Nach 2011 heuer zum zweiten Mal unser Mann des Jahres: Hans Georg Hagleitner, Firmeninhaber und Geschäftsführer der HAGLEITNER HYGIENE INTERNATIONAL GmbH.
Text: Hansjörg Preims
Zugegeben – wir waren nicht ganz frei von Zweifeln, als Hans Georg Hagleitner im Jahr 2011 sagte, „in den nächsten vier bis fünf Jahren das Unternehmen noch einmal um mindestens 50 Prozent vergrößern“ zu wollen. Wir fragten uns, ob selbst dieser Pinzgauer Paradeunternehmer sich da die Latte nicht doch etwas zu hoch legen würde. Aber er sollte mehr als nur Recht behalten: Die HAGLEITNER HYGIENE INTERNATIONAL GmbH konnte in den vergangenen vier Jahren die 50 Prozent Wachstum sogar weit übertreffen. Betrug der Umsatz der HAGLEITNER Unternehmensgruppe damals noch 65 Millionen Euro, so sind es im Geschäftsjahr April 2014 bis April 2015 bereits 101,54 Mio. Euro. „Und das laufende Geschäftsjahr werden wir am 31. März 2016 mit mehr als 110 Millionen Umsatz abschließen“, sagt Hagleitner mit einer Sicherheit, an der man mittlerweile auch nicht mehr zweifelt.
Mit 24 Service Centern in 12 Ländern ist HAGLEITNER international vertreten – „und in all diesen Ländern haben wir eine sehr gute Entwicklung – auch mit guten Zukunftsperspektiven“, betont der Firmeninhaber und Geschäftsführer, dem es auch wichtig war, alle diese Service Center mit einem einheitlichen Design und Konzept zu errichten. Über 170 Vertriebspartner in 55 weiteren Ländern zeigen die Internationalität des seit 1971 bestehenden Familienunternehmens.
Insgesamt beschäftigt HAGLEITNER über 900 MitarbeiterInnen, davon arbeiten rund 400 im Stammsitz in Zell am See, wo auch die gesamte Produktion beheimatet ist. Neben sämtlichen Seifen, Waschmitteln und Reinigungslösungen stellt der modernste chemisch-technische Produktionsbetrieb Europas in der 2015 neu eröffneten Spendermontage nun auch alle Spender am Standort Zell am See selbst her. In der Papierproduktion werden auf zwei Papierkonvertierungsmaschinen Handtuch-, Industrie- und Toilettenpapier hergestellt. Hans Georg Hagleitner, Vater von zwei erwachsenen Töchtern, bekennt sich auch langfristig zum Standort Pinzgau und ist „stolz, in meiner Heimat vielen Menschen Arbeit zu geben.“ Aber auch das Thema internationale Präsenz ist für ihn noch längst nicht abgeschlossen, speziell was die Errichtung von Competence und Service Centern betrifft.
Herr Hagleitner, welche weiteren Schritte planen Sie international für die nächsten Jahre?
Es war für HAGLEITNER ein wichtiger Schritt, als wir neben unserem Hauptstandort Zell am See vor vier Jahren unser zweites Competence und Service Center in Wien errichteten, um uns auch mit entsprechender Kompetenz im Bereich Schulung und Ausbildung zu etablieren. Und diesen Weg wollen wir auch international fortsetzen. Das Ziel sind vier Competence und Service Center der HAGLEITNER Unternehmensgruppe. Das nächste wird 2016 in Mailand – für den italienischen Raum – entstehen, wo wir bereits ein 12.000 Quadratmeter großes Grundstück dafür erworben haben. Und da Italien und Deutschland nach Österreich die größten Märkte für HAGLEITNER sind, soll dann in weiterer Folge, spätestens bis 2020, das vierte Competence und Service Center in Frankfurt entstehen.
Die meisten betreiben Outsourcing, Sie setzen auf Insourcing. Warum?
Outsourcing bedeutet immer auch, Know-how zu vergeben. Wenn man dagegen den Weg des Insourcings geht und so viel Know-how wie möglich im Unternehmen konzentriert, schafft man damit auch ein Fundament, innovativer und kreativer zu sein. Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass unsere langfristige Strategie, so viel wie möglich selbst am Standort Zell am See zu fertigen und zu entwickeln, die richtige ist, um auch weiterhin zuversichtlich in die Zukunft schauen können. Mit der Eröffnung der eigenen Spritzgussanlage für Spender haben wir die Fertigungstiefe jetzt noch einmal erhöht, wir entwickeln diese Produkte, lassen die Fertigungswerkzeuge dafür bauen, spritzen die Kunststoffteile in Zell am See und fertigen den Spender in seiner Gesamtheit selbst. Vom Granulat bis zum fertigen Produkt sind es nur noch 25 Meter, diese Leistungseffizienz kann man nur mit Insourcing-Gedanken realisieren.
Sehen Sie Potenzial für noch mehr Fertigungstiefe?
Jedes Unternehmen muss sich permanent verändern, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch in den nächsten Jahren neue Produkte dazubekommen, wo wir uns immer wieder die Frage stellen werden, ob wir sie selber bzw. wie und in welcher Fertigungstiefe wir sie herstellen wollen. Bei den Spendern zum Beispiel könnte man auch noch die Platinen selber bestücken. Aber das ist eine Frage der Menge. Mit dem Wachstum, mit der Menge könnte man die Produktionstiefe also durchaus noch weiter erhöhen. Im Endeffekt geht es um einen permanenten Prozess der Verbesserung von Produkten. Wir pflegen ja auch den LEAN-Gedanken, das heißt, wir arbeiten daran, jeden Bereich, jeden Prozess jährlich um drei Prozent zu verbessern, indem wir Prozesse effizienter und einfacher gestalten. Mit unserem Know-how und Wissen versuchen wir, die Dinge laufend besser zu machen.
Ihr Ansatz im Waschraum ist: zuerst das Design und dann die Funktion. Auch eher ungewöhnlich …
Ja, mit diesem Ansatz hat HAGLEITNER den Waschraum revolutioniert. Wir waren Anfang der Neunzigerjahre die ersten, die sich zuerst über die Form der Produkte Gedanken gemacht und dann erst geschaut haben, wie man die Funktion realisieren kann. Wir haben es dann laufend perfektioniert, Technik und Design so zu verbinden, dass wir besser sind als andere. Und ich darf auch sagen, dass HAGLEITNER in seinem Kernbereich – dem Waschraum – das innovativste Unternehmen der Welt ist. Mit Technologien, die wir derzeit wirklich als Einzige beherrschen. Zum Beispiel mit senseMANAGEMENT. Mit dieser Funktechnologie können Füllstände und Nutzungsdaten unserer Spender zentral abgerufen und verwaltet werden. Daten zu Besucherfrequenzen und Abgabemengen ermöglichen eine optimierte Lagerhaltung und eine effiziente Tourenplanung im Housekeeping. Das alles erledigen Sie bequem mit Ihrem Computer, Smartphone oder Tablet. Diese Technologie ist international bereits anerkannt und wird sicher die Zukunft sein.
Wer sind die Zielgruppen für diese Technologie des digitalen Waschraums?
Das sind größere Unternehmungen in unterschiedlichsten Bereichen. Speziell im Gesundheitsbereich sind wir damit sehr erfolgreich. Die Compliance zur Händedesinfektion kann beispielsweise mit senseMANAGEMENT effektiv überprüft und verbessert werden. Aber auch in Fußballstadien, Mehrzweckhallen, großen Hotels, Bürogebäuden und Betrieben mit über 200 Personen wird diese Technik in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein, denn Zeit ist zu kostbar. Genauso haben wir aber auch für den Küchenbereich innovative Entwicklungen, die international sehr erfolgreich sind. Dasselbe gilt für die Bereiche Wäsche und Objektreinigung. Auch da haben wir neue Technologien entwickelt und wissen, dass wir uns mit chemisch-technischen Produkten in Zukunft auch international profilieren werden.
Sie haben in den letzten zwei Jahren zwei Unternehmen erworben, eines in Italien und eines in Österreich. Was bedeutet das für ihr Produktsortiment?
Diese Unternehmungen bringen natürlich auch Produkt-Know-how und damit wieder viele neue Produkte. Aufgrund dieser Zusammenführungen hat sich unser Produktsortiment in den letzten 12 Monaten so rapide verändert, dass die Mitarbeiter wirklich gefordert sind, das zu verarbeiten.
Was können andere von Ihnen vor allem lernen?
Jedes Unternehmen hat gute Dinge, daher wäre mehr Austausch hilfreich, um gemeinsam erfolgreich zu sein. International findet dieser Austausch ja auch statt. Ich bewege mich jedenfalls gerne in der Branche, kenne sehr viele und nehme auch immer wieder etwas Gutes mit. Und wir sind genauso offen, ich glaube, dass jeder etwas von uns mitnehmen kann, um entsprechend besser zu werden. Allerdings – wenn mich andere heute kopieren wollen, kann ich nur sagen: Das ist zu spät. Wenn man wie wir jeden Tag darüber nachdenkt, wie man Dinge besser machen kann, und jemand eine Idee von uns aufgreifen möchte, finde ich das toll, denn ich weiß, wie viel Mühe es bereitet, dorthin zu kommen. Ich weiß aber auch, dass wir morgen schon wieder einen Schritt weiter sind. Wobei es mit den Prozessen allein, so effizient sie gestaltet sein mögen, nicht getan ist, um sich zu etablieren. Man muss die Menschen auch begeistern für das, was man macht, ihnen klar machen, welche Chancen sie damit haben.
Wie werden bei HAGLEITNER wichtige Entscheidungen getroffen? Entscheiden Sie eher allein oder im Team?
Wichtig ist für ein Unternehmen, dass es jemanden gibt, der am Ende des Tages eine Entscheidung trifft, für die man sich das Commitment der verantwortlichen Personen geholt hat. Als Eigentümer allein eine Entscheidung zu treffen, ist zu wenig. Man muss es vielmehr verstehen, die Leute abzuholen, sie einzubinden und dann gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Daher sehe ich mich nicht als Einzelkämpfer, sondern als Teamplayer, dem es darum geht, die beste vernünftige Entscheidung herbeizuführen, und, wie gesagt, mit allen Beteiligten ein Commitment dafür zu finden.
Worin besteht heute Ihre wesentliche Arbeit im Unternehmen HAGLEITNER?
Es gibt Themen, die ein Unternehmensbereich für sich allein nicht entscheiden kann. Ein kleines Beispiel: die Frage, ob man Spender im Waschraum schrauben oder kleben will. Die Produktionsabteilung und der Einkauf werden sagen, Kleben sei preiswerter, schneller, erfordere weniger Lagerhaltung, weniger Aufwand und geringere Kosten. Der Vertrieb dagegen wird sagen, die Funktion müsse gewährleistet sein, und die Logistik wird einwenden, dass man mit Kleben nicht zu hundert Prozent gewährleisten könne, dass die Spender an der Wand bleiben. Solche verschiedenen Thematiken abteilungsübergreifend zu koordinieren – das ist heute mein Job. Und dann eben zu entscheiden, dass wir die Spender nicht kleben wollen, was zwar mit höheren Kosten verbunden ist, für den Kunden aber bessere Qualität bedeutet. Das sind so Dinge, die übergeordnet einer kompetenten Koordination bedürfen.
Wie motivieren Sie sich selbst?
Ich habe Freude an der Arbeit, am Erfolg, daran, Leute zu begeistern und am Ende des Tages als Sieger hervorzugehen. Der Erfolg ist sicher ein Garant für Zufriedenheit. Wobei 2015 für HAGLEITNER ein ganz besonders erfolgreiches Jahr ist, da wir unser Ziel, 100 Millionen Euro Umsatz zu überschreiten, geschafft haben. Das war vom gesamten Unternehmen eine unglaubliche Leistung. Dieses Jahr ist auch das erste Mal, dass ich persönlich absolut zufrieden bin mit der Leistung, die das Unternehmen erbracht hat. Noch in keinem Jahr war ich so davon überzeugt, dass wir es nicht besser hätten machen können.
Bringen sich auch Ihre Kinder schon in das Familienunternehmen HAGLEITNER ein?
Im Jänner 2015 hat meine ältere Tochter begonnen, im Unternehmen zu arbeiten, sie hat den italienischen Markt übernommen und führt dort zwei Unternehmungen. Und es bereitet mir viel Freude, dass aus der Familie jemand nachkommt, der bereit ist, sich in das Unternehmen in dieser Form einzubringen. Die jüngere Tochter plant, 2017 im Unternehmen zu beginnen. Es ist mir sehr wichtig, dass Familienmitglieder im Unternehmen tätig sind und dass sie ein Gefühl für die Mitarbeiter bekommen, denn im Endeffekt sind die Mitarbeiter das Kapital.
Wo sehen Sie die HAGLEITNER Unternehmensgruppe in zehn Jahren?
Das Unternehmen HAGLEITNER wird sich in den nächsten zehn Jahren noch einmal mindestens verdoppeln.
Nicht nur in meiner Funktion als Wirtschaftsreferent der Salzburger Landesregierung, sondern bereits in meinem Zivilberuf hatte ich viele Berührungspunkte mit der Firma Hagleitner. Es ist für mich immer wieder bemerkenswert, mit welcher Leidenschaft Hans Georg Hagleitner im Zusammenspiel mit der gesamten Familie als Unternehmer tätig ist. Seine Philosophie der Unternehmensführung ist ein beispielgebender Weg, Kompetenzen rund um ein Produkt zu bündeln und Innovationen in Vorsprung umzuwandeln.
Das Unternehmen Hagleitner hat kürzlich die 100-Millonen-Euro-Umsatzgrenze überschritten; ich gratuliere Hans Georg Hagleitner und seiner Familie zu ihrem Vorzeigeunternehmen, zu ihrer Leidenschaft für das Produkt, die Mitarbeiter und das Unternehmertum sowie ihrem umfassenden Know-How und der großen Innovationskraft.
Ihr
Dr. Wilfried Haslauer
Landeshauptmann