Jeder Geruch ist anders und – wenn er entfernt werden soll – dementsprechend auch anders zu behandeln.
Text: Hansjörg Preims
Nicht immer ist der Geruch weg, wenn seine Quelle entfernt wurde. Es kommt darauf an, wie lange ein Geruch im Raum vorherrscht. Denn alles, was porös ist, also auch die Wand, nimmt Gerüche auf, so wie zum Beispiel Nikotingeruch. „Man muss dann mit einer Geruchsperre die Wand bearbeiten, erst dann kann man professionell weiterarbeiten“, weiß Rosalia Zelenka, Inhaberin des Meisterbetriebs sos-zelenka e.U. Spezialgebäudereinigung. Die massivsten Gerüche, die sie von ihrer Berufstätigkeit der Tatort- und Spezialreinigung wie zum Beispiel Geruchsneutralisation her kennt, sind Küchengeruch, Nikotingeruch und Geruch von groben Verunreinigungen wie Kot oder Urin. Ein besonders intensiver Geruch geht naturgemäß von einem Leichenfundort aus. „Es kann aber auch nur sein, dass wir gerufen werden, weil jemand, der eine Wohnung neu übernommen hat, den Altgeruch des Vormieters entfernt haben möchte. Man kann dann versuchen, noch einmal zu reinigen und viel zu lüften, oft geht der Geruch aber trotzdem nicht weg, einfach weil ihn die Wände noch abgeben. Und da werden wir dann oft beigezogen, bevor man den Maler bestellt“, erzählt Zelenka.
Geruch besteht aus Molekülen, die sich im Raum verteilen, dadurch heften sie sich auch an. Professionell entfernen kann man sie mit Hilfe eines Ozon-Generators. In diesem wird eine Hochspannung erzeugt, ähnlich wie bei einem Gewitter. Eine Belüftung bringt das erzeugte Ozon in den Raum, wo es dann wirken kann. In der Zeit des Betriebes des Gerätes muss der Raum komplett abgedichtet sein, damit das Ozon nicht irgendwo entweicht – und natürlich auch, um die Nachbarn zu schützen. „Man hat dann eine gewisse Vorhaltezeit – zwischen 3 und 30 Stunden, je nach Stärke und Intensität des Geruchsbefalls und je nach der Substanz“, erklärt Zelenka. Zum Beispiel bei einem Leichenfundort mit massivem Geruchsbefall seien es sicher 30 Stunden, die man den Ozon-Generator laufen lasse. Bei Buttersäure wiederum sei es extrem schwer, auch weil es hier schwierig sei, die Geruchsquelle zu finden. Wenn diese Substanz in eine Ritze hineinkomme, habe man überhaupt keine Chance, nicht einmal als Profi.
Wenn man den Ozon-Generator laufen lässt, muss man auch darauf achten, welche Materialien sich im Raum befinden, beziehungsweise empfindliche Dinge bzw. Gegenstände, die vom Ozon zersetzt würden, müssen abgeklebt werden, vor allem Gummi-haltige Gegenstände. Und nicht vergessen, die Rauchmelder zu deaktivieren, diese würden nämlich durch das austretende Ozongas Alarm schlagen. Das Ozon zersetzt sich dann wieder zu Sauerstoff, daher auch die reinigende Wirkung. „Nach der Ozon-Behandlung muss lange gelüftet werden, mindestens 12 Stunden lang sollte niemand den Raum betreten“, so Zelenka.
Zu allererst aber muss natürlich die Geruchsquelle entfernt werden – wobei diese mitunter recht schwierig zu finden ist. Zelenka: „Es ist dann wirklich oft so, dass man dem Geruch nachschnüffeln und hoffen muss, die Quelle zu finden.“ Eine häufige Geruchsquelle sei Tierhaltung, ganz massiv von Katzen: „Hatte der Vormieter Katzen, die nicht nur in ihre Katzenklos gemacht haben, sondern auch daneben, dann ist die Geruchsquelle sicher im Boden und an den Wänden zu finden.“ An den Wänden könne man dann zum Beispiel mit einem starken Reinigungsmittel versuchen, den Geruch zu entfernen, man könne hier zum Beispiel auch mit Wasserstoffperoxid arbeiten. „Wenn das nicht erfolgreich ist, ist es“, so Zelenka, „auch meine Aufgabe, dem Kunden zu sagen, dass ein Maler kommen oder gegebenenfalls der Boden neu verlegt werden muss, da der Geruch schon zu tief eingedrungen ist bzw. das Ozon die Geruchsmoleküle nicht mehr erreicht.“ Wenn man einen Ozon-Generator aufbaue, habe man zwei Effekte: die Geruchsentfernung und zudem eine allgemeine Desinfektion.
Jedenfalls sei jeder Geruch anders und dementsprechend auch anders zu behandeln, anders in der Vorgangsweise und in der Auswahl des Reinigungsmittels, betont Zelenka, die auch ein Buch geschrieben hat mit dem Titel „Der Tod hat viele Gerüche“ (siehe Info-Box). „So wäre es fahrlässig zu glauben, dass man einen Auftrag einfach irgendwie abhandeln könne, schließlich habe ich eine Verantwortung dem Kunden gegenüber.“ Nicht immer müsse der Ozon-Generator eingesetzt werden. Wenn man die Ursache anders beseitigen könne, sei es auch für den Kunden günstiger, zum Beispiel nur ein Reinigungsmittel einzusetzen. Selbst wenn an einem Leichenfundort der Geruch wirklich in die Wand eingedrungen sei, müsse man nicht sofort einen Ozon-Generator einsetzen, sondern erst einmal die Wand teilweise abschlagen und neu verputzten. Erst wenn sich dann trotzdem noch Geruchsmoleküle im Raum befänden, gehe man mit dem Generator vor.
Nun gibt es auf dem Markt verschiedenste Modelle von Ozon-Generatoren. Und nicht jedes Modell erfüllt in jedem Einsatzfall den angestrebten Zweck. Zelenka: „Der Ozon-Ausstoß muss schon ein gewisses Volumen haben, um einen Raum zu befüllen. Denn damit das Ozon wirklich wirkt, muss der Raum mit Ozon gesättigt sein. Und wenn der Raum mit Ozon gesättigt ist, sollte sich das Gerät automatisch ausschalten. Es sollte auf jeden Fall eine Zeituhr zum Einstellen haben.“ Der Mitbewerb sei gut beraten, Geräte ausschließlich im Fachhandel und mit der nötigen Ausstattung zu erwerben. Zu schwache Geräte würden für den Kunden unter Umständen nicht den erwünschten Erfolg bringen und seien nicht punktgenau auf den Auftrag einzurichten.
DER TOD HAT VIELE GERÜCHE
Rosalia Zelenka
edition innsalz
Als Tatortreinigerin macht Rosalia Zelenka aus vielen Blickwinkeln die Bekanntschaft mit dem Tod. Begleitet von Lebensgeschichten, setzt sie sich in dem Buch mit der Arbeit der Polizei ebenso intensiv auseinander wie mit der zu bewahrenden Hygiene. Sie macht aufmerksam auf einen Randbereich im Dunkel unserer Gesellschaft.