Reinigungspersonal

Noch zeitgemäß?

Die Grundreinigung in Objekten wird oft aus Kostengründen drastisch reduziert. Das ist keine gute Idee, meinen die Experten.

Text Erika Hofbauer

Grundreinigung, ja, aber…Die Geister scheiden sich in der Praxis, wenn es um Notwendigkeit und Anwendung dieser Spezialprozedur geht: Die professionellen Dienstleister sehen die Sauberkeit und damit den Werterhalt eines Objektes im Vordergrund, um diese Intensivpflege zu argumentieren – die Gebäudeinhaber bzw. Auftraggeber setzen jedoch immer stärker den Sparstift an. Keine leichte Situation für die Reinigungsprofis, wie Christoph Guserl, Geschäftsführer der

Christoph Guserl, Geschäftsführer der Gebäudereinigungsakademie in Wien
Christoph Guserl, Geschäftsführer der
Gebäudereinigungsakademie in Wien, © Gebäudereinigungsakademie

Gebäudereinigungsakademie in Wien, erzählt: „Die tägliche bzw. regelmäßige Unterhaltsreinigung dient dazu, die Immobilie in einem sauberen und gefälligen Zustand zu halten. Aber viele Oberflächen können, trotz richtiger Anwendungstechnik in der Unterhaltsreinigung, nicht dauerhaft sauber gehalten werden, wie beispielsweise ein versiegelter Parkettboden, der lediglich in der täglichen Reinigung aufgrund der Empfindlichkeit gegenüber Flüssigkeiten nur feucht gewischt werden darf.“ Auch bei Feinsteinzeugfliesen können oftmals trotz korrekter Reinigung mit Mikrofaserbezügen und tensidfreien Reinigern mit der Zeit die mikroporösen, birnenförmigen Poren verschmutzen, weiß Guserl. Er hat die Langfristigkeit im Auge: „Es geht nicht nur um einen dauerhaft gesicherten Werterhalt, sondern auch darum, hohe Sanierungs- und Renovierungskosten zu vermeiden.“

Blick auf die Kosten

Üblicherweise wird jährlich eine Grundreinigung diverser Böden durchgeführt, um einerseits einmal pro Jahr eine gewisse „Grundsauberkeit“ herzustellen, aber viel wichtiger, um den Boden für den Alltag zu schützen. „Werden elastische Hartböden nicht regelmäßig grundgereinigt und eingepflegt, wird der Boden, speziell bei den ‚Gehstraßen‘, mechanisch beschädigt“, so der Reinigungsexperte. In vielen Fällen wird die Bodengrundreinigung im Zuge einer sogenannten „Generalreinigung“ durchgeführt, weiß Guserl aus der Praxis, wobei in den meisten Leistungsverzeichnissen die Reinigung über 1,80 m Höhe damit definiert ist: „Hier sind zumeist jene Tätigkeiten beinhaltet, die über die normale Unterhaltsreinigung hinausgehen, wie z.B. die Reinigung von Deckenlampen.“ Guserl will auch einen weiteren nicht unerheblichen Faktor anführen: „Eine Unterscheidung muss man auch beim Personaleinsatz machen, da wir bei Sonderreinigungs- und Unterhaltsreinigungstätigkeiten im Kollektivvertrag bei den Lohngruppen Unterschiede vorfinden.“ Ob und wie oft Grundreinigungsarten notwendig sind, sollte der jeweilige Auftraggeber bzw. Objektnutzer mit dem Profi abklären, rät Guserl: „In vielen Fällen, je nach Schmutzeintrag und Frequenz im Objekt, sind Grundreinigungen mehr oder weniger notwendig.“ Freilich bestehe immer die Möglichkeit, durch gezielte Maßnahmen Grundreinigungszyklen zu verzögern: z.B. durch Spraypolieren bei intakten Beschichtungen auf elastischen Hartböden. „Durch das Aufpolieren entsteht neuer Glanz und die Schutzschicht in Form von Polymerdispersionen oder Selbstglanzemulsionen wird verdichtet und daher widerstandsfähiger, erläutert Guserl.

Lebensdauer verlängern

Mirjam Haag, Senior-Produktmanagerin bei hollu Systemhygiene, will die Grundreinigung auch nicht abschreiben: „Grundsätzlich haben die klassische Grundreinigung und Beschichtung auf sehr vielen Bodenarten noch immer ihre Berechtigung. Durch ihre Schutz- bzw. Verschleißschicht verlängern Beschichtungen die Lebensdauer von Bodenbelägen und erleichtern die tägliche Unterhaltsreinigung, da Verschmutzungen weniger stark am Boden haften und dieser dadurch leichter zu reinigen ist.“ Durch unterschiedliche Beschichtungen besteht außerdem die Möglichkeit, den Boden auf individuelle Anforderungen anzupassen wie beispielsweise Rutschhemmung, Desinfektionsmittelbeständigkeit oder Mattierung der Oberfläche.

Johann Tatschl, Landesinnungsmeister des Chemischen Gewerbes in Kärnten und Geschäftsführer der Cleaning Company in Klagenfurt
Johann Tatschl, Landesinnungsmeister des Chemischen Gewerbes in Kärnten und Geschäftsführer der Cleaning Company in Klagenfurt, © CC TATSCHL

Die Sparstift-Problematik kennt Johann Tatschl, Landesinnungsmeister des Chemischen Gewerbes in Kärnten und Geschäftsführer der Cleaning Company in Klagenfurt, nur zu gut: „Aus meiner Sicht wird hier gerade in Mittel- und Großunternehmen zusehends gespart. Das heißt konkret: Notwendige Grundreinigungen werden so lange hinausgezögert, bis es fast nicht mehr geht. Dies betrifft auch im Speziellen den Hygienebereich wie Sanitärgrundreinigungen und Teeküchenreinigungen.“ Für die Dienstleister bedeutet das: Im Rahmen der Unterhaltsreinigung kommt es verstärkt zu Reklamationen von Kunden: „Wir können dann aber auch nicht zaubern“, sieht Tatschl die regelmäßige Grundreinigung mehr als nur notwendig und zeitgemäß an.

Weniger Chemie

Differenziert sieht das Thema Harald Lembacher, Geschäftsführer der BULS chem&more Handels GmbH im Tiroler Kematen: „Die Methode ist natürlich noch immer zeitgemäß. Es gibt aber einen generellen Trend im Reinigungsbereich in Richtung Umweltschutz, d.h. genauere Dosierung, umweltfreundlichere Produkte, weniger oder gar keine Chemie.“ Nachdem eine Nassgrundreinigung nicht unbedingt umweltfreundlich ist, kann hier durch den Wegfall des Grundreinigers diesem Trend besonders nachgegangen werden. „Statt dem Grundreiniger können Diamantpads verwendet werden, die die Beschichtung abrasiv, also rein mechanisch, abtragen. Das bedeutet, dass die Chemie komplett entfällt und dafür der Sektor Mechanik vergrößert wird“, erläutert Lembacher. Diamantpads sind Pads, die mit über 10 Milliarden Industriediamanten besprüht werden. Diese extrem kleinen Industriediamanten „schleifen“ die Beschichtung ab, ohne den Boden zu beeinträchtigen. Gerhard Apfelthaler, Leiter des Schulungszentrums der Firma Sigron, sieht in der Praxis auch immer öfter, dass in Objekten, wo eine Grundreinigung notwendig wäre, diese aus Einsparungsgründen nicht mehr einmal jährlich, sondern oft nur alle zwei bis drei Jahre in Auftrag gegeben wird. Auch ein weiterer Aspekt fällt Apfelthaler in der Praxis auf: „In der Unterhaltsreinigung geht immer öfter der Trend zu Teilreinigung oder zur Sichtreinigung. Die Leistungen werden drastisch reduziert, kombiniert mit nicht ausreichenden Pflegemaßnahmen, wird nicht nur das optische Erscheinungsbild in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch der Werterhalt der Oberflächen gefährdet.“

Innovationen

Mirjam Haag, Senior-Produktmanagerin bei hollu Systemhygiene
Mirjam Haag, Senior-Produktmanagerin bei hollu Systemhygiene

Freilich werden durch technische Innovationen und neue Lösungsmittel Alternativen zur Grundreinigung gesucht – und bereits angeboten. Hollu-Senior-Produktmanagerin Mirjam Haag weiß von Bodenarten, die mit einem beständigen Oberflächenschutz versehen sind und somit eine klassische Grundreinigung zum Schutz des Bodens nicht mehr erfordern. „Bei diesen Bodenarten empfiehlt es sich, von Beginn an Wischpflegeprodukte auf wasserlöslicher Polymerbasis zu verwenden und den Boden bei Bedarf zu polieren, um eine anhaltende neuwertige Optik sicherzustellen.“ Generell hat das Polieren bzw. High-Speed-Polieren auf beschichteten oder mit Wischpflege versehenen Böden den Vorteil, dass die Böden in der Unterhaltsreinigung durch eine Verdichtung der Oberfläche leichter zu pflegen sind, weiß Haag: „Bei beschichteten Böden besteht zudem die Möglichkeit, durch Cleanern und Spray-Cleanern mittels speziellen Produkten alte Beschichtungen zu regenerieren, den optischen Glanz aufzufrischen, Gehspuren zu entfernen und so die Schmutzabweisung wiederherzustellen.“ Das bringe auch den Vorteil, dass die aufwändige Grundreinigung weniger oft durchgeführt werden muss, so Haag. Unter bestimmten Voraussetzungen können mit speziellen Pads auf den dafür geeigneten Bodenbelägen Trockengrundreinigungen durchgeführt werden. Der wesentliche Unterschied zur klassischen Grundreinigung besteht darin, dass auf den Einsatz von Grundreiniger verzichtet wird und die Beschichtung mechanisch erfolgt.
Für Cleaning Company-Chef Tatschl zeigt sich schon seit längerem ein Trend bei elastischen Böden mit PUR-Beschichtungen (Intensiv- statt Grundreinigung) und durch neue Oberflächen-Designs und -Technologien verstärkt in der Keramik: „Ein Keramikboden mit Holzoptik ist leichter grundzureinigen als ein geölter Holzboden in einem Restaurant.“ In der Grundreinigung sind in den letzten Jahren verstärkt Reinigungsmaschinen und Pads auf den Markt gekommen, die eine Zeit- und Kostenoptimierung bei der Grundreinigung in Gang gebracht hat, ist Tatschl überzeugt. So kann man z.B. mit Super-Pads, Melamin-Pads oder Diamantschleifpads einen schnelleren und leichteren Erfolg bei der Grundreinigung erzielen.

Allheilmittel?

Gebäudereinigungsakademie-Geschäftsführer Christoph Guserl will die neuen Oberflächen oder Methoden nicht als Allheilmittel sehen: „Die Industrie bewirbt u.a. PUR-vergütete Hartböden als jene, die nie wieder grundgereinigt werden müssen, da sie von der Produktion her sehr widerstandsfähig seien. Eine Einpflege ist überflüssig und technisch gar nicht möglich, da die PUR-Vergütung die Adhäsion der Polymerdispersion beinträchtig und – kurz gesagt – die Beschichtung auf diesen Böden nicht hält.“ Erfahrung zeigten jedoch, dass dieses nur auf wenig frequentieren Bereichen so ist und anstatt von Grundreinigungen lediglich Intensivreinigungen nötig sind, argumentiert Guserl. In stark frequentierten Bereichen wird jedoch auch die PUR-Vergütung durch die mechanische Belastung beeinträchtig, und die Wiederanschmutzung sowie das optische Erscheinungsbild des „abgetretenen Bodens“ beeinflusst den allgemeinen Zustand und die dazugehörige Reinigung. Und nicht zuletzt die nachfolgende „Bearbeitung“: „Bei einer Sanierung muss dann die PUR-Vergütung mechanisch angeschliffen bzw. entfernt werden, was einen enormen Aufwand bedeutet. Wenn das vollbracht ist, ist eine herkömmliche Einpflege mit Beschichtungsmitteln möglich.“ Bei einigen Oberflächen besteht hingegen die Möglichkeit, durch Maßnahmen in Unterhaltsreinigung bzw. durch gezielte Intensivreinigungen eine Bodengrundreinigung zu verzögern. Dieses kann u.a. mit Diamantschleifpads oder Spezialpads erfolgen.

Harald Lembacher, Geschäftsführer der BULS chem&more Handels GmbH
Harald Lembacher, Geschäftsführer der BULS chem&more Handels GmbH, © BULS

Diese Variante sieht auch BULS-Geschäftsführer Lembacher als Alternative an, zusätzlich fällt ihm auch noch die zunehmende Verwendung von Exzentermaschinen mit rechteckiger Bodenplatte auf. Diese schwingen mit 2.000 bis 3.000 kleinen Schwingungen pro Minute und verbessern so die Reinigung enorm – inklusive Zeiteinsparung, so Lembacher.

Pflegekonzept notwendig

Prinzipiell sieht der Leiter des Schulungszentrums der Firma Sigron, Gerhard Apfelthaler, durchaus in neuen Methoden und Möglichkeiten Chancen, klassische Grundreinigungsarbeiten hinauszögern zu können. Hier sei es aber notwendig, ein Reinigungs- und Pflegekonzept bezugnehmend auf die Herstellerempfehlung mit dem Kunden zu vereinbaren und durchzuführen. Apfelthaler: „Leider scheitert die Implementierung oder Umsetzung eines solchen immer wieder am Kostendruck, aber auch am Willen und an der Fähigkeit von manchen Firmen, dieses für und mit dem Kunden auszuarbeiten und umzusetzen.“ Freilich könne man durch den Einsatz von speziellen Diamantpads oder Pflegefilmsanierungen das Objekt über das ganze Jahr so in Schuss halten, dass die klassischen Grundreinigungsarbeiten nicht mehr jährlich vonnöten sind, gibt der Sigron-Schulungsexperte zu Bedenken, aber hier bedarf es natürlich auch der Übernahme von diesen Kosten in den laufenden Vertrag: „Die Vorgangsweise von vielen Auftraggebern ist momentan leider so, den Billigsten für die Unterhaltsreinigung zu beauftragen – und auch für Sonderreinigungsarbeiten nach dem Billigstanbieter zu suchen.“

Gerhard Apfelthaler, Leiter des Schulungszentrums der Firma Sigron
Gerhard Apfelthaler, Leiter des Schulungszentrums der Firma Sigron, © sigron

Die vielgepriesenen neuen Oberflächenmaterialien, die in der Unterhaltsreinigung „alles in einem“ machen, benötigen aus der Praxiserfahrung aber genauso Intensivreinigungen und unter Umständen Pflegemaßnahmen, betont Apfelthaler: „Hier sollten sich die Auftraggeber im Sinne der Folgekosten und des Werterhalts vor der Anschaffung auch Expertenmeinungen einholen, um danach kein böses Erwachen zu haben.“

Künftige Entwicklung

Wohin geht also der Trend in Sachen Grundreinigung? Mirjam Haag, Senior-Produktmanagerin bei hollu Systemhygiene: „Aus heutiger Sicht geht der Trend der Bodenhersteller dahin, immer mehr Böden mit beständigem Oberflächenschutz auf den Markt zu bringen – was in Folge natürlich auch eine ständige Anpassung der Bodenpflege mit sich bringt. Welche Methode die richtige ist, hängt auch in Zukunft von der Art des Bodenbelages, der Art der Beanspruchung sowie von den individuellen Anforderungen der Kunden und deren Wünschen ab.“ Christoph Guserl, Geschäftsführer der Gebäudereinigungsakademie Wien, will aufgrund des Kostendrucks bei vielen Unternehmen gezielt den Bedarf an Sonderreinigungen ermittelt wissen: „Das funktioniert einerseits nur durch eine fachliche Beratung des Dienstleisters, andererseits nur, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer eine Partnerschaft leben, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen.“ Der Dienstleister soll Alternativen aufzeigen, um eventuell mit geringerem Aufwand ein adäquates Ergebnis zu erreichen. Ziel soll ein dauerhaft sauberes Haus sein, welches durch regelmäßiges Erneuern von Pflege- und Schutzschichten wertgesichert wird. Es muss schließlich auch das durchgeführt werden, was letztendlich beauftragt wurde, natürlich mit dementsprechender Bezahlung, so Guserl. BULS-Chef Lembacher glaubt, dass die die meisten Böden künftig keine Beschichtung brauchen werden, daher entfiele dort die Grundreinigung. „Dort, wo trotzdem beschichtet wird, wird die Grundreinigung mechanisch mit Diamantpads durchgeführt – ohne Chemie.“ Sigron-Schulungszentrumsleiter Apfelthaler sieht gewisse Abhängigkeiten: „Die Industrie bietet immer wieder Lösungen wie Spezialpads oder auch verbesserte Rezepturen bei Reinigungs-Chemikalien an. Aber all diese Methoden und Techniken setzen voraus, dass wir genügend fachlich ausgebildete Mitarbeiter haben – und dieses Know-how auch vom Auftraggeber abgegolten wird.“ Die Frage, die er in den Raum stellt: „Können wir die Unterhaltsreinigung auf ein vernünftiges Niveau bringen, dass schon in der Unterhaltsreinigung die Oberflächen ausreichende Pflege- und Reinigungstätigkeiten erhalten? Wenn dem nicht so ist, wird sich auch in Zukunft nicht sehr viel verändern…“.

kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

neueste beiträge