© Kling-Wagenhofer
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Sicherheit ist oberstes Gebot

Die speziellen Herausforderungen der Verkehrsmittelreinigung.

Text: Hansjörg Preims

Klar, ein Zug ist kein Bürogebäude, aber was ist bei der Reinigung von Verkehrsmitteln anders als bei der normalen Unterhaltsreinigung, welches spezielle Know how ist für diese Reinigungsdienstleistung erforderlich? Prinzipiell sind einmal zwei Arten der Verkehrsmittelreinigung zu unterscheiden: Die Reinigung von abgestellten Fahrzeugen an einem zentralen Ort, Depot oder in einer Remise und die Reinigung von Verkehrsmitteln während des Betriebes. KR Viktor Wagner, Geschäftsführer der REIWAG Facility Services GmbH mit der Firma Reiwag Rail Services: „Die Verkehrsmittelreinigung ist nicht vergleichbar mit einer normalen Unterhaltsreinigung – folgende Faktoren unterscheiden sich: Reinigung auf engstem Raum, fast täglich wechselnder Abstellplatz der Züge, unterschiedlichste Arten der Verschmutzungen, Witterungseinflüsse sowie arbeiten in einem Gefahrenbereich. Auch Graffiti-Verschmutzungen im Innenbereich sind ein tägliches Thema, die spezielle Anwenderkenntnisse voraussetzen. Aber auch diese besonderen Verschmutzungsprobleme sind für die Mitarbeiter der Reiwag Rail Service lösbar.“

Zum einen sei ein starker Geschäftspartner in der Industrie erforderlich, der die richtigen Reinigungsmittel zur Verfügung stelle und mit seinem Know-how auch das Personal unterstützen könne. „Der wichtigste Faktor sind jedoch die ausführenden Mitarbeiter“, so Wagner, „diese werden nicht nur spezifisch auf die Eigenheiten der Fahrzeuge geschult, sondern durchlaufen weiters ein Programm, in dem ihnen das Wissen hinsichtlich der Chemikalien sowie der systematischen Arbeitsabläufe vermittelt wird.“

Ärztliche Untersuchung bezüglich Gleistauglichkeit Pflicht

Auch eine Vor-Ort-Schulung über Infrastruktur und der Gefahrenbereiche (z.B. Gleisanlagen) ist erforderlich und setzt einen eigenständigen, verantwortungsvollen Prozess voraus, der gemeinsam definiert wird. Wagner: „Eine ärztliche Untersuchung bezüglich der Gleistauglichkeit ist bei allen Mitarbeitern Pflicht.“ Bei den stationär zu reinigenden Fahrzeugen handelt es sich zum einen um Neuanfertigungen, die endgereinigt werden, zum anderen um Fahrzeuge eines Verkehrsbetriebes, die über einen längeren Zeitraum – meist über Nacht – aus dem Regelverkehr abgezogen werden.

„Die herausforderndste Art der Verkehrsmittelreinigung ist“, so Wagner „sicher jene, die während des Betriebs durchgeführt wird; hierbei gibt es einerseits die Unterwegsreinigung zur Säuberung der Fahrzeuge während der Fahrt, wodurch insbesondere in den Fahrgasträumen und Toiletten ein benutzbarer Zustand sichergestellt werden soll.“ Die Dienstleistung werde möglichst unauffällig durchgeführt, ohne die Fahrgäste zu sehr zu stören. Dies liege in der Eigenverantwortung des Reinigungspersonals.

Daneben muss auch die tägliche Reinigung im Regelbetrieb geplant und durchgeführt werden, wofür als Teil des strikten Fahrplanes ein enges Zeitfenster einzuhalten ist. Die Arbeiten haben demnach „just in time“ zu erfolgen, im Gegensatz etwa zur Gebäudereinigung können sie also nicht verschoben oder aufgeteilt werden. Zum Teil stehen nur sehr kurze Zeitfenster für die Reinigung zur Verfügung. Wagner: „Da die Fahrzeuge nicht immer am gleichen Ort bereitgestellt werden, bedarf es nicht nur einer ausgeklügelten Jahresplanung sondern auch einer täglichen Verwaltung, ebenso wie flexibler Lösungsansätze als Reaktion auf kurzfristige Änderungen.“

Hohe Flexibilität und technikaffines Management

Da diese Leistungen 24 Stunden an 7 Tagen der Woche und 365 Tage im Jahr zu erbringen sind, bedarf es nicht nur einer guten Mitarbeiterbasis, sondern auch rund um die Uhr eines Verantwortlichen vor Ort. Und da bei der Fahrplanerstellung meist keine Rücksicht auf die Reinigung genommen werden kann, ist große Flexibilität erforderlich. „Neben all diesen organisatorischen Herausforderungen ist auch ein technikaffines Management erforderlich, das auf die Bedürfnisse des Geschäftspartners und Kunden eingeht und zielorientiert agiert, aber auch jederzeit Alternativen anbieten kann“, sagt der Reiwag-Chef. Dieses Verständnis resultiere aus einer langfristigen Kooperation. Daneben werde stets auch die Zufriedenstellung des Endkunden, des Fahrgastes, im Auge behalten.

Die Reiwag Rail Services bietet derzeit ein Gesamtpaket in der Fahrzeugpflege: vom Enteisen der Magnetbremsen bis zur Entsorgung der Fäkalientanks auch diverse Leistungen rund um die Fahrzeugreinigung. Mit ca. 250 Mitarbeitern wird im Regelbetrieb 24/7/365 Tage im Jahr, also rund um die Uhr gearbeitet. Jährlich werden z.B. im Auftrag der ÖBB Personenverkehr 250.000 Wagen gereinigt, 4 Mio. Liter Fäkalien entsorgt, 12.5 Mio. Liter Frischwasser aufgefüllt, 6,5 Mio. m² Bodenfläche gereinigt, 10 Mio. Sitze gereinigt, 10 Mio. m² Fenster gereinigt und 630 Tonnen Müll entsorgt.

Langfristige Personalplanung erforderlich

Wie gefährlich das Arbeiten im Gleisbereich sein kann, weiß auch Srdan Petkovic, Bereichsleiter Verkehrsmittelreinigung der SIMACEK Facility Management Group GmbH. „Daher ist und wird Sicherheit immer das oberste Gebot sein“, betont Petkovic, „selbst wenn dies bedeutet, dass längere Dienstwege in Kauf genommen werden müssen. Die Sensibilisierung der Mitarbeiter auf die Gefahren ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Führungskräfte.“

Der Gesetzgeber verlangt seit September 2012 gemäß der Eisenbahnschutzvorschriften für das Betreten von Bahnanlagen eine zusätzliche Gefahrenausbildung. Ausbilden darf in Hinblick der Gefahren am Gleis nach der neuen Vorschrift nur ein Eisenbahnunternehmen selbst. „In der Praxis heißt das nun für uns, dass alle Mitarbeiter vor Aufnahme der Tätigkeit neben der eigenen Sicherheitsschulung durch unsere Sicherheitsfachkräfte zusätzlich auch eine Sicherheitsausbildung durch das Eisenbahnunternehmen erhalten müssen“, so Petkovic. Die dem Training angeschlossene schriftliche Prüfung muss auch bestanden werden, dafür sind ausreichende Deutschkenntnisse erforderlich. Diese Ausbildungen finden nicht täglich statt, daher ist eine langfristige Personalplanung erforderlich und es kann kein neues Personal kurzfristig aufgenommen werden. Eine flexible Personaleinsatzplanung gewinnt hier, mehr denn je, an Bedeutung. „Wir wollen die Mitarbeiter langfristig an unser Unternehmen binden und der branchenüblichen Fluktuation entgegenwirken, sagt Petkovic, „deshalb ist die Einsatzplanung auch sehr individuell und spezifisch.“ Familiäre Verhältnisse sowie weitere persönliche Aspekte spielten dabei eine große Rolle und es sei Kreativität gefordert. Petkovic und sein Team sind jedenfalls „stolz darauf, ein Gefühl für die nicht planmäßigen Vorkommnisse entwickelt zu haben und auch solche Fälle in unseren Tagesablauf problemlos integrieren zu können. Die Erfüllung der Reinigungskriterien unter Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften und Richtlinien, vor allem in den Stoßzeiten oder bei außerplanmäßigen Ereignissen, und die Zufriedenheit der Verkehrsmittel-Reinigungsfachkräfte sind für uns eine Aufgabe, der wir uns täglich gerne stellen. Das zeichnet uns aus. Das Ergebnis sind zufriedene Kunden, Mitarbeiter und Fahrgäste.“

Qualitätsansprüche nehmen stetig zu

Der größte Auftraggeber von Kling-Wagenhofer in dem Geschäftsbereich Verkehrsmittelreinigung sind die Wiener Linien. Geschäftsführer Ing. Erich Borsutzky-Keller: „Seit vielen Jahren sind wir sowohl mit der Reinigung der Schienenfahrzeuge (U-Bahn, Straßenbahn), als auch mit der Reinigung der Straßenfahrzeuge (Busse) beauftragt – oder im Klartext: Wir konnten über viele Jahre die jeweiligen Ausschreibungen gewinnen. Und wir können aus erster Hand verfolgen, wie die Qualitätsansprüche unseres Auftraggebers von Ausschreibung zu Ausschreibung zunehmen.“ Bei den korrespondierenden Preisen sei dies allerdings – bedauerlicher Weise – nicht der Fall. Dennoch möchte Borsutzky-Keller an dieser Stelle klarstellen, dass er absolutes Verständnis für die ständig steigenden Anforderungen habe, stelle doch die Sauberkeit der Fahrzeuge ein wesentliches Kriterium bei Fahrgastbefragungen dieses Auftraggebers dar. „Seit der letzten Ausschreibung werden sämtliche Fahrzeuge nach erfolgter Reinigung durch einen qualifizierten Mitarbeiter der Wiener Linien abgenommen und nach einem Punktesystem bewertet“, so Borsutzky-Keller. Um der Forderung des Auftraggebers nach hochwertigen Reinigungsergebnissen Nachdruck zu verleihen, sind klare Sanktionen festgelegt worden. Bei Unterschreiten eines vorgesehenen Qualitätslimits ist eine Pönale-Zahlung vorgesehen. Jede Beanstandung, welche zu einer Pönale führt, fließt darüber hinaus auch in eine monatliche Bewertung ein, bei welcher bei Unterschreiten des vorgesehenen Qualitätslimits innerhalb eines Monats eine zusätzliche Pönale fällig wird. „Dank der Ausbildung und Qualifikation unserer Mitarbeiter (Tag- bzw. Nachtdienste werden von je einem Gebäudereinigungsmeister betreut) kamen wir jedoch noch nicht in die Verlegenheit, Pönale zu zahlen – die vorgesehenen Beträge wären heftig“, sagt Borsutzky-Keller.

Grundsätzlich unterscheidet man bei der Fahrzeugreinigung der Wiener Linien zwischen „täglicher“ und „periodischer“ Reinigung. Im Rahmen der täglichen Reinigung wird jedes Fahrzeug entstaubt (Haltestangen, Griffe, Kartenentwerter, etc.) und ausgekehrt. Darüber hinaus werden die Bodenflächen sämtlicher Fahrzeuge einmal pro Woche feucht gereinigt. Diese Tätigkeiten finden überwiegend während der Nachtstunden, an sieben Tagen der Woche statt. Die periodische Innenreinigung (jedes Fahrzeug etwa alle 6 Wochen) beinhaltet die gründliche Feuchtreinigung von Decken, Fensterflächen, Wänden, Sitzen, Haltestangen etc. Die Bodenflächen werden mittels Einscheibenmaschinen gereinigt und abgesaugt. Besonderes Augenmerk gilt auch dem Fahrerplatz. Diese Tätigkeiten finden sowohl bei Tag als auch bei Nacht statt.

Die Hoffnung auf erzieherische Wirkung

„Auf den Bahnhöfen der Wiener Linien stehen unseren Mitarbeitern Handscanner für die Dokumentation sämtlicher Reinigungsleistungen (z.B. tägliche-, periodische Reinigung, Entfernen von ekelerregenden Verunreinigungen etc.) zur Verfügung“, so Borsutzky-Keller weiter. „Über das elektronische Leitsystem der Wiener Linien werden diese Scanner mit den aktuellen Fahrzeugnummern der zu diesem Zeitpunkt auf diesem Bahnhof befindlichen und zur Reinigung vorgesehenen Fahrzeuge versorgt. Die Tätigkeit unserer Mitarbeiter auf dem Bahnhof ist beendet, wenn sämtliche Fahrzeuge eingescannt sind und damit als gereinigt aufscheinen.“

Eine besondere Herausforderung an Mensch und Maschine war die Umstellung des U-Bahn Fahrbetriebes auf die langen Nächte an Wochenenden und vor Feiertagen. Borsutzky-Keller: „Durch den Entfall des nächtlichen Betriebsstillstandes verblieb deutlich weniger Zeit für die Fahrzeugreinigung. Unsere Mitarbeiter schafften – in enger Zusammenarbeit mit den Wiener Linien – auch diese Herausforderung.“ Im Laufe der Zeit hätten sich weitere Reinigungsmaßnahmen als sinnvoll herausgestellt: „An wichtigen Verkehrsknotenpunkten wird durch unsere Mitarbeiter während des Haltens in der Station grober Unrat (z.B. Zeitungen) aus den Fahrzeugen entfernt. Diese Reinigungstätigkeit geschieht vor den Augen der Fahrgäste und soll diesen demonstrieren, welcher Aufwand mit der Entfernung des sorglos in den Fahrzeugen hinterlassenen Unrat verbunden ist. Unser Auftraggeber und wir verbinden mit dieser Maßnahme die Hoffnung, dass damit auch in gewisser Weise eine erzieherische Wirkung verbunden ist.“

Wie bei jeder fachspezifischen Reinigungsaufgabe, sei auch im Fall der Verkehrsmittelreinigung ständige Schulung, Sicherheitsunterweisung, laufende Kontrolle und die spezifische Erfahrung für die Erbringung sauberer Reinigungsleistungen unumgänglich, betont Borsutzky-Keller.

Intensive Schulungen sind der Schlüssel zum Erfolg

Auch die Firma Blitz Blank reinigt für die Wiener Linien, und zwar U-Bahngarnituren während der Betriebszeiten. Geschäftsführer Mario Reichel: „Die Verkehrsmittelreinigung im öffentlichen Nahverkehr stellt Reinigungsunternehmen vor spezielle Herausforderungen. Bei Tätigkeiten während des laufenden Fahrbetriebs gelten Freundlichkeit und Rücksichtnahme gegenüber den Fahrgästen als Grundvoraussetzung. Reibungspunkte mit Passagieren sind dennoch nicht zu vermeiden. Deswegen sollten die Reinigungskräfte zusätzlich Kommunikationstalent mitbringen und über gute Deutschkenntnisse verfügen.“ Es komme immer wieder zu Konfliktsituationen mit Fahrgästen. Für diese Fälle müsse das Personal entsprechend geschult sein, um möglichst deeskalierend agieren zu können, so Reichel. Vereinzelt auftretende Verschmutzungen durch Erbrochenes oder Fäkalien würden zudem einen starken Magen verlangen. „Es zeigt sich also, dass die Verkehrsmittelreinigung keine leichte Aufgabe ist. Gezielte Mitarbeiterwahl und intensive Schulungen sind der Schlüssel zum Erfolg“, bringt es Reichel auf den Punkt. „Die über 40 Jahre währende Erfahrung von Blitz Blank im Bereich Stationsreinigung ist hierfür sehr hilfreich.“

Referenzaufträge erforderlich?

Ist es angesichts dieser speziellen Herausforderungen der Verkehrsmittelreinigung sinnvoll,  Reinigungsaufträge an einen ähnlichen Referenzauftrag zu binden? Mag. Sebastian Wilken, Geschäftsführer der da-ka hausbetreuung GmbH, ist der Meinung, dass es keinen Grund dafür gibt, denn: „Egal ob Verkehrsmittel, Spital oder dergleichen – es ist nicht davon auszugehen, dass das gleiche Personal der Referenz auch im anzubietenden Auftrag eingesetzt wird, außer es handelt sich um denselben. Auftraggeber sollten sich lieber Gedanken machen, was die tatsächliche Qualifikation ausmacht, die Reinigung durchzuführen“, sagt Wilken. „Das könnte bei Verkehrsmittelreinigung sein:

  • Reinigungspersonal mit zumindest einer Grundschulung der Innung
  • Objektleitung mit Meisterabschluss
  • 24 Stunden Erreichbarkeit der Objektleitung (Reinigung in der Nacht und am Wochenende)
  • Arbeitssicherheitsmanagement nach OHSAS 18001 oder SCC, um sicherzustellen, dass die Gefährdungen in Werkstätten und durch Drogenutensilien (Spritzen in U-Bahn-Fahrzeugen) vom Unternehmen evaluiert, geschult und vorgebeugt werden.“

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