Schädlingsbekämpfung ist zwar ein traditioneller Beruf, dennoch hat sich die Branche mit neuen technologischen Möglichkeiten den heutigen Erfordernissen in der Verhinderung und Beseitigung von Ungeziefer angepasst.
Text Erika Hofbauer
Ein entscheidender Baustein in der Schädlingsvorsorge von morgen sind vernetzte Technologien. Reinhard Hell, Country Director beim Hygiene-Konzern Rentokil Initial, sieht die Tradition mit den digitalen und globalen Anforderungen verknüpft. Denn die Ansprüche steigen: „Die Anforderungen in Lebensmittel produzierenden sowie Pharma-Betrieben steigen von Jahr zur Jahr. Gerade die lückenlose Dokumentation, ob Schädlingsbefall vorherrscht, und welche Maßnahmen zu empfehlen sind, um Schädlingsbefall frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden, ist die größte Herausforderung“. Um diese Herausforderungen zu meistern, so Hell, setze man bei Rentokil seit Jahren auf digitale Unterstützung: „Bereits bei der Erstinspektion unserer Kunden wird von unserem Fachberaterteam ein Smart App eingesetzt, um vor Ort eine objektbezogene Gefahrenanalyse zu erstellen. Diese ist die Grundlage für das Angebot an den Kunden und zugleich die Arbeitsanweisung an die Serviceabteilung. Basis dieser digitalen Schädlingsbekämpfung ist die ,Pest Connect‘-Technik.“ Dabei handelt es sich grob gesprochen um miteinander kommunizierende Köderboxen, die einen Befall in Echtzeit erkennen und an Kunde und Techniker sofort weiterleiten. „Diese Technologie garantiert, dass ein Techniker sich umgehend beim Kunden meldet und einen Inspektionstermin vereinbart“, erläutert Hell. Bei diesem werden eine Befallsanalyse und Bekämpfungsmaßnahmen festgelegt. Zusätzlich können die Rentokil-Mitarbeiter jede einzelne Köderstation vor Ort scannen und so – bis auf die Ebene der einzelnen Fangstation – Befälle und Maßnahmen erfassen. „Auf Wunsch werden unsere Kunden mit unserer Web basierenden Dokumentation „PestNetOnline“ ausgestattet und erhalten damit Zugang zu interaktiven Plänen, Analysetool sowie gesicherten Zugang zu allen Sicherheitsdatenblättern, die lückenlos die eingesetzten Präparate dokumentieren“, unterstreicht Rentokil-Manager Hell einen besonderen Vorteil: „Über diese Dokumentation kann der Kunde Befalls-Entwicklungen und Trends am eigenen Standort erfahren und erspart sich hierbei Zeit im Durchforsten von Papierdokumentationen.“
Cloud-Systeme im Einsatz
Neuerdings setzt man Rentokil auf Cloud-basierte Systeme. Über eine Internet-Plattform des Visual Analytics-Anbieters Qlik sind Tausende Rentokil-Geräte digital verbunden. Diese generieren nun Daten, um proaktiv gegen drohenden Schädlingsbefall vorzugehen. Analysiert werden im digitalen Risikomanagement zum Beispiel Wetterdaten, die in Bezug gesetzt werden zu Bewegungsmustern von Nagetieren oder Insektenschwärmen. Bislang werden bereits über 20.000 digitale Geräte eingesetzt, allein um Nager in Schach zu halten. Diese vernetzten Geräte kommen in Deutschland sowie in elf weiteren Ländern auf der ganzen Welt zum Einsatz und haben bereits mehr als drei Millionen Daten generiert.
Auf eine ganz ähnliche Technik setzt man bei der schwedischen Anticimex-Gruppe, wie Bernd Kribitz, in Österreich zuständiger Geschäftsführer, erzählt. Denn die Schädlinge werden zunehmend resistent gegen übliche Schutzmaßnahmen. „Der traditionelle Giftköder soll auch nicht mehr verwendet werden, weil eine unsachgemäße Ausbringung die Umwelt extrem belastet“, so Kribitz. Darüber hinaus werden die Vorschriften für den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln immer strenger. Daher entstand schon bald der Wunsch nach einer „grünen Linie“ in Sachen Schädlingsbekämpfung, erzählt Kribitz von der Entstehungsgeschichte der Anticimex-eigenen Produktlinie „SMART“: Die so genannten „SMART Boxen“ werden in Bereichen platziert, in denen Nagetiere aktiv sind.
Die Boxen können mittels Batterie, Strom oder Sonnenkollektoren mit Energie versorgt werden. Die Technologie erspart aber nicht den Menschen vor Ort, betont Kribitz: „Die Geräte sind ja keine Wunderboxen. Es braucht schon vorab eine Gefahrenanalyse, um die richtigen Maßnahmen anbieten zu können.“
Hygienische Beseitigung
Stehen die Boxen schließlich an den richtigen Stellen und ein Nagetier betritt das Gehäuse, registrieren die Sensoren die Bewegung oder die Körperwärme des Tieres. Eine Fangfunktion wird aktiviert, die den Schädling sofort durch einen elektrischen Stromschlag tötet. Das Nagetier wird anschließend in einem Kunststoffbeutel in einem geschlossenen Behälter deponiert. Die Falle wird anschließend automatisch zurückgesetzt und ist wieder einsatzbereit. Aber nicht nur die aktive Bekämpfung ist Bestandteil des Servicevertrages, auch transparentes Messen, Beobachten und Analysieren ist durch die Digitalisierung möglich. Kribitz: „Auf Grundlage der Fangstatistiken überwachen wir die Erfolgsquote der Maßnahme, liefern Vorschläge für weitere Aktionen und nehmen bei Bedarf Änderungen am Programm vor.“ Jederzeit sei der Status des Befalls abrufbar. Darüber hinaus könne anlassbezogen reagiert werden: „Früher kam es zu den vereinbarten Inspektionszeiten – unabhängig vom Befall. Jetzt kann sofort reagiert werden, wenn man z.B. aufgrund der gemeldeten Daten feststellt, dass eine Population gestiegen ist.“ Die wichtigsten Kunden, so Kribitz, reichen von der Pharma- über die Lebensmittelbranche bis zu Hausverwaltungen.
Kampf den Nagern
Aktuell ist der wichtigste Einsatzbereich der smarten Geräte bei Nager-Befall. Rentokil-Verantwortlicher Hell: „Die ‚PestConnect‘-Technik kommt derzeit bei Nagern zum Einsatz. In Vorbereitung ist diese Technik aber auch gegen kriechende und fliegende Insekten. Die Einsatzbereiche sind vielfältig und werden je nach Kundenanforderung angepasst. Gemeinsam mit unserem Online Dokumentationssystem ‚PestNetOnline‘ bieten wir unseren Kunden ein zukunftsweisendes Überwachungs- und Dokumentationssystem.“ Auch der Anticimex Österreich-Verantwortliche Kribitz sieht den Schwerpunkt im Nager-Befall. Allerdings gibt es in Österreich nun auch eine innovative UV-Geräte-Lösung, die einen Fluginsektenbefall frühzeitig erkennt, damit der Schädlingsbekämpfer rechtzeitig Aktionen einleiten kann. „Dieses Gerät registriert dann beispielsweise in den Firmenräumen einen Anstieg von Fliegen z.B. durch ein offen gelassenes Fenster. Somit kann man gleich reagieren und die Ursache suchen.“ Eine besondere technische Ausstattung für die smarten Technologien zum Kampf gegen Schädlinge ist seitens der Kunden nicht erforderlich, betonen die Anbieter. Rentokil-Country Dircetor Hell: „Alle erforderlichen Voraussetzungen werden durch uns geschaffen und es bleibt dem Kunden überlassen, wie weit er unser umfangreiches Angebot nutzen möchte. Der Kunde benötigt lediglich einen Internetzugang, PC, Laptop oder Tablet mit Drucker. Aber es werden in der Angebotsphase die Kundenanforderungen erhoben und das System wird entsprechend angepasst.“
Systeme im Überblick
Das „Pest Connect“-System von Rentokil ist ein vollautomatischer Melde-Service zur Überwachung von und zum Schutz vor Mäusen: Durch den Einsatz eines vernetzten Kommunikationssystems werden Unternehmen und Servicetechniker unverzüglich alarmiert, sobald eine Mäuse-Aktivität festgestellt wird. Das Echtzeit-Reporting durch „PestNetOnline“ erlaubt genaue Analyse und Setzen geeigneter Maßnahmen. Konkret funktioniert dies so: Sobald eine Maus gefangen wurde, leuchtet ein Warnlicht auf und es wird eine Nachricht an den Verteiler vor Ort gesendet. Diese Nachricht wird sofort an den Rentokil-Server weitergeleitet. Die Informationen werden im „PestNetOnline“ verarbeitet und sämtliche Einzelheiten aufbereitet und dokumentiert. Anschließend wird ein E-Mail-Alarm an den Kunden und den Rentokil Servicetechniker vor Ort gesendet. Beim Service-Termin werden die Meldungen untersucht und daraus resultierende Maßnahmen ermittelt. Die gesammelten Daten gehen aber nicht verloren: vergangene Informationen können jederzeit abgerufen werden. Die Unternehmen erhalten durch diese Technologie eine ständige Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Standortes. Durch die umgehende Behandlung wird eine Ausbreitung im Betrieb verhindert. Das System überwacht sich auch selbst: durch tägliche Statusmeldungen können so z.B. eine zu geringe Batterieladung angezeigt werden.
Das Anticimex Kontrollsystem ist Teil des SMART-Paketes. Das System besteht aus einer einzelnen Master Kontrollbox sowie Fallen und Sensoren. Die Box kann mit bis zu 50 Fallen und Sensoren verbunden werden. Diese sind wiederum untereinander drahtlos vernetzt und bilden ein lückenloses Netz. Alle Informationen von Fallen und Sensoren werden an ein Netzwerk weitergeleitet. Dies erlaubt eine überdurchschnittliche Reichweite des Kontrollsystems – ein einzelnes System kann ein sehr großes Areal abdecken.