieferant und unsere Aufgabe darin, unseren Kunden eine ganzheitliche Vorstellung von Küchenhygiene zu vermitteln und anzubieten. Deswegen schulen wir die Mitarbeiter der Kunden zu Gefahrstoffen und Hygiene in der Großküche und unterstützen auf Wunsch die individuelle Eigenkontrolle mit maßgeschneiderten Hygiene-Konzepten nach HACCP inklusive digitalen Tools, um die kritischen Kontrollpunkte analysieren und managen zu können.“
Richtige Reinigungstechnik
Prinzipiell sind neue Küchen alle recht ähnlich gebaut, da sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen müssen. Dennoch gibt es immer wieder feine, aber signifikante Unterschiede, meint dazu Manuel Habicher, Geschäftsführer der Werner & Mertz Professional Vertriebs GmbH: „Bei älteren Küchen sind die Standards oft sehr unterschiedlich. Aber in beiden Fällen gilt es, die Gegebenheiten vor Ort zu prüfen. Dadurch können wir ermitteln, welche Reinigungsmittel und insbesondere welche Reinigungstechniken angewendet werden können. Das ist dann unsere Ausgangslage für ein persönliches Gespräch mit dem Kunden, denn schlussendlich muss ein Reinigungskonzept auf die Bedürfnisse des Kunden angepasst sein. Hier gilt es, wirtschaftliche Themen wie z.B. Zeit- und Energieeinsparungspotenziale, Dosiermöglichkeiten etc., aber auch Themen wie Arbeitnehmersicherheit, Lebensmittelsicherheit und Mitarbeiterschulungen anzusprechen.“ Ein zentraler Punkt in jeder Küche ist, so Habicher, die Geschirrspülmaschine: „Hier muss das Waschergebnis stimmen, sonst läuft nichts mehr rund. Aber auch im Bereich Gesamtkosten ist der Geschirrspüler ein wesentlicher Faktor. Uns ist die richtige Dosierung wichtig. Neben den ökologischen Produkten, der Einsparung und Recyclingfähigkeit von Kunststoff ist ein Minderverbrauch ein weiterer ökologischer Faktor.“ Mit den Kliks Bag-in-Box Systemen konnte beispielsweise das erste professionelle Cradle to Cradle®-zertifizierte Sortiment für das maschinelle Geschirrspülen auf den Markt gebracht werden, erzählt Habicher weiter.
Angelica Bonfiglio, Produktmanagerin der BUZIL-WERK Wagner GmbH & Co. KG in Memmingen, sieht ebenfalls im breiten Sortiment, das alle Bereiche der Küchenhygiene abdeckt, den Mehrwehrt für Kunden: „Wir bieten ein Gesamtkonzept für jede Küche und können durch unsere Produkte die Reinigung der Küche und die Küchenhygiene maßgeschneidert an jede Küche anpassen. Durch das Zusammenspiel unserer Produkte können wir damit auch einen hohen und festen Standard in dem sensiblen Umfeld der Küchenhygiene bieten und gleichzeitig mit dem Kunden gemeinsam auf seine speziellen Bedürfnisse und Anforderungen eingehen.“ Aus der Sicht der Chemielieferanten habe man damit immer mehrere Blickwinkel, so Bonfiglio: „Dazu gehören die Bedürfnisse des Kunden, die Küchenhygiene selbst bzw. unsere Anforderungen an richtige Küchenhygiene mit gewissen Standards wie HACCP, die richtige Unterstützung für die Anwender und natürlich auch der ökologische Blickwinkel.“
Jede Küche ist anders, deshalb braucht es maßgeschneiderte Lösungen, meint auch Katharina Schett, Hagleitner-Produktmanagerin für Küchenhygiene: „Wir stimmen Hygienepläne individuell auf den Kunden ab. Ein Mitarbeiter sieht sich den jeweiligen Betrieb an und erarbeitet dann die konkreten Lösungen.“ Neben den maßgeschneiderten Lösungen seien außerdem Daten wichtig, erläutert Peter Hinterberger, bei Hagleitner für die Gastro-Division zuständig: „Unsere Geräte senden Daten. Das hilft dem Kunden, den Überblick über Füllstand, Verbrauch, Energiestatus und Servicebedarf zu behalten und so Kosten zu sparen.“ Außerdem lässt sich mithilfe dieser Geräte Schulungsbedarf beim Personal erkennen.
Hygienesicherheit
In Verbindung mit den gesetzlichen Vorgaben orten die Experten auch ganz spezifische Handlungsfelder, wie hollu-Abteilungsleiter Marksteiner erläutert: „Es kommt darauf an, von der Anlieferung der Waren bis hin zur Ausgabe der Speisen größtmögliche Hygienesicherheit zu gewährleisten, um die Waren vor gegenseitiger Kontamination zu schützen. Wir empfehlen, alle Arbeitsabläufe zu optimieren und ein Eigenkontrollsystem zu implementieren. Detaillierte Reinigungs- und Hygienepläne, in denen die Abläufe exakt definiert sind, erleichtern die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben: Was wird wie, wo, wann, von wem und mit welchen Produkten gereinigt bzw. desinfiziert.“ DR.SCHNELL-Produktmanager Juranek sieht in der Umfeldhygiene den Fokus und empfiehlt vor allem die richtige Dosierung der Mittel, denn: „Mehr ist manchmal nicht immer besser. Manuelle Dosierhilfen wie Kleindosierer aber auch automatische Dosierstationen, etwa unser MX-Center, sorgen für eine gleichbleibende und optimale Dosierung der Reinigungsprodukte für die Eimer- und Flaschenabfüllung.“ Als zweites Handlungsfeld würde er die maschinelle Geschirrreinigung nennen. Hier sei das Zusammenspiel von smarter Dosiertechnik und Reinigungs- sowie Klarspülchemie die größte Herausforderung: „Wenn die Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt sind, kann sich das Küchenpersonal voll auf seine Arbeit konzentrieren und merkt nichts von der Komplexität der ablaufenden Prozesse.“ Die dafür entwickelte Dosiertechnik PEROJET smart TEC erlaubt es den Technikern, online auf die Anlagen zuzugreifen und einen störungsfreien Ablauf sicherzustellen, erläutert Juranek: „Die Dosierung wird selbstregulierend immer konstant gehalten und sorgt für eine gleichbleibende Versorgung und Dosierung der Reinigungs- und Klarspülprodukte.“
Richtiger Umgang mit Produkten
Allgemein ist die Küchenhygiene in Europa auf einem sehr hohen Niveau, ist Werner & Mertz-Geschäftsführer Habicher überzeugt, allerdings: „Die Branche hat mit einem starken Mitarbeitermangel zu kämpfen. Um unsere Kunden zu unterstützen, setzen wir auf moderne und ökologische Rezepturen in unseren Reinigungsmitteln. Modern bedeutet für uns neben allen ökologischen Aspekten, dass wir starke Inhaltsstoffe wie z.B. Laugen weitestgehend reduzieren, um Material- oder Personenschäden durch eine falsche Anwendung zu vermeiden. Wir können nicht immer darauf verzichten, aber wir können diese durch die modernen Formulierungen drastisch reduzieren.“ Neben den Reinigungsmitteln seien aber Reinigungshilfsmittel wie z.B. Schwämme, Schwammtücher und Baumwolltücher das größte hygienische Risiko, weiß Habicher: „Das sind wahre Brutherde für mögliche pathogene Keime. In 95% der Fälle kann man auf diese Schwämme und Tücher verzichten, indem man Einwegtücher verwendet. Man muss aber seine Gewohnheiten ändern. Bei den restlichen 5% aller Fälle muss man diese Keimschleudern mit Bedacht einsetzen und nach dem Gebrauch entsorgen.“
Der richtige Umgang mit Reinigungs- und Hygieneprodukten stehen für Buzil-Produktmanagerin Bonfiglio im Mittelpunkt: „Wir haben erkannt, dass ideale Reinigungs- und Hygieneprodukte allein nicht ausreichen, wenn sie nicht richtig angewendet werden. Wir bieten deshalb eine Vielzahl an Schulungen und kurzen Online-Seminaren an, um den Anwendern den richtigen Umgang beizubringen und gleichzeitig Lösungen für individuelle Probleme aufzuzeigen.“
Wesentlich ist laut Hagleitner-Produktmanagerin Schett, dass es Produkte braucht, „mit denen man nichts falsch machen kann“: intelligente Dosiersysteme, die Fehldosierung, falsche Lagerung und nicht vorgesehene Umfüllung ausschließen und mit denen der Kunde außerdem Hygiene dokumentieren kann. Hagleitner-Gastro Experte Hinterberger ergänzt: „Ein wichtiges Thema ist außerdem die Sprachneutralität. Die ist zum einen über unser Farbleitsystem gewährleistet; darüber hinaus liefert unsere scanME-App dem Benutzer alle wichtigen Informationen wie das Produktdatenblatt und das Sicherheitsdatenblatt in der jeweils gewünschten Sprache und hilft so, das Produkt richtig zu verwenden.“
Nachhaltigkeit wird wichtiger
Worauf kommt es in Zukunft bei der Küchenhygiene an? „Neben den Standardanforderungen wie der Hygienesicherheit, Rechtskonformität und der Eindämmung von Gesundheitsrisiken, spielt bei unseren Kunden auch der Nachhaltigkeitsaspekt eine immer zentralere Rolle“, sagt hollu-Abteilungsleiter Marksteiner: „Da geht es beispielsweise um sparsamen Einsatz von Reinigungsprodukten mit Hilfe von Dosiertechnik, aber auch genauso darum, der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken.“ Ein weiteres wichtiges Anliegen sei die Effizienz in den Prozessen und höchstmögliche Sicherheit in der Einhaltung der Arbeitsschritte sowie die möglichst automatisierte Dokumentation: „Digitale Tools, wie der Hygienemanager NOA, bieten hier professionelle Unterstützung. Über die App NOAguide werden Mitarbeiter Schritt für Schritt durch die täglichen Aufgaben und Anwendungen geleitet – da findet sich auch neues Personal leicht zurecht. Zahlreiche HACCP- & GHP-Vorlagen mit den gesetzlich vorgeschriebenen Mess- und Kontrollpunkten, beispielsweise für das Erhitzen von Speisen, die Wareneingangskontrolle, pH-Wert Messungen etc., sind bereits digital vorhanden. Sie können direkt loslegen und die Vorlagen für ihre professionelle Küchenhygiene verwenden. Eine enorme Erleichterung im oft hektischen Küchenalltag!“
Einfache Anwendbarkeit sieht DR.SCHNELL-Produktmanager Juranek, stark im Kommen: „Die Abläufe müssen möglichst selbsterklärend und leicht erfassbar sein. Die Herausforderung ist dabei eine richtige Schulung der Mitarbeiter, da häufig mit Produktkonzentraten gearbeitet wird und an der Verwendung von Gefahrstoffen oft kein Weg vorbeiführt.“ Aber auch ein anderes Szenario rückt für Juranek zunehmend ins Blickfeld: „Die derzeitige Situation an den Märkten wirkt sich nicht nur auf die Lebensmittel-, sondern auch auf die Chemiebranche aus. Die Liefersituation von Rohstoffen sowie steigende Preise treffen derzeit wohl alle Produzenten und Lieferanten und dürften die größte Herausforderung der kommenden Monate sein.“ Aber auch das Thema Nachhaltigkeit rückt in der Küchenhygiene immer mehr in den Fokus, bestätigt Juranek: „Unsere Kunden werden umweltbewusster und möchten auch in der Hygiene entsprechende Produkte einsetzen, die einen geringen CO2-Fußabdruck hinterlassen und möglichst ökologisch sind. Die Performance darf allerdings nicht darunter leiden. ECO-zertifizierte Produkte müssen genauso leistungsstark und effizient sein wie herkömmliche Reiniger, gleichzeitig aber aus nachhaltigen und umweltfreundlichen Rohstoffen bestehen. Dosierhilfen unterstützen Nachhaltigkeitsbemühungen durch sparsamen Produkteinsatz.“
Transparenter Verbrauch
Neben dem Wunsch nach sicheren Systemlösungen mit intuitiver Handhabung und der zunehmenden Digitalisierung im Bereich der Dosiertechnik streben Kunden nach einer Transparenz der Reinigungsmittelverbräuche, weiß Werner & Mertz-Geschäftsführer Habicher: „Schluss mit händisch erstellten Waschkostenberechnungen und Statistiken im Bereich der Wäsche! Vor allem im Bereich der Wäscherei haben wir zum Großteil bereits fortschrittliche Dosieranlagen im Einsatz. Der Kunde sieht in Echtzeit, welche Waschmittelkomponente gerade dosiert wird, bekommt Fehlermeldungen auf das Handy, wenn z.B. ein Kanister leer wird oder der Wasserdruck zu gering ist, sieht die gemessenen Kosten in Echtzeit und kann sich mit wenigen Klicks seine Statistiken selbst ausdrucken.“ Im Bereich der Geschirrspüler werde diese Technik auch bereits eingesetzt. Der größte Vorteil für den Kunden sei jedoch, dass sich das hauseigene Technikteam bei Störmeldungen durch den Kunden online in die Dosieranlage einloggen könne, so Habicher: „Wir können feststellen, ob ein Kanister leer ist, dieser mit Wasser gefüllt wurde, der Wasserdruck fehlt oder die Dosierung nicht stimmt. Somit können wir dem Kunden oft innerhalb von wenigen Stunden eine Lösung bieten und es fallen keine teuren Kundendiensteinsätze an.“ Klimaschutz und somit die Verwendung nachhaltiger, umweltfreundlicher Produkte wird laut Habicher noch wichtiger werden: „Mit dem Green Care Performance Calculator ist es ganz einfach, diese Einsparungen in den Bereichen Rohöl, Kunststoff und Kohlendioxid festzustellen.“
Buzil-Produktmanagerin Bonfiglio diagnostiziert, dass sich die Küchenhygiene ebenso im Wandlungsprozess wie die Reinigung allgemein befindet: „Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich das Verlangen nach Hygieneregeln in allen Bereichen enorm verschärft. Deshalb ist die Reinigung und Desinfektion immer ein Zusammenspiel zwischen einem umfassenden Reinigungskonzept, entsprechenden Produkten und geschulten Anwendern.“
Hagleitner Gastro Division-Leiter Hinterberger nennt drei große Themen: „Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind derzeit die großen Herausforderungen. Unsere Kunden wollen sicheres Arbeiten mit intelligenten Systemen, die einfach zu verwenden sind und darüber hinaus Daten liefern – Daten für die Kostentransparenz, aber auch zur Kontrolle der fachgerechten Anwendung. Nur so kann Nachhaltigkeit gewährleistet werden.“