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„Wie eine kleine Stadt“

Für eine der größten Banken Österreichs, der Erste Group, waren bautechnisch die letzten Jahre besonders spannend: Auf dem Gelände des ehemaligen Südbahnhofes entstand im so genannten Quartier Belvedere der Erste Campus, die neue zentrale Niederlassung der gesamten Bankengruppe in Wien. Eine Herausforderung auch für das Facility Management – unter anderem auch die Hygienebereiche betreffend.

Text: Erika Hofbauer

Mehr als 1000 Arbeiter von über 100 Firmen waren seit dem Sommer 2012 täglich auf der Baustelle des Erste Campus anzutreffen. Ende 2015 wurde nun der neue zentrale Bürokomplex des Bankenkonzerns Erste Group fertiggestellt, zu Jahresbeginn wurde die umfassende Übersiedlung der Mitarbeiter zu den 4.500 Arbeitsplätzen gestartet. Ein Kraftakt, der nicht nur die beteiligten Menschen, sondern auch jede einzelne Abteilung, allen voran das Facility Management, forderte, wie Isabelle Holzer, Unitleiterin des Facility Management (FM) Service Centers der Erste Group, erzählt. Worin bestand aus FM-Sicht die größte Herausforderung für ein Projekt wie den Erste Campus? Holzer: „Im Grunde ist das die Frage nach der rechtzeitigen Einbindung des FM in die Konzept- bzw. Bauphase. Das lief bei uns wirklich sehr gut. Dadurch, dass wir bereits in der konzeptionellen Phase wesentliche Inhalte einliefern konnten, wurden diese schon in der Planung  berücksichtigt.“ So habe man lange vor dem Baubeginn intensiv an einem so genannten Anforderungsdokument gearbeitet. Dieses beinhaltete sämtliche Beschreibungen und Vorgaben zu jedem einzelnen Funktionsbereich, egal ob z.B. Bürobereich oder Logistikfläche, diese wiederum geteilt in die Abschnitte Funktionsbereich, funktionale Anforderung, raumbegrenzende Elemente und technische Anforderungen.

Anforderung an Reinigung

Dabei wurden auch Anforderungen der Reinigungsaspekte formuliert und niedergeschrieben, so die FM-Expertin weiter: „Das Facility Management war auch vollständig in den mehrphasigen Prüflauf der Planungsdokumente eingebunden. Diese konsequente Vorgehensweise ermöglichte letztendlich auch für die Reinigungsservices, die optimalen Raum- und Ablaufbedingungen zu schaffen, um diesen Teil der Betriebskosten schon im Vorfeld zu reduzieren.“ Apropos Hygienebereich: Was ist bei solchen Projekten in Sachen optimale Hygieneleistung besonders herausfordernd? Holzer: „Im Grunde ist es die Vielfältigkeit der Hygienebereiche. Bis auf Laboreinrichtungen haben wir so ziemlich alles, was in einer kleinen Stadt vorkommt. Daher sind die Anforderungen auch entsprechend vielfältig.“

Die Vielfalt beginnt bei den Außenbereichen, die der täglichen Witterung ausgesetzt sind und der öffentlich zugänglichen Erdgeschoßzone. Dazu kommen die Bürobereiche mit den klassischen Kaffee/Teeküchen, aber auch die Veranstaltungsbereiche mit intensiver Nutzungsfrequenz. „Wir müssen in den Duschen und sonstigen Aufenthaltsbereichen für Mitarbeiter anders reinigen als im Küchenbetrieb und die Lebensmittellagerbereiche oder die Logistikflächen“, beschreibt die Erste Group-Managerin einen Ausschnitt der Aufgaben. Der Campus stellt gut 4.500 Büroarbeitsplätze zur Verfügung, so Holzer weiter: „Im ganzen Gebäude haben wir in Summe 580 Toiletten, inklusive Pissoirs. Diese Anzahl an Toiletten ist für 8.000 Personen ausgelegt, da es in der Erdgeschoßfläche zahlreiche Veranstaltungsräumlichkeiten mit einem Veranstaltungsaal für 500 Personen gibt. Dazu kommen 50 Duschen in den Untergeschossen.“ Im gesamten Campus wurden 341 Papierhandtuchspender, 359 Seifenspender, 284 Hygienebeutelspender und -boxen und 441 WC-Papierhalter installiert. In speziellen Bereichen gibt es noch 40 Desinfektionsspender (vor allem in den Küchen). Auf Duftspender habe man verzichtet, so Holzer weiter, da die WC-Belüftungen ausreichend stark dimensioniert wurden.

Welche Hygieneanforderungen müssen bei einem solchen Großprojekt erfüllt werden? Holzer: „Die Entscheidung für die jeweilige Ausstattung wurde im Rahmen einer Ausschreibung nach dem Bestbieterprinzip getroffen. Und natürlich gab es im Zuge des Ausschreibungsverfahrens Bemusterungen für sämtliche Accessoires. Bei den Papierspendern haben wir uns nicht für die Recycling-Falthandtücher entschieden, da unsere bisherige Erfahrung zeigt, dass diese seitens der Benutzer als zu wenig saugkräftig angesehen werden und daher viel mehr Papierblätter entnommen werden als eigentlich benötigt. Deswegen haben wir uns aus ökologischen Gründen wie auch aus Komfortgründen für Papierrollen entschieden. Wir erwarten uns dadurch, dass weniger Blätter verwendet werden und der Hautkontakt angenehmer ist. Hinzu kommt, dass diese Abfälle als Altpapier Verwendung finden werden.“

kosteneffizienz

Auch bei der Servicierungs-Organisation wurde an Kosteneffizienz gedacht. Die Büro- und Sanitärräume werden unter der Woche täglich gereinigt bzw. mehrmals  pro Tag kontrolliert und bei Bedarf nachgereinigt. „Die Reinigungstätigkeiten werden unverändert durch unser eigenes Personal, das in einer Tochterfirma angestellt ist, durchgeführt. Daran hat sich mit dem Umzug nichts geändert. Darüber hinaus gibt es Reinigungsleistungen, die durch die Firma ISS erbracht werden.“ Die Reinigung erfolgt nicht nur zu Randzeiten, erläutert die FM-Leiterin, sondern wurde bewusst bis 10 Uhr ausgeweitet, „um auch beim Reinigungspersonal eine familienfreundliche Arbeitszeit zu ermöglichen“. Zusätzlich sind 11 Tageskräfte, die bestimmten Bereichen zugeordnet sind, im Einsatz. Der anfallende Müll wird von männlichem Reinigungspersonal eingesammelt: „Das entlastet die Reinigungsdamen deutlich.“

Am Erste Campus gibt es ein spezielles Reinigungssystem, erzählt Holzer weiter: „Wir haben keine Wasserkübel mit Reinigungstüchern, sondern ein spezielles Vortränksystem, bei dem die Reinigungstücher in einer Waschmaschine gleich mit dem Reinigungsmittel versehen und dann in Boxen verteilt werden. Diese Tücher werden einfach nach Gebrauch ausgetauscht. Das System ist besonders umweltschonend, da es wassersparender und auch zeiteffizienter ist und somit das Auswringen in den Wasserkübeln wegfällt.“ Gereinigt werden die Tücher in zwei hauseigenen Industriewaschmaschinen mit jeweils 10 kg und 8 kg Fassungsvermögen. Wurde auch an hochmoderne, digitale Waschräume gedacht, wo z.B. ein Seifen- oder Papierspender automatisch meldet, wenn Nachfüllbedarf besteht? Holzer: „Nein, dafür haben wir uns nicht entschieden. Wir sind überzeugt, dass es ausreichend ist, wenn bei der Tagesreinigung auch die Nachfüllung erfolgt. Das hat auch ein wenig mit Vertrauen, das wir unseren Reinigungskräften entgegenbringen, zu tun.“

Nachhaltigkeit ein zentrales Thema

Der Erste Campus ist das erste Großprojekt, das im „Quartier Belvedere“ fertig gestellt wurde. Das Viertel wurde als urbaner Mix aus Firmenniederlassungen, Wohnhäusern, Grünflächen, Kultureinrichtungen, Museen, Geschäften und Restaurants geplant.

Beim Bau des Erste Campus stand das ökonomische Ziel im Vordergrund, die Erste Group von mehr als zwanzig über ganz Wien verteilten Niederlassungen auf einen einzigen Standort zusammenzuführen. Durch den Erste Campus sollen Synergien besser genutzt und den Mitarbeitern ein Arbeitsplatz auf aktuellem technischen Stand geboten werden. Mit dem Campus wird es auch zu einer Reduktion der Betriebskosten um rund 20 % kommen.

Nachhaltigkeit ist beim Bau des Erste Campus ein zentrales Thema gewesen. Bereits bei den Bauarbeiten setzte man auf 100% grünen Strom und strebte den Erhalt des Zertifikats der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) an. Im Dezember 2012 wurde das Zertifikat „PLATIN“ verliehen. Beim Bau wurde darauf geachtet, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Werte für Staub- und Lärmbelästigung nicht überschritten wurden. Das Gebäude ist zudem barrierefrei und wird durchgängig behindertengerecht eingerichtet.

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